• 20.09.2014 21:48

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Antriebsentwicklung: Wie viel Gnade ist gut für Mercedes?

Den eigenen Vorteil bewahren oder für Spannung in der Formel 1 sorgen? Wolff sitzt in der Frage nach einer Lockerung der Homologationsregeln zwischen den Stühlen

(Motorsport-Total.com) - Mit dem Vorstoß, die Homologation der Antriebe in der kommenden Saison aufzuweichen oder zumindest eine längere Entwicklungsphase zu ermöglichen, haben Renault und Ferrari nicht den Gusto des Mercedes-Lagers getroffen. Schließlich müssen das Werksteam und ihre Kunden daran interessiert sein, ihren aktuellen Vorsprung zu konservieren. Kein Wunder, dass Toto Wolff mit dem "Freeze" gut leben kann: "Man sticht in ein Wespennest, wenn man das macht", sagt der Mercedes-Motorsportchef.

Titel-Bild zur News: Toto Wolff

Um aufzuschließen, brauchen Renault und Ferrari einen netten Herrn Wolff Zoom

Das heißt nicht, dass Wolff kein Verständnis für die Situation der Konkurrenz aufbringt, die ihrem Rückstand chronisch hinterherzulaufen droht. "Natürlich ist es einfach, das als führender Hersteller zu sagen", räumt der Österreicher ein und bringt eine ganze Liste von Argumenten, die sich nicht auf die sportliche Situation beziehen. Es beginnt mit einem philosophischen: Die Formel 1 sollte aufgestellte Regeln nicht im Handumdrehen wieder umkrempeln. "Ich glaube stark daran, dass wir Stabilität brauchen", so Wolff.

Sollte sich der Vorschlag durchsetzen, ein zusätzliches Update pro Saison zu erlauben, befürchtet der Mercedes-Verantwortlich ein Kontrollproblem: "Wie kann man sicherstellen, dass alle mit derselben Spezifikation fahren?", fragt Wolff und kommt zu dem Punkt, der allen voran die kleinen Teams auf die Barrikaden treibt - ungeachtet dessen, wessen Hybridantrieb sie beziehen: die Kosten. Eine Ausdehnung der Entwicklungsphase wäre mit finanziellem Mehraufwand verbunden, den sie als Kunden tragen könnten.

Wolff erklärt: "Man gibt mehr aus, man hat ein zweites Entwicklungsteam, das an einer anderen Spezifikation arbeitet." Für das kommende Jahr wäre eine einstimmige Entscheidung der Formel-1-Kommission nötig, um eine Novelle zu beschließen. Ergo müsste Mercedes grünes Licht geben. Wolff macht aus seiner Skepsis keinen Hehl, will aber das Gesamtbild im Auge behalten, schließlich ist nur eine spannende Königsklasse ein Marketinginstrument: "Wir versuchen, dem Prozess nicht schädlich und produktiv zu sein."

Im Mercedes-Lager bezeichnet man eine komplette Freigabe der Entwicklung als "verrückt", weil sie zu einer kompletten Explosion der Kosten führen würde. Trotzdem stehen auch die Chancen für eine kleine Lösung nicht gut: "Wir haben selten einstimmige Entscheidungen erlebt. Wir dürfen nicht unsere eigene Agenda vergessen, müssen es aber auch für das Wohl der Formel 1 machen."