McLaren-Honda: Lösung für Malaysia nicht gesichert

Die hohen Temperaturen in Melbourne bringen den Honda-Antrieb ins Schwitzen, und kurzfristige Lösungen sind trotz "Rettungsplan" nicht in Sicht

(Motorsport-Total.com) - Dass McLaren-Honda mit einem Rückstand in die Formel-1-Saison 2015 starten wurde, war nach dem Verlauf der Wintertests wohl den meisten Beobachtern klar. Dennoch war das Abschneiden des Teams im Qualifying zum Grand Prix von Australien in Melbourne am Samstag eine große Enttäuschung. Jenson Button und Kevin Magnussen landeten in der letzten Startreihe und verpassten den Einzug in Q2 um gut zwei Sekunden - in der Formel 1 eine Welt.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Wochenend' und Sonnenschein, und schon geht der Honda-Antrieb ein Zoom

Auch wenn nach den zahlreichen Problemen bei den Wintertests allen Teamverantwortlichen klar war, dass McLaren hinterherhinkt, hatte Honda-Motorenchef Yasuhisa Arai eine solch schwache Vorstellung nicht erwartet. "In Barcelona hatte ich für Australien mit einer deutlich besseren Pace gerechnet", sagt der Japaner. Doch McLaren-Honda wurde heute in Australien von den Temperaturen von bis zu 24 Grad kalt erwischt. So warm war es bei den Tests in Jerez und Barcelona nicht einmal annähernd.

"Wir haben noch keine Erfahrungen bei hohen Temperaturen", muss Arai eingestehen. Das hing auch mit der mangelnden Zuverlässigkeit bei den Tests zusammen. "Bei den Wintertests sind ständig neue Probleme aufgetreten, weshalb wir den Antrieb nicht unter hohen Temperaturen testen konnten." Daher ging Honda auf Nummer sicher und drosselte die Leistung des Antriebs drastisch zurück. "Wir wollten beim ersten Rennen nicht gleich den ersten Motor verlieren, daher haben wir eine sehr konservative Einstellung gewählt. Das betrifft nicht nur den Verbrennungsmotor, sondern auch die MGU-K."

McLaren auf der Geraden das langsamte Auto

Die Folge: Button und Magnussen waren auf den Gerade klar die langsamsten. Auf die Spitze fehlte den beiden McLaren im Qualifying bis zu 20 km/h. Das verheißt mit Blick auf das nächste Rennen in Sepang, wo es noch deutlich heißer sein wird, wenig Gutes. "Wir haben haben die Probleme identifiziert. Wir können aber nicht alles bis Malaysia beheben", sagt Arai. In Malaysia droht also das nächste McLaren-Debakel.

Und auch danach ist eine deutliche Steigerung noch nicht unmittelbar in Sicht. "Wir arbeiten an einem 'Rettungsplan', setzen uns aber keine konkrete Zeitspanne. Wir wollen so schnell wie möglich aufholen", sagt Rennleiter Eric Boullier. "Zum Start der Europasaison werden wir besser aussehen", verspricht der Franzose, um aber im gleichen Atemzug einzuschränken: "Ich sage aber nicht, dass alle Probleme behoben sein werden."

Doch warum hat Honda solch große Probleme, während Mercedes im vergangenen Jahr auf Anhieb einen starken und zuverlässigen Antrieb präsentierte? "Ein Vergleich wäre für beide Hersteller unfair", wiegelt Button bei dieser Frage ab. "Mercedes hat wesentlich länger am Motor gearbeitet." Damit liegt Button richtig, denn während Mercedes drei Jahre vor der Einführung der neuen Antriebe mit der Entwicklung begann, fiel die Entscheidung für das Honda-Comeback erst im Mai 2013, also weniger als zwei Jahre vor dem Start in die aktuelle Saison.


Großer Preis von Australien

Und Button sieht noch einen weiteren Grund für den Rückstand von Honda. "Sie (Mercedes; Anm. d. Red.) hatten bei den Tests auch vier Teams, mit denen sie die Motoren entwickeln konnten, während wir nur ein Auto haben."

MP4-30 hat noch viel Potenzial

Im britisch-japanischen Lager ist jedoch nicht alles schlecht. Das Rennwochenende in Melbourne sei laut Boullier bisher im Vergleich zu den Wintertests schon ein Fortschritt. "Wir haben an diesem Wochenende deutlich weniger Probleme als bei den Tests." Doch der an den zwölf Testtagen verpassten Streckenzeit läuft McLaren nun unter dem engen Zeitplan den Rennwochenenden hinterher. Denn so lange die Zuverlässigkeit nicht stimmt und der Honda-Antrieb nicht seine volle Leistung bringt, geht auch die Entwicklung des MP4-30 nicht voran.

"Es ist eine Art Teufelskreis", sagt Boullier. "Wenn wir schneller fahren, können wir das Auto weiterentwickeln. Fahren wir nicht schnell genug, bringen wie die Reifen nicht zum arbeiten und verlieren Performance. Je schneller wir fahren, umso mehr können wir das Potenzial des Autos entfalten", erläutert der Franzose. "Wann wir aber einigermaßen ordentliche Resultate einfahren werden, kann ich noch nicht sagen."

Kevin Magnussen

McLaren hat die Aerodynamik des MP4-30 noch nicht komplett durchschaut Zoom

Der Weg bis dahin ist auf jeden Fall noch weit und führt nicht nur über den Antrieb. Denn ein Rückstand von rund vier Sekunden ist nicht nur durch fehlend PS zu erklären. "Ich glaube nicht, dass wir ein Siegerauto haben und es nur am Motor liegt", gibt Boullier zu. Auch der unter Federführung des ehemaligen Red-Bull-Manns Peter Prodromou entwickelte MP4-30 hat noch einiges Potenzial, welches noch nicht ausgeschöpft wurde. "Das Auto hat ein neues Konzept. Selbst wenn die Basis gut ist, müssen wir dieses Konzept erst weiterentwickeln", sagt Boullier.

"Anhand der Simulationen wissen wir, dass das Auto im Vergleich zum letztjährigen jetzt schon gut ist. Wir wissen auch, dass wir die Aerodynamik und Mechanik dieses Autos in den nächsten Monaten massiv weiterentwickeln können", so der Franzose, der daher weiterhin an seinem Ziel festhält. Und das lautet, am Saisonende um die Spitze zu fahren. Auch Honda-Mann Arai glaubt: "Wir können als Team McLaren-Honda den höchsten Berg erklimmen, müssen uns aber mehr anstrengen."