Sutil: "Wollte die unmögliche Runde möglich machen"

Sauber-Pilot Adrian Sutil philosophiert über sein Qualifying in Sotschi, gute und schlechte Teams in der Formel 1 und vergleicht Sauber mit Force India

(Motorsport-Total.com) - 14. Rang. Der Startplatz von Adrian Sutil beim Grand Prix von Russland in Sotschi. Für den Deutschen ist es wieder einmal der Kampf gegen den eigenen Teamkollegen, der das Qualifying am Samstag spannend macht. In Kurve zehn sollte dann die Entscheidung gegen Sutil und für Esteban Gutierrez fallen: "Heute hatte man ja viele schnelle Runden, aber in der letzten, die wichtigste, hatte ich einen kleinen Fehler. In Kurve zehn hatte ich stehende Räder und dann musste ich abbrechen."

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Sauber-Pilot Adrian Sutil analysiert die Situation seines Teams realistisch Zoom

Eine Position wäre noch möglich gewesen, glaubt Sutil, also wäre es wieder "so ein Teamkollegen-Duell" geworden, weil "mehr Gegner haben wir im Moment nicht", meint er realistisch. "Ich habe alles gegeben, ich wollte die unmögliche Runde möglich machen." Unmöglich wäre auch eine Formel 1 ohne kleinere und schwächere Teams bemerkt Sutil und kommt ins philosophieren: "Wir gehören alle zur Formel 1."

Er führt fort: "Es gibt gute Teams, und es muss auch schlechtere Teams geben. Wenn es keine schlechten gibt, gibt es auch keine guten. Manchmal geht es besser, manchmal schlechter. Jeder muss seinen Job machen", weiß der Gräfelfinger. "Wir können unser eigenes Rennen auch gewinnen. Da sind wir sehr glücklich, wenn wir alles perfekt machen - die ganzen Kleinigkeiten, den Start, die ganze Prozedur. Es ist ja nicht so, dass wir da einfach im Kreis rumfahren. Wir wollen das Maximale erreichen und da sind viele Menschen involviert."

Keine Lorbeeren für harte Arbeit

Trotzdem: "Wenn wir über die Ziellinie fahren, ist das ein schönes Gefühl. Aber natürlich ist es mental richtig schwierig, wenn man den Erfolg nicht bekommt. Man macht so einen guten Job und keinen interessiert's. In dieser Welt hier ist das eine große Competition und die ganze Arbeit, die man reinsteckt, macht nur Spaß, wenn man die Lorbeeren erntet und die Energie wieder zurückbekommt", denn im Moment macht sich die Arbeit des Sauber-Teams nicht bezahlt. Keinen einzigen WM-Punkt können die Schweizer vorweisen. Das angepeilte Ziel ist es, das Marussia-Team, das durch Jules Bianchi zwei Punkte in Monaco eingefahren hat, einzuholen.

"Man macht so einen guten Job und keinen interessiert's." Adrian Sutil

Auf die Frage, ob er Motivationsprobleme hat, meint Sutil: "Nein, ich bin nicht frustriert. Die Aussichten sind das, was einem am Leben hält. Jeder hofft, dass das Auto nächstes Jahr besser ist. Dieses Jahr wird es schwierig überhaupt noch eine Leistungssteigerung zu sehen." Denn Sauber plant keine weiteren Updates bis zum Saisonfinale in Abu Dhabi. Daher: "Es wird wahrscheinlich so bleiben, wie es ist. Wir haben noch eine kleine Aufgabe zu erledigen, nämlich zwei Punkte zu holen. Das ist weiterhin das Ziel. Vielleicht schaffen wir's. Wenn nicht, ist das enttäuschend." Aber man müsse alles geben, um das nächstes Jahr mit einem besseren Auto auszugleichen.

"Die Aussichten sind das, was einem am Leben hält." Adrian Sutil über seine Motivation

Keine Option ist für Sutil eine neue Antriebseinheit einzusetzen, um Boden auf die Konkurrenz gut zu machen: "Wenn man einen neuen Motor reinnimmt, dann starten wir die nächsten drei Rennen von ganz hinten." Außerdem sei der Gewinn gering: "Das bringt dir zwei, drei Zehntel, nicht mehr. Das lohnt sich nicht."

"Wir haben noch eine kleine Aufgabe zu erledigen, nämlich zwei Punkte zu holen. Das ist das Ziel." Adrian Sutil

Der schwierige Charakter des C33

Das Grundproblem von Sauber sieht Sutil in der Charakteristik des C33. "Das ist das Problem, das wir haben. Man kann natürlich viel vergleichen, auch auf den Onboards, und da sieht man recht deutlich, dass beim Einlenken die Probleme entstehen und dann geht das die ganze Kurve durch", erklärt der 31-Jährige. "Andere Autos sind da einfach stabiler und haben ein ausgeglicheneres Fahrverhalten, somit ist das Vertrauen gleich ein bisschen höher für den Fahrer."

