Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Nach dem Grand Prix von Malaysia: Wie Sebastian Vettel Salz in die offenen Wunden seines Ex-Mentors Helmut Marko reibt, dessen Red-Bull-Team auseinanderfällt

Titel-Bild zur News: Helmut Marko

Die fetten Jahre sind vorbei: Helmut Markos Red-Bull-Team fällt langsam auseinander Zoom

Liebe Leser,

Verlierer gab's ein paar am gestrigen Formel-1-Rennsonntag in Malaysia. Nico Rosberg zum Beispiel, der für meine Begriffe schon nach Melbourne "am schlechtesten geschlafen" hat, sah vom Mercedes seines Teamkollegen Lewis Hamilton wieder nur den Auspuff. Hamilton verlor seinerseits mit dem schnellsten Auto einen nach dem Qualifying sicher geglaubten Sieg, weil sich sein Kommandostand während der Safety-Car-Phase verzockte. Marcus Ericsson lag völlig überraschend in den Top 10, als er seinen Sauber stümperhaft ins Kiesbett setzte und sich dort eingrub. Und dass wir uns für unsere traditionelle Montags-Kolumne nicht für Ron Dennis, Fernando Alonso und McLaren-Honda als "Verlierer des Wochenendes" entschieden haben, ist reines Mitleid.

Aber mit Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko muss man kein Mitleid haben. Mit Sebastian Vettel gewann sein Team zwischen 2010 und 2013 die Formel 1 zu Tode, holte in dieser Zeit alle vier Fahrer- und alle vier Konstrukteurs-WM-Titel. Jetzt hat Red Bull das Zepter der Dominanz an Mercedes abgegeben - und es zeigt sich: Auch ein Marko ist kein "Wunderwuzzi", wie wir Österreicher gern zu sagen pflegen, sondern er kocht wie alle anderen nur mit Wasser.

Mercedes uneinholbar? Ferrari beweist das Gegenteil...

Es muss schon wehtun, wenn man monatelang meckert, dass die Formel 1 zu langweilig sei, wenn nur Mercedes gewinnt. Wenn man meckert, dass der PS-Vorsprung von Mercedes unter diesem Reglement nicht aufzuholen sei. Und dann beweist nicht Red Bull, sondern Ferrari, dass es doch möglich ist. Mit einem zugegeben dank Safety-Car nicht ganz unglücklichen, aber verdienten Sieg auf der durchaus repräsentativen und anspruchsvollen Strecke in Sepang.

Ausgerechnet Sebastian Vettel! Das Wunderkind, mit dem Red Bull groß geworden ist und alles gewonnen, ohne den Red Bull in der Formel 1 - nüchtern betrachtet - noch nichts erreicht hat. Dieser Vettel gewinnt jetzt für Ferrari, erfüllt sich damit seinen Kindheitstraum und vermittelt mit seinen emotionalen Worten das Gefühl, dass ihm ein Sieg in Rot mehr bedeutet als vier WM-Titel in der rollenden Energydrink-Dose. Das kann selbst an einem harten Knochen wie Marko nicht spurlos vorbeigehen.

Vettel hat Marko bei Red Bull gerettet

Marko wäre bei Red Bull wohl schon längst Geschichte, wenn nicht seine Entdeckung Vettel das erste Produkt des Juniorteams gewesen wäre, das voll eingeschlagen hat. Von Markos Juniorteam. Die fast liebevollen Jubelszenen auf dem Podium, 2010 in Abu Dhabi, haben sich eingeprägt. Jetzt sind sie Vergangenheit. Und fast so, als wolle Vettel seiner alten Liebe Red Bull demonstrativ unter die Nase reiben, wie viel schöner seine neue Freundin Ferrari und wie glücklich er jetzt ist, hat er die beiden Red Bulls in Sepang auch noch überrundet. Ein Nadelstich, der gesessen hat.

Christian Nimmervoll

Für Chefredakteur Christian Nimmervoll ist Red Bull der Verlierer des Wochenendes Zoom

Das Red-Bull-Dreamteam fällt auseinander. Vettel gewinnt jetzt für Ferrari, Stardesigner Adrian Newey baut gedanklich schon Segeljachten für den America's Cup, der geniale Aerodynamiker Peter Prodromou versucht, McLaren-Honda flott zu machen. Vettels Weltmeister-Chefmechaniker Kenny Handkammer wurde gefeuert, viele andere schlaue Köpfe haben Angebote von Konkurrenzteams angenommen. Markos mühsam aufgebautes Erfolgsprojekt fällt auseinander.

Red Bull: Formel-1-Promotion statt zwei Teams?

So sehr, dass "Oberbulle" Dietrich Mateschitz keine Lust mehr hat auf die Formel 1. Zumindest nicht als Betreiber von zwei sündteuren Teams. Also liebäugelt er mit dem Masterplan, Toro Rosso an Renault und Red Bull an Audi zu verkaufen. Immer noch (wenn es ihm gelingt, Ferdinand Piëch davon zu überzeugen, dass das eine gute Idee wäre). Marko wäre dann vielleicht arbeitslos.

Red Bull kann sich vielmehr vorstellen, als Promoter die Kontrolle über die Formel 1 zu übernehmen und ihr wieder neues Leben einzuhauchen. Das halte ich für eine gute Idee, denn genau das kann Red Bull am besten. Rennautos bauen sollte man besser Ferrari und Mercedes überlassen. Allein schon der Tradition wegen...


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Malaysia, Sonntag


Ihr

Christian Nimmervoll

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