• 23.09.2015 14:42

  • von Ryk Fechner

Hat Mercedes die Reifendaten in Singapur falsch interpretiert?

Bei Mercedes vermutet man, in Singapur wichtige Parameter im Umgang mit den Pirellis bei der Setup-Arbeit übersehen zu haben - War der starke Motor hinderlich?

(Motorsport-Total.com) - Die Position, in der sich Mercedes beim Formel-1-Grand-Prix von Singapur 2015 befand, erinnerte eher an 2013 als an 2014 oder 2015. Nicht einmal das Podium war in Reichweite, obwohl das Team in der jüngeren Vergangenheit nahezu ein Abo auf die ersten beiden Positionen hatte. Es brauchte schon heftigere Zwischenfälle Probleme, damit Ferrari, Williams oder Red Bull nur den Hauch einer Chance hatten, Lewis Hamilton und Nico Rosberg ernsthaft zu gefährden. Doch plötzlich machten die Pirellis der Mannschaft aus Brackley Probleme wie schon seit Jahren nicht mehr.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nach den Reifen qualmten bei Mercedes in Singapur anschließend die Köpfe Zoom

"Bei einem so großen Rückstand gibt es nur eine Erklärung. Du bringst die Reifen nicht zum Arbeiten", wird Strategiechef James Vowles von 'Auto, Motor und Sport' zitiert: "Vettels Tempo war für uns aber unerreichbar. Mit mehr Benzin im Tank fiel der Rückstand etwas erträglicher aus." Teamchef Toto Wolff bewertet die Situation ähnlich: "Wenn die Matrix der Parameter für die Reifenbehandlung nur in einem Punkt nicht stimmt, bezahlst du massiv dafür."

Nach eigener Einschätzung passierte dies in Singapur nicht das erste Mal. Gut möglich, dass andere Teams sich traditionell besser auf den Stadtkurs einschießen: "Singapur ist speziell. Da hatten wir schon im Vorjahr unsere schwächste Vorstellung." Doch es kann auch daran liegen, dass die Konkurrenz in Singapur ohnehin die letzte Chance sahen, den Silbernen in der Löwenstadt ein Schnippchen zu schlagen. Red Bull plante gar die Motorenstrafen so ein, dass man dort absahnen könnte, da der Hochgeschwindigkeitscharakter Monzas ohnehin schlechte Punkteaussichten bedeutete.

Reidendrücke und -Stürze keine Erklärung

Dafür, dass man sich bei im Bullen-Lager speziell auf Singapur vorbereitete, kann auch Max Verstappen gelten. Bei seiner Aufholjagd mit der Runde Rückstand zu Beginn des Rennens, war der Toro-Rosso-Pilot sogar kurzzeitig der schnellste Mann des Rennens. Zudem ist es gut möglich, dass Mercedes zur Abwechslung beim Temperaturfenster der äußerst empfindlichen Pirellis diesmal daneben griff.

"Der Mercedes-Motor entfaltet sein Drehmoment ziemlich brutal. Das ist nicht hilfreich, wenn du mit den Reifen daneben liegst. ." Force-India-Teamchef Andy Green

"Wie viel im Reifen liegt, zeigt der Unterschied zwischen Fahrern des gleichen Teams. Er war bei uns genauso groß wie bei Ferrari. Grosjean hat auf Maldonado neun Zehntelsekunden gewonnen, weil bei ihm die Reifen im richtigen Fenster waren. Und Kimi ist nicht acht Zehntelsekunden langsamer als Vettel", bestätigt Lotus-Einsatzleiter Alan Permane diese These.


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Dass die schleppende Performance unter den neuen, restriktiveren Reifendruck und -sturzbestimmungen der FIA zustande kam, die als Folge der Plattfüße von Spa erlassen wurden, davon will man bei Mercedes nichts wissen, wie Wolff verrät: "Es hat nichts mit den Drücken und Radstürzen zu tun, eher damit, wie wir unser Auto auf die Strecke stellen. Der spezielle Kurs von Singapur hat die negativen Effekte vielleicht verstärkt."

Ist der Mercedes-Antrieb auf Stadtkursen hinderlich?

"Wir haben in Spa hinten freiwillig Sturz rausgenommen und waren trotzdem überlegen", stützt Technikchef Paddy Lowe diese Sichtweise. Zudem hieß es aus Mercedes-Kreisen, dass man alle Parameter analysiert habe. Man vermutet, dass man entweder fehlerhafte Daten bekam oder diese bei der Setup-Arbeit falsch interpretiert habe.

Force-India-Teamchef Andy Green vermutet zudem, dass Mercedes-Teams generell Probleme damit hatten, das Drehmoment des Antriebs auf dem Stadtkurs auf die Straße zu bringen und hat dafür eine Erklärung: "Der Mercedes-Motor entfaltet sein Drehmoment ziemlich brutal. Das ist nicht hilfreich, wenn du mit den Reifen daneben liegst. Die Hinterreifen werden auf der Oberfläche zu heiß und bleiben innen kalt."


Großer Preis von Singapur

"Du rutschst in den Kurven herum, statt Grip aufzubauen und kannst so nie Wärme in die Struktur bekommen", so Green, dessen Schützling Sergio Perez sich in den letzten Runden in Singapur massiv gegen die Angriffe der Renault-betriebenen Toro Rosso von Verstappen und Carlos Sainz zur Wehr setzen musste.