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Sauber(e)s Dilemma: Paydriver oder nicht?

Steht Adrian Sutil bei Sauber auf der Abschussliste? Bekommt Giedo van der Garde eine Chance? Wie steht es um Simona de Silvestro? Monisha Kaltenborn klärt auf

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2013 war für Sauber zwar nicht die erfolgreichste in der Teamgeschichte, aber dennoch eine solide. Mit 57 gesammelten WM-Punkten sorgten Nico Hülkenberg und Esteban Gutierrez dafür, dass der Schweizer Rennstall die Saison auf Gesamtrang sieben der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft abschloss - vor Toro Rosso, Williams, Caterham und Marussia.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil, Monisha Kaltenborn

Gehen Monisha Kaltenborn und Adrian Sutil bald getrennte Wege? Zoom

In der laufenden Saison 2014 kann Sauber bisher nicht an die Leistungen des Vorjahres anknüpfen. Adrian Sutil, der im Winter das Cockpit des zu Force India zurückgekehrten Hülkenberg übernommen hat, und Gutierrez stehen nach neun von 19 Saisonläufen beide noch ohne WM-Punkt da. Sauber ist neben Caterham eines von nur zwei Teams, das in diesem Jahr noch keine Top-10-Platzierung vorweisen kann. Selbst Marussia hat es auf zwei Zähler gebracht und liegt aktuell vor dem Schweizer Rennstall auf Rang neun der Konstrukteurswertung.

Angesichts der aktuellen Misere stellt sich die Frage, ob man bei Sauber mit den Leistungen der beiden Fahrer Sutil und Gutierrez zufrieden ist. "Das ist sehr schwierig zu sagen, denn wir müssen uns ja die Gesamtsituation des Teams ansehen", bemerkt Teamchefin Monisha Kaltenborn und stellt klar: "Mit der Performance des Teams bin ich nicht zufrieden."

Kaltenborn gesteht Fehler bei Herangehensweise an 2014

"Das hat unterschiedliche Ursachen", sagt die gebürtige Inderin und führt aus: "Es hängt natürlich auch mit unserer Vorbereitung und unserer Umsetzung in Anbetracht der Reglementänderungen zusammen. Da haben wir natürlich im vergangenen Jahr gewisse Kompromisse eingehen müssen. Uns war klar, dass wir Risiken auf uns nehmen, indem wir uns damals noch auf die aktuelle Saison konzentriert haben, um noch Punkte zu erhalten. Es war uns damit klar, dass uns irgend etwas für das nächste Jahr fehlt."

Doch die Philosophie des Teams, auch spät in der Saison 2013 noch nicht auf 2014 zu setzen, ist nicht der einzige Grund für die aktuelle Schwächeperiode, wie Kaltenborn betont. "Was natürlich hinzukam, ist der Antriebsstrang. Da ist es genauso offensichtlich, dass einer den anderen weit überlegen ist", spricht sie den Rückstand des eigenen Ferrari-Antriebsstrangs gegenüber dem von Mercedes an und meint: "Das kam halt dazu, aber sicherlich hat das Team nicht das beste Auto in der Geschichte des Teams gebaut."

"Uns war klar, dass wir Risiken auf uns nehmen, indem wir uns damals noch auf die aktuelle Saison konzentriert haben." Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn

"Dann, und da müssen wir uns wieder an die Nase fassen, sind es natürlich die Fehler, die wir gemacht haben", sagt Kaltenborn, wobei sie klar zu verstehen gibt, dass auf beiden Seiten Fehler gemacht wurden: "Das kann mal das Team gewesen sein, wie es zum Beispiel in Österreich (Unsafe-Release von Gutierrez beim Boxenstopp; Anm. d. Red.) der Fall war. Es können die Fahrer gewesen sein." Unter Berücksichtigung all dieser Punkte sei es nach Aussage der Teamchefin "sehr schwierig zu sagen, ob man mit den Fahrern zufrieden ist oder nicht".

Keine Zuordnung der Schuldanteile

Eine Wertung, wer die größere Schuld trägt - Team oder Fahrer - traut sich Kaltenborn jedenfalls nicht zu."Ich finde es schwierig, Prozente zuzuordnen. Wenn man sich mal Österreich ansieht, dann hat beim Boxenstopp klar das Team den Fehler gemacht. Wenn man sich Monaco ansieht, dann waren es die Fahrer", sagt die Sauber-Teamchefin und kommt zum Schluss: "Die Situationen sind meistens relativ eindeutig. Es ist halt am Ende die Summe, die es ausmacht. Da bringt es auch nichts, zu sagen, der hat jetzt mehr Fehler gemacht oder der nicht. Für mich ist die Gesamtsituation sehr unbefriedigend."

Adrian Sutil

Kaltenborn erkennt sowohl beim Team als auch bei den Fahrern Fehler Zoom

Mit Blick auf die Zukunft befindet sich Sauber in einer entscheidenden Phase. Macht man mit Sutil und Gutierrez weiter oder wird einer der beiden ersetzt? Sollte der letztgenannte Fall notwendig werden, dürfte es eher der Deutsche sein, der seinen Hut in Hinwil nehmen muss. Gutierrez sitzt dank seiner Sponsorengelder aus Mexiko vergleichsweise sicher im Boot.

Van der Garde ins Sauber-Stammcockpit, Sutil zu Caterham?

Wie geht man bei Sauber in Bezug auf einen möglichen Fahrerwechsel vor? "Das müssen wir natürlich auf der Basis machen, die wir jetzt haben - wohl wissend, dass wir natürlich zu uns als Team auch selbstkritisch sein müssen", sagt Kaltenborn und fügt an: "Wir haben für nächstes Jahr diverse Möglichkeiten und die werden wir auch entsprechend alle prüfen. Vieles hängt auch - und das kann man offen sagen - davon ab, wie wir finanziell dastehen."

