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#RacingForJules: So emotional verlief der Ungarn-Grand-Prix

Nach der bewegenden Schweigeminute für Jules Bianchi vor dem Rennen in Budapest nahmen seine Kollegen sein Gedenken mit und widmeten ihm ihre Erfolge

(Motorsport-Total.com) - Bevor sie sie aufsetzten, um beim Grand Prix von Ungarn wieder um Punkte zu kämpfen und die Fans zu unterhalten, legten die 20 aktuellen Formel-1-Piloten ihre Helme symbolisch auf den Boden und stellten sich im Kreis darum auf. Mitten unter den Helmen befand sich auch der von Jules Bianchi, jenem beliebten Kollegen, der vor gut einer Woche den langen Kampf um sein Leben verloren hatte. Mitten unter den Kollegen reihte sich die Familie Bianchis ein, die noch einmal die Veranstaltung besuchte, für die der nur 25 Jahre alt gewordene Franzose gelebt hatte.

Titel-Bild zur News: Jules Bianchi

Alle 20 Kollegen nahmen großen Anteil an dem tragischen Schicksal von Jules Bianchi Zoom

"Nach der Schweigeminute ins Cockpit zu steigen war schwierig", gibt McLaren-Pilot Fernando Alonso nach dem Rennen in Budapest zu. "Wir sind sehr privilegiert diesen Sport ausüben zu dürfen - wir alle lieben das Rennfahren und den Kampf. Und Jules hätte gewollt, dass wir heute eine gute Show abliefern. Das ist das Beste, was wir hätten tun können."

Nach dem tragischen Unfall in Suzuka im vergangenen Jahr haben auch seine Kollegen monatelange darum gebetet, dass Bianchi seinen schweren Kopfverletzungen nicht erliegen würde. Am Samstagmorgen vor einer Woche kam dann die traurige Nachricht. Am Dienstag folgte die Beisetzung.

Motivation und Inspiration

"Ich denke, dass es für jeden sehr schwierig war, vor allem für die, die ihm nahe standen", so Williams-Pilot Felipe Massa über das Rennfahren unter den traurigen Bedingungen. "Ich habe an ihn gedacht und wollte mein Bestes für ihn geben. Das habe ich leider nicht hinbekommen." Der Brasilianer erlebte kein gutes Rennen und wurde nur Zwölfter.

Aber auch wer Erfolg hatte, wollte diesen nach dem Überqueren der Ziellinie nicht für sich allein genießen. "Dieses Podium geht erst einmal an Jules Bianchi und seine Familie", sagt etwa Red-Bull-Pilot Daniil Kwjat über seinen zweiten Platz. "Wir haben einen großartigen Jungen und einen großartigen Fahrer verloren. Alle meine Gedanken sind im Moment bei ihm."

Sichtlich emotional sah auch Teamkollege und Budapest-Dritter Daniel Ricciardo auf dem Podium aus. "Ich habe heute mein Herzblut in die Angelegenheit gesteckt", findet er bewegende Worte. "Ich denke, dass Jules es so wollte. Ich bin ihm dieses Rennen schuldig und ich bin sehr dankbar, auf dem Podium zu sein. Es fühlt sich wie ein Sieg an. Es war eine lange Saison für mich und ich spüre, dass ich heute etwas an Stärken gewonnen habe. Das habe ich ihm zu verdanken. Ich habe Jules dabei beobachtet, wie er groß geworden ist und gesehen, wie er es umgesetzt hat. Ich bin heute inspiriert davon gefahren."

Daniel Ricciardo

Der Gruß an den Kollegen: Daniel Ricciardo fühlte sich in Budapest bestärkt Zoom

"Es muss irgendwie weitergehen"

Besonders rührend feierte auch Ferrari den zweiten Saisonsieg im Gedenken an ihren ehemaligen Nachwuchsfahrer. Für Sebastian Vettel war es eine Selbstverständlichkeiten, seine Worte noch über Funk an den Fahrer zu richten, der vermutlich sein Teamkollege bei der Scuderia hätte werden sollen. "Es war richtig von ihm, das zu tun", lobt ihn dafür Teamchef Maurizio Arrivabene.

"Dieser Sieg ist für Jules", betont Vettel auch noch einmal hinterher. "Es war eine wirklich schwere Woche und ich denke, für uns alle ist es im Moment sehr schwierig. Alle Fans und Mitarbeiter bei Ferrari wissen, dass er eigentlich bald ein Teil des Teams hätte sein sollen. Es ist ein sehr großer Verlust. Deswegen ist es das Mindeste, wenn der heutige Tag und das Rennen ihm gewidmet wird."

Der viermalige Weltmeister hatte das Rennen nach großartigem Start im Griff gehabt, gibt aber auch zu: "Auch wenn man ziemlich viel zu tun hat da draußen, geht es einem doch nicht ganz aus dem Kopf. Die Szene vor dem Start, als wir im Kreis standen und uns alle noch einmal zusammengetan haben, war unglaublich schwer. Trotzdem müssen wir irgendwie weitermachen."

Freude ist erlaubt

So sahen es viele und nahmen dem Ferrari-Piloten auch nicht übel, dass er sich trotz allem über seinen Erfolg freute und auf dem Podium auch der Champagner versprüht wurde - eine Aktion, von der erwartet wurde, dass darauf aus Respekt verzichtet würde.

"In jedem Team steckt sehr viel harte Arbeit", verteidigt aber sogar Graeme Lowdon, der Sportdirektor von Bianchis letztem Team Manor-Marussia. "Jules wurde von Ferrari enorm unterstützt und wir haben uns wie jeder andere auch gefreut, als er für sie testen durfte. Es war für uns alle ein emotionaler Tag. Aber Ferrari gewinnen zu sehnen war für so viele wichtig, die auch Jules in seiner Karriere unterstütz haben."

Sebastian Vettel

Für Ferrari hatte das Rennen nicht nur wegen des Sieges emotionalen Wert Zoom

"Es war ein wirklich schwieriges Wochenende und es ist einfach, sich darauf zu versteifen, was man verloren hat", beschreibt Lowdon die Verarbeitung der Tragödie weiter. "Wir haben deswegen versucht, uns an die fantastischen Momente zu erinnern, die wir mit Jules hatten. Es war immer eine Freude, mit ihm Rennen zu fahren. Er hatte dieses Glitzern in den Augen und man wusste, er würde alles geben, wenn er ins Auto steigt. Ich denke, die Sommerpause kommt nun zur rechten Zeit und gibt jedem die Gelegenheit, zusammen mit den Familien zu reflektieren und sich an die guten Zeiten zu erinnern."