• 08.12.2014 16:51

  • von Friese, Rencken & Sharaf

Social Media: Fahrer und Teams auf der digitalen Erfolgsspur

Während sich Bernie Ecclestone den sozialen Medien gegenüber verschließt, setzten Teams und Fahrer längst erfolgreich auf die neue Faneinbindung

(Motorsport-Total.com) - Die Saison 2014 ist abgeschlossen und neben dem sportlichen Wettkampf, dem heißen Duell um die WM-Krone und viel Spannung auf der Strecke hat sie uns vor allem eins gebracht: jede Menge Diskussionen. Einer der Streitpunkte war die abnehmende Attraktivität der einstigen Königsklasse des Motorsports. Doch den zurückgehenden TV-Quoten, zunehmend leeren Rängen an den Strecken und der großer Kritik stehen immer mehr Likes, Retweets und Follower gegenüber. Liegt die Zukunft der Formel 1 also doch in den sozialen Medien? Eine Frage, die sich nicht nur Bernie Ecclestone stellen muss...

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Aus der Box direkt zu den Fans: Soziale Medien bieten neue Möglichkeiten Zoom

Ein Foto vom Weltmeister am Finaltag wird 22.000 mal retweetet, ein Kurzvideo von einer Mercedes-Veranstaltung auf Facebook von 16.000 Usern geliked und fast dreitausendmal geteilt und Fernando Alonso zählt mittlerweile schon über zwei Millionen Follower unter seinen Fans. Der moderne Zuschauer begnügt sich nicht mehr mit dem sonntäglichem Einschalten seines Fernsehers oder dem jährlichen Besuch eines oder mehrerer Grands Prix. Mithilfe seiner Social-Media-Endgeräte kann er seinen Helden heutzutage noch näher sein und damit vermutlich auch enger an den Sport gebunden werden.

"Es gibt da natürlich mehrere Optionen", erklärt Alonso (ca. 1,52 Millionen Facebook-Fans und 2,2 Twitter-Follower). "Ich habe mich gleich zu Beginn für Twitter entschieden, denn das war der einfachste Weg, um mit den Fans zu kommunizieren. Man kann mit Instagram, Twitter und Facebook kommunizieren. Es macht Spaß und es ist gut, sein eher unbekanntes Leben mit unseren Fans zu teilen."

Interaktion mit den Fans: Piloten finden's sinnvoll

Alonso-Anhänger bekommen für ein "Gefällt mir" Trainings-Bilder, Urlaubsfotos und philosophisch angehauchte Lebensweisheiten aus der Welt eines Rennfahrers. Damit verfolgt der Spanier eine von drei Social-Media-Strategien, die sich unter seinen Kollegen in den letzten Jahren etabliert haben. Während manche einen rein privaten Account pflegen, den sie auch komplett allein bestücken, lassen andere Piloten (Beispiel Sergio Perez) ihre digitalen Aktivitäten von ihrem Management betreuen, wieder andere (Beispiel Nico Hülkenberg) halten das teils-teils.

"Das Team hat das empfohlen", erklärt Williams-Pilot Valtteri Bottas seine Anmeldung im Internet-Netzwerk. "Ich war erst ein wenig skeptisch, aber nachdem ich jetzt angefangen habe ist es eigentlich ganz cool. Man ist mit den Leuten, die einen unterstützen verbunden. Man bekommt auch mal etwas Negatives, aber insgesamt ist es sehr positiv. Es ist nett, ein paar Bilder aus seinem Leben zu teilen. Es ist auch keine harte Arbeit. Irgendwann updatet man ganz automatisch mit Dingen, von denen man glaubt, dass sie die Follower interessieren könnten."

Für den Finnen, der in seiner zweiten Saison in diesem Jahr auch auf der Strecke für Aufmerksamkeit gesorgt hat, interessieren sich mittlerweile etwa 77.000 Facebook-Fans und über 150.000 Twitter-Freunde. Damit liegt er aber noch weit hinter den 2,97 Millionen Facebook- und 2,53 Millionen Twitter-Anhängern von Weltmeister Lewis Hamilton. Der Brite ist momentan Social-Media-Spitzreiter unter den aktuellen Fahrern.

Vettel und Räikkönen bilden die Ausnahme

Unter den 24 Piloten, die 2014 an den Start gegangen sind, gibt es jedoch auch zwei einsame Ausnahmen, die dem digitalen Trend so gar nichts abgewinnen können. Kimi Räikkönen und sein neuer Ferrari-Teamkollege Sebastian Vettel sind bekennende Social-Media-Verweigerer. Beide tun alles, um ihr Privatleben so gut es eben geht zu schützen, teilen ihre Gedanken lieber durch ihre Pressesprecher gefiltert mit und gehen in Sachen Fanpflege bevorzugt den traditionellen Weg.

