• 26.02.2015 16:39

  • von Dominik Sharaf

FIA bekämpft Techniktricks: Kameras verleihen Autos Flügel

Zankapfel vordere Onboard-Kameras: Mercedes hat auf ein FIA-Schreiben reagiert, Ferrari nicht - Hörnchen und Flügelchen als Halterungen sind rechtliche Grauzone

(Motorsport-Total.com) - Vor einigen Jahren gehörten exotische Flügelkonstruktionen in der Formel 1 zum guten Ton, auch wenn sie optisch eher zum Wegschauen als zum Hingucken anregten. Erinnert sei an die "Palme", die das Auto des Honda-Werksteams in der Saison 2008 schmückte, oder an die im Sichtfeld des Piloten nach oben gerichteten "Stoßzähne" am BMW-Sauber des Jahrgangs 2006. Die Regelhüter bereiteten dem Geflügelwahnsinn ein Ende, doch die Teams tricksen aerodynamisch im Bereich der Vorderachse weiter.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Mercedes' neue Kameravariante: Sind diese "Flügel" wirklich legal? Zoom

Als neues Schlupfloch ausgemacht wurden 2015 die Onboard-Kameras, die rechts und links an der Nase montiert werden müssen. Zum Beispiel bei Mercedes: Beim ersten Barcelona-Test waren die Silberpfeile noch mit wulstigen Halterungen unterwegs, auf denen die Kameras wie "Hörnchen" oberhalb der Nase saßen. Inzwischen wurde umgebaut und am W06 sind grazile Verbindungen zu erkennen, die an Flügelchen erinnern. Das ist im Sinne des Technischen Formel-1-Reglements.

Es schreibt nämlich vor, dass sich die Kameras 150 Millimeter entfernt von der Mittellinie des Boliden befinden müssen. Außerdem soll die Befestigung im Bereich liegen, der sich zwischen 150 und 450 Millimetern vor der Vorderachse und zwischen 325 und 525 Millimetern über der Bodenplatte erstreckt. Diesem Anspruch wird Mercedes gerecht, hat aber aerodynamischen Nutzen.

Obwohl die FIA nach Informationen von 'auto motor und sport' auch bei Ferrari Beanstandungen haben soll, fährt die Scuderia seit Jerez mit einer identischen Konstruktion. Es handelt sich um eine Lösung, die dem ersten Mercedes-Entwurf ähnelt, allerdings weiter nach außen absteht. Die Streben hin zum Gehäuse sind gebogen und nicht - wie eigentlich gewünscht - waagrecht zum Boden.

Nico Rosberg

So sah der W06 bis zur Vorwoche aus: Der FIA schmeckte dieses Geweih nicht Zoom

Toro Rosso hat eine ähnliche Konstruktion bereits korrigiert und ist seit Beginn der Testfahrten in Barcelona mit einer Variante unterwegs, die der von Williams ähnelt. Die Briten setzen auf gerade Hörnchen tief und relativ weit unten an der Nasenseite, was legal ist.

Auch Lotus, Sauber, McLaren und Red Bull bleiben in diesem Punkt unauffällig - obwohl die Österreicher noch 2014 zu den Grenzgängern in dieser Frage gehörten, teilweise mit den jetzt von der Konkurrenz adaptierten "Hörnern" (damals reglementkonform) unterwegs waren und die Kamera sogar komplett in die Nase integrierten. Wie sich Force India mit dem neuen VJM08 verhält, bleibt abzuwarten.

Sebastian Vettel

Ferraris Lösung sieht aus wie der erste Mercedes-Entwurf, blieb aber am Auto Zoom

In Sachen Kameras setzt das Technische Formel-1-Reglement übrigens weitere Grenzen, bestimmt aber nicht in allen Punkten wirklich exakte Definitionen: Die Kameras werden als Teil des so genannten "Bodywork" mit Maßen und Gewicht definiert, die Geräte und ihre Gehäuse müssen gemäß des Artikels 3.7.8 von der FIA abgenommen werden.

Mindestens fünf Installationsmöglichkeiten pro Auto sind Pflicht. Obligatorisch ist jeweils eine Kamera auf und an der Seite der Airbox sowie an beiden Seiten der Nase. Dazu müssen an den Außenspiegeln und direkt vor dem Cockpit über dem Lenkrad weitere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wovon mindestens eine an einem Rennwochenende auch genutzt wird.

Williams FW37

Bei Williams gibt es für die FIA wie bei anderen Teams nichts zu beanstanden Zoom

Wer wo welche Kamera erhält, wird von Rennwochenende zu Rennwochenende im Dialog mit dem Rechteverwerter entschieden. Der Inhaber der Kommerziellen Rechte an der Formel 1, der nach außen hin von Bernie Ecclestone vertreten wird, vermarktet die Bewegtbilder.