Vertrauen in sein Fahrzeug muss man vor allem auch bei regnerischen Bedingungen haben. Sutil meint, dass das Fahren bei Regen "ein bisschen wie Fahren auf der Rasierklinge" bedeutet. Und auch Überraschungsmomente kann es unter solchen Umständen geben: "Es kann auch gut laufen. Wir hatten schon Outings, wo es außergewöhnlich gut lief, aber dann kann das auch wieder umschwenken. In Suzuka ging der erste Satz gut, dann wieder nicht, und wir wussten nicht warum. Wir haben nichts anders gemacht, die Drücke von den Reifen waren gleich." Sobald das Auto auf der Hinterachse unruhig wird, verliert man als Fahrer das Vertrauen, schildert Sutil. "Das ist natürlich im Regen noch viel extremer als im Trockenen."

Angesprochen auf die vergangene Saison, wo Sutil bei Force India unter Vertrag stand, vergleicht der Deutsche die vergangene mit der aktuellen Saison. "Vergangenes Jahr haben wir bei Force India die letzten Updates Mitte des Jahres, sagen wir April oder Mai, gebracht. Da waren wir von Anfang an gut. Weil der Reifen den Unterschied gemacht hat. Der war sehr gut für uns, sehr schlecht für Sauber."


Fotos: Adrian Sutil, Großer Preis von Russland


Keine Vorteile bei Sauber

Dann habe sich der Reifen verändert und Sauber wurde besser. "Ich glaube nicht, dass da viel geändert wurde bei dem Fahrzeug. Auch bei Force India wurde nicht viel geändert. Hätten wir den Reifen die gesamte Saison durchgehend gehabt, wäre die Saison sehr gut gewesen von Force India." 2013 hatte er keinen hohen Reifenverschleiß, dass war eine Stärke des Force India VJM06.

Bei Sauber könne man aber auch keine nennenswerten Vorteile des Autos aufzählen: "Wir haben hier auch größere Probleme mit dem Reifenverschleiß, somit können wir nicht einen Stopp weniger machen, wir müssen teilweise einen Stopp mehr machen. Somit haben wir keine Vorteile. Bei Force India hatte man Bereiche, wo das Auto gut war, und die konnte man ausnutzen." Wie zum Beispiel die hohe Geschwindigkeit auf der Geraden. Bei Sauber tut sich Sutil schwer: "Hier haben wir keine Vorteile: kein Topspeed, viel Reifenverschleiß und ein schwieriges Auto zu fahren. Was soll ich noch sagen."

"Hier haben wir keine Vorteile: kein Topspeed, viel Reifenverschleiß und ein schwieriges Auto. Was soll ich noch sagen." Adrian Sutil

Für den Grand Prix in Russland ist Sutil dennoch zweckoptimistisch: "Wir haben das Set-Up auch für das Rennen abgestimmt. Wir sind also ein bisschen konkurrenzfähiger auf der Geraden. Und da haben wir natürlich den Gedanken die Leistung für das Rennen zu maximieren. Das Team ist nach wie vor motiviert das Beste draus zu machen und diesen Punkt zu holen." Allerdings würde man besondere Umstände benötigen: "Man hat hier und da gesehen, auch mal ein McLaren, der Probleme hatte heute, oder ein Red Bull gestern. Das kann dann schnell gehen, und schon sind es drei, vier Autos und man ist in den Punkten."

Erinnerungen an Bridgestone

Aber natürlich will man sich Plätze in erster Linie auf der Strecke erkämpfen. Überholen auf dem Sotchi Autodrom sei definitiv möglich, glaubt der Sauber-Pilot: "Mit zwei langen Geraden mit DRS sollte es möglich sein. Die Strategie ist sehr einfach, wahrscheinlich für jeden gleich. Es ist kein Reifenverschleiß zu sehen, was sehr schön ist." An diesem Punkt wird der Deutsche ein wenig nostalgisch, denn er merkt an, dass es im Qualifying fast so war, wie zu Bridgestone-Zeiten. "Endlich mal wieder wie vor vielen Jahren mit den Bridgestone-Reifen voll fahren." Man konnte länger auf der Strecke bleiben, experimentieren und man hatte immer noch einigermaßen gute Reifen, beschreibt Sutil.

"Endlich mal wieder wie vor vielen Jahren mit den Bridgestone-Reifen voll fahren." Adrian Sutil

Auf das Rennen am Sonntag freut er sich. Er glaubt, dass man aufgrund der konstant schnellen Rundenzeiten vor allem Spritsparen muss. "Vielleicht kann man das in die Strategie einbauen. Der eine spart mehr, der andere weniger."