Trotz Gegenwind: Horner bläst zum Angriff auf Mercedes

Red-Bull-Teamchef Christian Horner will die Silberpfeile im nächsten Jahr unter Druck setzen, doch das könnte leichter gesagt als getan sein

(Motorsport-Total.com) - Der Absturz des Red-Bull-Teams in der Formel-1-Saison 2014 hatte fast schon historische Dimensionen. Das Weltmeisterteam der vergangenen vier Jahre, das mit Sebastian Vettel in teils spielerischer Leichtigkeit von Sieg zu Sieg und zu immer neuen Rekorden gefahren war, wurde in der abgelaufenen Saison teilweise zu Statisten degradiert. Das belegt auch der Blick auf die nackten Zahlen.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Sebastian Vettel

Der Angriff von Red Bull auf Mercedes könnte zum Hase-Igel-Spiel werden Zoom

Nach 13 Siegen im Vorjahr konnte das Team oder vielmehr Daniel Ricciardo nur drei Rennen gewinnen, während Vettel zum ersten Mal in seiner Karriere eine volle Formel-1-Saison ohne einen Sieg beendet - und sich anschließend vom Team verabschiedete. Auch der Vergleich der Punkteausbeute spricht mit 405 (2014) zur 596 (2013) eine klare Sprache, wobei in diesem Jahr aufgrund der doppelten Punkte beim Saisonfinale rein rechnerisch sogar ein Rennen mehr in die Bilanz einfließt.

Die Flügel-Affäre von Abu Dhabi, die nach dem Qualifying zur Disqualifikation von Vettel und Daniel Ricciardo führt, war gewissermaßen das Tüpfelchen auf dem i einer verkorksten Saison. Dieser Absturz kratzte gewaltig am Ego des erfolgsverwöhnten Teams, dessen Vertreter sich nach außen oftmals weniger locker präsentierten als noch in den vergangenen Jahren. Verbissen setzen Christian Horner und seine Leute alles daran, die Schmach der Saison 2014 im nächsten Jahr wiedergutzumachen.

Wir der Abstand größer statt kleiner?

"Hinter den Kulissen wird bereits viel für das nächste Jahr gearbeitet, und der Rückstand wird deutlich schrumpfen", kündigt Horner an. "Man konnte im letzten Sektor sehen, dass wir ein recht ordentliches Chassis haben." Der RB10 war in diesem Jahr sicherlich nicht der Quell' des Red-Bull-Übels, der lag vielmehr im Heck beim Renault-Antrieb, der zunächst extrem unzuverlässig war und sich zudem als leistungsschwächer als das Mercedes-Aggregat entpuppte, das 2014 nicht nur beim Werksteam den Unterschied ausmachte.

"Wir arbeiten jetzt eng mit den Jungs in Viry zusammen. Renault gibt alles für das nächste Jahr, und natürlich hoffen wir, den Rückstand auf Mercedes so weit zu reduzieren, dass wir sie ein wenig unter Druck setzen können", sagt Horner. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Antriebs in der Winterpause sind begrenzt, und ein "Auftauen" des Einfrierens der Antriebsentwicklung scheitert bisher am Widerstand von Mercedes.


Fotostrecke: GP Abu Dhabi, Highlights 2014

Hinzu kommt: Nicht nur Renault, sondern auch Mercedes kann in der Winterpause am Antrieb arbeiten, und offenbar haben die Ingenieure aus Brixworth noch einiges in petto. "Wenn man den Zahlen glaubt, die herumschwirren, könnte der Abstand eher wachsen als schrumpfen, was ziemlich deprimierend wäre", malt Horner ein düsteres Bild von der Zukunft. Zudem bleibt Renault im Grunde keine Zeit, auf mögliche Fortschritte von Mercedes zu reagieren. "Wenn die Antriebsentwicklung Ende Februar eingefroren wird, könnte es sehr schwierig werden", gibt Horner zu.

Personalveränderungen keine Ausrede

Dennoch sagt der Teamchef: "Wir werden das nächste Jahr nicht abschreiben. Es gibt aber sicherlich diesen Rückstand, und nach allem was wir hören, wird Mercedes im nächsten Jahr Leistung zulegen, sodass es eine große Herausforderung sein wird, diesen Rückstand zu verringern."

Der Antrieb ist bei Red Bull jedoch nicht die einzige Baustelle. Bei der Entwicklung des Chassis wird der Einfluss von Adrian Newey immer geringer werden, nachdem sich der Vater der Weltmeister-Autos Schritt für Schritt aus dem Formel-1-Geschäft zurückziehen und andere Projekte übernehmen wird. Das könne das Team aber kompensieren, meint Horner. "Adrian hat diesen Schritt schon im Laufe des Sommers gemacht, aber wie man sieht ist das Team immer noch recht konkurrenzfähig."

Zudem werde der RB11 der Saison 2015 noch viele Newey-Gene in sich tragen. "Es ist gut zu wissen, dass Adrian noch stark an der Entwicklung des nächstjährigen Autos beteiligt ist." Ein Umbruch steht dem Team aber auch bei den Fahrern bevor. Vettel hat sich nach sechs Jahren vom Team verabschiedet und sucht bei Ferrari eine neue Herausforderung.

Seinen Platz nimmt der junge Daniil Kwjat ein. Daniel Ricciardo wird somit zum neuen Teamleader - eine Rolle, die man dem Australier nach der starken Leistung in der abgelaufenen Saison, in der er Vettel deutlich im Griff hatte, jedoch durchaus zutrauen kann. "Was Sebastian betrifft, so haben wir mit Daniel einen fantastischen Nachfolger und mit Daniil Kwjat ein aufregendes neues Talent", meint Horner." Es ist zwar das Ende der Ära mit Seb, aber zugleich der Beginn einer neuen, spannenden Ära für das Team."