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  • 30.11.2015 10:25

  • von Dieter Rencken, Dominik Sharaf & Roman Wittemeier

Williams: Wenn Stillstand als Rückschritt empfunden wird

Williams hat WM-Rang drei in der Formel-1-Saison 2015 sicher verteidigen können: Fahrer fordern Verbesserungen für 2016, Team nimmt sich Beispiel an Force India

(Motorsport-Total.com) - In der hart umkämpften Formel 1 gilt der bekannte Grundsatz: "Stillstand ist Rückschritt". Legt man diesen Maßstab für die Saison 2015 von Williams an, so müssten die Briten als eine der großen Enttäuschungen des Jahres gelten. Die Führungsriege aus Grove ist nicht unzufrieden. Immerhin standen Valtteri Bottas und Felipe Massa jeweils zweimal auf dem Podest, WM-Rang drei sichert dem Privatteam auch für das kommende Jahr wichtige Einnahmen aus dem Vermarktungstopf von Bernie Ecclestone.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Williams konnte in der Formel-1-Saison 2015 seltener glänzen als im Jahr zuvor Zoom

Nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi herrscht dennoch Ernüchterung. Der Lauf auf dem Yas Marina Circuit, den die beiden Williams-Piloten im Jahr 2014 auf den Rängen zwei und drei hatten abschließen können, machte die mangelnden Fortschritte der Mannschaft deutlich sichtbar: Massa (8.) und Bottas (13.) hatten am Sonntag rein gar nichts mit dem Kampf um die Podestplätze zu tun. "In diesem Jahr haben sich die anderen mehr verbessert als wir, ganz besonders Ferrari", sagt Massa.

"Die haben viel mehr neue Teile gebracht und vom ersten bis zum letzten Rennen einfach mehr entwickelt. Sogar Red Bull hat mehr Schritte gemacht als wir", bilanziert der Brasilianer. "Wir waren ganz sicher nicht mehr so nahe an Mercedes dran wie im vergangenen Jahr. Und wenn man eine Sekunde weg ist, kann man machen, was man will - es hilft nichts. Die gesamte Saison war einfach ganz anders." Mercedes hatte in den letzten Rennen des Jahres einen neueren Antrieb verwendet als Williams.

Abu Dhabi 2015 als Signal für Negativtrend?

"Ich hoffe nicht, dass Abu Dhabi einen Trend wiedergegeben hat", sagt Chefingenieur Rob Smedley. "Wir konnten die Reifen nicht so gut nutzen und waren deshalb neben Toro Rosso das Team, das sich im Vergleich zu 2014 nicht entsprechend steigern konnte. Alle anderen haben zugelegt, am meisten Force India - was sehr interessant ist. Auch Ferrari ist einer der großen Sieger. Wir sind im Vergleich quasi stehen geblieben. Das hat unter dem Strich gekostet."

Smedley rechnet vor: Force India war in Abu Dhabi 2015 um eine volle Sekunde schneller als im Vorjahr, Ferrari konnte um 0,9 Sekunden zulegen und Mercedes um 0,2 Sekunden. "Das muss man immer etwas im Gesamtkontext sehen. Es spielt dabei zum Beispiel auch eine Rolle, wer seine Antriebe noch voll ausreizen konnte oder wollte", so der Brite. So kurios es auch klingen mag, Smedley meint: "Wir müssen uns anschauen, was Force India gemacht hat, und daraus müssen wir lernen."

Rob Smedley

Geht von deutlichen Fortschritten 2016 aus: Chefingenieur Rob Smedley Zoom

"In den letzten drei Saisonrennen waren wir nicht gut genug. Aber man darf nicht vergessen, dass wir die Entwicklung am diesjährigen Auto frühzeitig eingestellt haben", sagt der leitende Techniker. "Es war irgendwann klar, dass wir Rang drei sicher haben und nach vorne nichts mehr ausrichten werden. Das ist schon eine ganze Weile her. Im vergangenen Jahr haben wir bis zum letzten Rennen entwickelt, in diesem Jahr nicht - das ist der große Unterschied."

2016er-Modell verspricht jetzt schon deutlichen Schritt

"Das 2016er-Modell, das jetzt im Windkanal steht, unterscheidet sich erheblich vom diesjährigen Fahrzeug. Wir sind zufrieden, erreichen unsere selbst gesteckten Ziele bislang sehr genau", stellt Smedley große Fortschritte zur kommenden Saison in Aussicht. "Fortschritte werden wir machen - ganz sicher. Man muss alles im Blick haben. Wenn etwas an der Balance nicht stimmt, dann ist es nie ein Problem an der Front oder am Heck allein. Es geht um Aerodynamik, um Mechanik, um Setups und viele weitere Dinge. Wenn man Probleme an nur einem Details festmacht und daran dann arbeitet, dann ist man schnell auf dem Holzweg."

Die Piloten haben zwar auch den Blick auf das Gesamtpaket, aber sie haben dennoch eine konkrete Schwachstelle ausgemacht: die Aerodynamik. "An der Aerodynamik müssen wir für das kommende Jahr dringend arbeiten. Wir wissen, wo unsere Schwächen in diesem Jahr waren - und wir arbeiten daran. Wir haben gewisse Ideen, aber diese Ideen haben andere bestimmt auch. Wir müssen es einfach abwarten", meint Felipe Massa.

"Ich stimme da vollkommen zu", sagt Bottas. "Wir müssen in diesem Bereich nachlegen. Wir sind diesbezüglich auf unserem Weg. Ich kann keine Zahlen nennen, aber es sind definitiv Fortschritte absehbar. Wir müssen bei der Aerodynamik etwas tun, dürfen aber keinesfalls vergessen, die anderen Bereiche auch zu betrachten." Massa stimmt zu: "Wir müssen alles zusammenbringen, um es im nächsten Jahr besser zu machen."


Fotostrecke: Promiauflauf bei Amber Lounge Abu Dhabi

"Wir müssen uns in jedem Bereich verbessern. Boxenstopps zum Beispiel oder die Strategie. Das sind Dinge, die nicht gut funktioniert haben", kritisiert der erfahrene Brasilianer. "Es wird nicht einfach, Mercedes und Ferrari einzuholen. Wir müssen bedenken, dass sie ein viel höheres Budget haben als wir. Das macht am Ende auch einen Unterschied. Deswegen müssen wir sehr, sehr effizient arbeiten, wenn wir im nächsten Jahr vor ihnen sein wollen."