"Ich glaube, es ist wichtig, etwas zurückzugeben", so Vettel, der immerhin noch Autogrammwünsche ernst nimmt. "Letztendlich sind die Fans das, was den Sport am Leben hält. Wenn es sie nicht geben würde, würden wir alle hier nicht stehen. Deshalb ist es das Minimum, was man machen kann, um ein etwas zurückzugeben. Vielmehr will man auf der Rennstrecke versuchen, sein Bestes zu geben. Ich glaube, das ist, was die Leute auch sehen wollen. Ich weiß nicht, ob jemand im Feld eine so schöne Unterschrift hat, dass man die unbedingt haben will, weil sie so schön anzuschauen ist. Ich glaube es ist mehr die Unterschrift, die für den Fahrer auf der Strecke steht."

Auf Social-Media-Neuigkeiten der Ferrari-Piloten können die Fans also nur über den Team-Account der Scuderia hoffen. Denn neben den Fahrer-Accounts erfreuen sich auch die Teamseiten immer größerer Beliebtheit. Dabei setzten Mercedes, Red Bull, McLaren und Co. auf Information, Unterhaltung und auch Interaktion. Die Follower sind dabei nicht nur die ersten, die beispielsweise von Fahrerverpflichtungen erfahren, die bekommen auch exklusive Einblicke hinter die Kulissen der Rennställe und können mit den Verantwortlichen direkt in Verbindung treten. Wer seine Fragen in 140 Zeichen verfassen kann, bekommt bei Twitter auch häufig eine Antwort.

Im Team-Meeting dank Twitter und Co.

Eine eigene Unterhaltung mit den Teams anfangen zu können ist dabei genauso beliebt, wie mitzuverfolgen, wie sich die Mannschaften auch untereinander dem einen oder anderen unterhaltsamen Social-Media-Austausch hingeben. Das höchste der Gefühle ist für den Fan jedoch, wenn er von seinem Lieblingsteam "zurück gefolgt" wird. "Wir wollen näher zu den Fans rücken", erklärt Claire Williams, die stellvertretende Teamchefin des Williams-Teams. "Da müssen wir nicht alles monetisieren, was wir tun."

Die sozialen Medien befriedigen aber nicht nur den Fan und ermöglichen den Teams auf einfachste Weise, dessen Interessen einzuschätzen. Es bietet den Verantwortlichen auch eine neue Plattform für Aufmerksamkeit, was, richtig genutzt, in dem Zuge auch Sponsoren befriedigen, halten und anlocken kann.

Mit mittlerweile über acht Millionen Facebook-Fans und über 950.000 Twitter-Followern hat Mercedes in diesem Jahr nicht nur auf der Strecke den größten Schritt gemacht. Auch Red Bull (ca. vier Millionen Facebook-Fans, über 630.00 Twitter Follower), Ferrari (ca. drei Millionen Facebook-Fans, über 940.000 Twitter Follower) und andere Teams agieren so schon erfolgreich.

Warum sich Social-Media-Einsatz lohnt

Neben den eigenen Bemühungen profitieren sie auch von dem Selbstläufer, der den sozialen Medien beiwohnt. Laut einer Marketingforschung der Firme 'Repucom' war Mercedes in der abgelaufenen Saison auch das Team, das auf Twitter am häufigsten erwähnt wurde. In 30 Prozent der Tweets, in denen es um die Formel-1-Teams ging, waren die Silberpfeile demnach Thema. Mit 19 Prozent folgt Ferrari, zwölf Prozent sind es bei McLaren und zehn bei Lotus. Über Red Bull wurde nur in acht Prozent der Fälle getwittert.

Mit jedem Foto von Pilot, Auto und Team, das dabei geteilt wurde, breiteten sich auch die Sponsoren-Logos über die sozialen Medien aus. Ein einfaches Marketing-Modell, das von Formel-1-Boss Ecclestone aber noch immer stoisch ignoriert wird. Zwar bemühte sich der offizielle Twitter-Account '@formula1.com' (mittlerweile ca. 1,09 Millionen Follower) in diesem Jahr schon mit deutliche mehr Aktivitäten, Live-Informationen und Bildern, die digitale Fanwelt zu befriedigen; über eine ausgedehntere Social-Media-Strategie lohne es sich laut des 84-Jährigen aber noch nicht nachzudenken.

"Beim derzeitigen Geschäftsmodell der Formel 1 ist es schwierig für ihn, diesen Weg zu monetisieren", versucht Claire Williams zu erklären. "Alles basiert auf den TV-Rechten, und damit hat er fantastische Arbeit geleistet, die den Sport zu dem gemacht hat, was er heute ist. Die Verträge mit den TV-Sendern und Veranstaltern auf der ganzen Welt sind das Geschäftsmodell, das Mister E. erschaffen hat, und damit war er unglaublich erfolgreich. Soziale Medien stellen eine Veränderung dar, aber ich sehe das Bemühen bei allen Teams, diese Herausforderung gemeinsam zu meistern und in die Zukunft zu schauen."

Laut 'Repucom' spielen sich 20 Prozent der Twitter-Aktivitäten zum Thema Formel 1 in Großbritannien ab. Dort sollen Mercedes und McLaren schon ein ähnliches Social-Media-Ansehen genießen, wie so mancher Premier-League-Klub. Im britischen Fußball hat man die sozialen Netzwerke schon lange für sich entdeckt. Im Vergleich: Nur acht Prozent der Formel-1-Tweets kommen aus Spanien, Deutschland hat mit 1, 33 Prozent einen sehr geringen Anteil.