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  • 28.03.2015 18:00

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Regenpause ärgert Villeneuve: "Unfälle? Darum geht es doch!"

Der Kanadier hätte es den Piloten überlassen, das Risiko in Q3 abzuwägen: "Bin immer mit Aquaplaning gefahren" - Reifen für nasse Bedingungen zu weich?

(Motorsport-Total.com) - Selbst für Fans, die sich mit Regenschirm und Friesennerz bewaffnen, ist ein Wolkenbruch ein großes Ärgernis: Zankapfel ist die Politik der Rennleitung, die seit einigen Jahren bei stärkerem Niederschlag entweder die Ampel auf Rot schaltet oder Safety-Car auf die Strecke beordert. Für Jacques Villeneuve gab es im Qualifying zum Malaysia-Grand-Prix am Samstag die nächste Fehlentscheidung, als der dritte Abschnitt 20 Minuten verspätet gestartet wurde: "Sie haben zu lange gewartet. Das tun sie doch immer!", ärgert er sich im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Schlechte Sicht, aber ausreichend Platz: Viele Experten hätten Grün gegeben Zoom

Der Ex-Weltmeister ist überzeugt, dass eine Freigabe der Session früher hätte erfolgen müssen und wundert sich, warum überhaupt Regenreifen nach Sepang verschifft worden sind: "Wenn die Fahrer auf Intermediates auf die Strecke gehen und sofort konkurrenzfähig sind, kann nicht so viel Wasser stehen", moniert er. Villeneuve merkt an, dass der Kurs viel Platz böte und sich die Gefahr in engen Grenzen bewegen würde: "Es gibt nicht vieles, was man rammen könnte."

Dass Intermediates so schnell nutzbar waren, führt Williams-Chefingenieur Rob Smedley auf das subtropische Klima und die Eigenschaften des Aspahlts in Sepang zurück: "Es ist ganz normal, dass die Strecke rasch abtrocknet, weil die Streckentemperatur vorher so hoch war." Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo beziffert die Zeitspanne, in der der Kurs überhaupt wieder befahrbar war und der Regenreifen obsolet wurde, auf fünf Minuten. Von Pirelli heißt es sogar, dass ohne weiteren Niederschlag noch während Q3 Slicks die richtige Wahl gewesen wären.

Schaffen härtere Regenreifen Abhilfe?

Für Villeneuve ist das alles kein Grund, die Ampel überhaupt auf Rot zu schalten. "Warum?", wundert er sich und hätte gerne den Risikofreudigsten belohnt gesehen. Er hätte es den Piloten überlassen, ob sie im strömenden Regen auf die Piste gehen und um die Pole-Position kämpfen oder nicht: "Man hätte auch die Zeiten der zweiten Session nutzen können. Wenn jemand rausgehen will, lassen wir ihn doch. Ich bin immer gefahren, als es Aquaplaning gab."

Hauptproblem moderner Formel-1-Boliden ist, dass sie auf der Geraden aufschwimmen, wenn der Fahrer nicht ausreichend vom Gas geht: "Ich habe deshalb Unfälle gehabt, aber darum geht es doch im Motorsport", zeigt sich Villeneuve unbeeindruckt und erkennt in solchen Bedingungen auch den Reiz des Jobs: "Man sieht das stehende Wasser und der Herzschlag geht hoch. Ich mochte immer, wenn es riskant wurde." Seine Nachfolger in der Startaufstellung sehen das offenbar anders.

Villeneuve übt nicht nur Kritik an der Rennleitung, sondern auch an Pirelli. Seiner Meinung nach sind die Mischungen für nasse Bedingungen zu weich, verdrängen deshalb zu wenig Wasser und begünstigen Aquaplaning. Er hat jedoch Verständnis für die Politik der Italiener, die Pneus so leistungsorientiert wie möglich zu gestalten, wenn bei stärkerem Regen ohnehin stets abgebrochen wird. "Wären sie härter, dann wären sie auch langsamer", merkt Villeneuve an und verweist darauf, dass insbesondere die Intermediates sofort nach dem Herausfahren aus der Box Grip aufbauen.


Fotos: Großer Preis von Malaysia, Samstag


Paul Hembery wehrt sich: "Wir mussten die Leistung der Intermediates im Nassen verbessern", sagt der Pirelli-Sportchef 'Motorsport-Total.com'. Schließlich regte sich in der Vergangenheit Kritik an der Performance des multifunktionalen Gummis. Hembery betont, den gesamten Grand-Prix-Kalender im Blick gehabt zu haben: "Hier haben uns außergewöhnliche Umstände erwartet, denn wenn es in Europa regnet, sind es 15 Grad Celsius." Trotzdem: Auch der Reifenspezialist hätte sich mehr Risikofreude der Rennleitung gewünscht: "Die Probleme mit der Sicht sind nicht so gravierend. Es ist im Qualifying möglich, den Konkurrenten aus dem Weg zu gehen."