So befinde sich das Schweizer Team "mit vielen Sponsoren in fortgeschrittenen Verhandlungen", aber, "dann stellt sich immer die Frage: Sieht man den Fahrer als weitere Einnahmequelle oder nicht? Wenn wir die Ziele alle erreichen, die wir uns jetzt vorgenommen haben, dann sollte eine solche Einnahmequelle nicht im Vordergrund stehen", sagt Kaltenborn.

Fakt ist: Der mit reichlich Sponsorengeld winkende Sauber-Testfahrer Giedo van der Garde kommt an diesem Wochenende in Hockenheim zu seinem fünften Freitagseinsatz und dem zweiten in Folge. Nach seinem Einsatz am Silverstone-Freitag saß der Niederländer zudem an einem der beiden dortigen Testtage im Cockpit des C33. Dabei fabrizierte er allerdings einen wilden Unfall, was seine Chancen auf eine Berufung zum Stammfahrer nicht zwingend erhöht hat. Kaltenborn gibt sich diplomatisch. Sie könne nicht viel dazu sagen, "weil das von seinen Fähigkeiten beim Einsatz abhängen würde. Ich denke, er hat in Silverstone sehr viel gewollt und das hat dann nicht funktioniert".

Giedo van der Garde

Giedo van der Garde im Sauber: Wird aus Tests und Freitagseinsätzen bald mehr? Zoom

Fakt ist auch, dass Sutils Manager Manfred Zimmermann am Hockenheim-Donnerstag im Caterham-Motorhome gesichtet wurde. Dort traf er sich mit Colin Kolles, der bei den "Grünen" vor Kurzem den Posten des Motorsportberaters eingenommen und bereits erste Veränderungen in die Wege geleitet hat. Das Erscheinen von Sutil-Manager Zimmermann im Caterham-Motorhome muss aber noch nicht allzu viel bedeuten, schließlich haben Kolles und Sutil selbst seit ihrer gemeinsamen Vergangenheit bei den Teams Midland, Spyker und Force India einen sehr guten Draht zueinander.

Auch dass Kamui Kobayashis Verbleib bei Caterham nicht gesichert ist, muss noch nicht bedeuten, dass Sutil Nachfolger des Japaners wird. Auf der Liste von Kolles' persönlichen Kandidaten steht nämlich auch Carlos Sainz jun. Der 19-jährige Sohn des zweimaligen Rallye-Weltmeisters Carlos Sainz ist Mitglied des Nachwuchsprogramms von Red Bull und peilt für die Saison 2015 ein Stammcockpit bei Toro Rosso an. Bei Caterham könnte er aber erste Rennerfahrungen sammeln, genauso so, wie es Daniel Ricciardo einst bei HRT ermöglicht wurde. Teamchef war damals Kolles...

Adrian Sutil, Colin Kolles bei Force India 2008

Adrian Sutil und Colin Kolles (Foto: 2008) kommen seit jeher bestens miteinander aus Zoom

2015 als Chance für Simona de Silvestro?

Was Sauber betrifft, so bleibt abzuwarten, ob Testfahrer van der Garde die Chance bekommt, in diesem oder im nächsten Jahr Rennen zu fahren. Neben dem Niederländer bemüht sich auch Simona de Silvestro um ein Stammcockpit. Im Falle der Schweizerin geht es um die Saison 2015. "Wir wissen ja, dass es Simonas Ziel ist, nächstes Jahr als Einsatzfahrerin in der Formel 1 zu sein. Auf diesem Weg unterstützen wir sie", merkt Kaltenborn mit Blick auf das Modell des "Affiliated Driver" an, welches de Silvestro gerade durchläuft. So spricht die Sauber-Teamchefin von verschiedenen Meilensteinen, die die ehemalige IndyCar-Pilotin erreichen müsse. Einer dieser Meilensteine ist das Erlangen der Formel-1-Superlizenz.

"Was Simona betrifft, kann ich sagen, dass ihre Vorbereitungen gut laufen. Sie saß in Fiorano zum ersten Mal im Auto und schlug sich gut. Inzwischen fuhr sie auch in Valencia und zeigte eine sehr solide Leistung. Sie fuhr 1.200 Kilometer, also eine ganze Menge. Das zeigt, dass sie körperlich bereit ist. Sie hatte keine größeren Ausrutscher oder dergleichen. Die Zutaten sind bei ihr ganz sicher vorhanden. Aus diesem Grund haben wir für sie nach einer Superlizenz angefragt. Im Moment ist diese Lizenz natürlich noch vorläufig. Der nächste Schritt ist nun, dass wir eine Möglichkeit finden müssen, sie das diesjährige Auto testen zu lassen. Danach sollte sie endgültig vorbereitet sein und dann werden wir weitersehen", so Kaltenborn.

Simona de Silvestro

Bei ihren Tests in Fiorano und Valencia machte de Silvestro eine gute Figur Zoom

Grundsätzlich ist es nach Aussage der Sauber-Teamchefin wichtig, weibliche Fahrer im Kader zu haben. "Simona ermutigt junge Mädchen, diesen Karriereweg einzuschlagen. In vielen Ländern ist es doch so, dass es zwar im Kartsport zahlreiche Mädchen gibt. Doch sobald es in die höheren Nachwuchsklassen geht, ist Endstation. An diesem Punkt müssen wir ansetzen", sagt die 43-jährige Nachfolgerin von Teamchef Peter Sauber und stellt damit klar, dass auch de Silvestro im Kampf um ein Sauber-Stammcockpit nicht aus dem Rennen ist.