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  • 03.06.2014 16:29

Lotus-Technikchef Chester: "Montreal wird für uns knifflig"

Lotus-Technikchef Nick Chester im Interview: Welches Problem der E22 hat, wie sich das in Montreal auswirken könnte und wie die Fahrer mit den Rückschlägen umgehen

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich sah es in Spanien so aus, als hätte Lotus die Kurve gekratzt und als würde nun der Großangriff der Briten in der Konstrukteurs-WM bevorstehen. In Monaco sind aber Probleme beim E22 aufgetaucht, die sich in Spanien nur im langsamen letzten Sektor gezeigt haben. Wie sich diese Schwierigkeiten in Kanada auswirken könnten, was er sich für den Grand Prix von Kanada erhofft und wie die Fahrer mit dem ständigen Auf und Ab umgehen, erklärt Lotus-Technikchef Nick Chester im Interview.

Titel-Bild zur News: Nick Chester

Lotus-Technikchef Nick Chester kann mit dem Saisonauftakt nicht zufrieden sein Zoom

Frage: "Nick, sollte Kanada dem E22 liegen?"
Nick Chester: "Es wird wahrscheinlich ein bisschen knifflig. Einerseits werden wir die Mischungen Soft und Supersoft haben, was uns besser liegen sollte. Andererseits gibt es in Kanada lange Geraden, was unserer Meinung nach nicht so großartig für uns sein sollte. Außerdem gibt es heftige Bremspunkte, und bei einigen Rennen in diesem Jahr hatten wir den Eindruck, dass unsere Bremsen nicht so gut funktionieren wie sie das tun könnten. Es hält sich also die Wage zwischen einem Vorteil mit den weichen Reifen und einem Nachteil wegen der Bremsen. Wir werden alles dafür tun, damit wir uns in diesen Bereichen verbessern, bevor es losgeht."

Frage: "Erzähle uns mehr über die Angelegenheit mit den Bremsen."
Chester: "Da es lange Geraden gibt, die von massiven Bremspunkten gefolgt werden, die dann in langsame Kurven münden, ist es in Kanada kritisch, die richtige Brems-Performance hinzukriegen. Durch die Energierückgewinnungs-Systeme gibt es aber dieses Jahr viele Abstimmungsmöglichkeiten, um die Performance zu verbessern. Das sehen wir uns an, und am Freitag werden wir ein paar Dinge ausprobieren, um uns beim Bremsen zu verbessern."

Frage: "Warum lief es für den E22 in Monaco nicht so gut?"
Chester: "Ehrlich gesagt haben wir damit gerechnet, in Monaco ziemlich schnell zu sein. Das Problem war aber, dass wir in den langsamen Kurven nicht schnell genug waren. Wir glauben, dass wir beim mechanischen Grip im Nachteil waren, was eine Folge unserer Aufhängung sein könnte - wozu auch das Fahren über jegliche Form von Bodenwellen zählt -, oder dass es darauf zurückzuführen sein könnte, dass wir die Reifen nicht in das richtige Temperaturfenster bekommen. Ein Teil unserer Reaktion war, dass wir vor Kanada auf unseren Aufhängungsvorrichtungen gearbeitet haben, um herauszufinden, ob unser Eindruck stimmt."

"Wir glauben, dass wir beim mechanischen Grip im Nachteil waren, was eine Folge unserer Aufhängung sein könnte." Nick Chester

Frage: "Welche Rolle spielt die Aerodynamik in langsamen Kurven?"
Chester: "In langsamen Kurven ist es trotzdem wichtig, Abtrieb zu erzeugen. Obwohl man es nicht so sehr spürt wie in den mittelschnellen und schnellen Kurven, spielt es trotzdem eine Rolle. In Hinblick auf den Abtrieb sind die Bedingungen für das Auto in den langsamen Kurven ganz anders als in den mittelschnellen und schnellen Kurven. Der Bodenabstand ist anders, auch die Lenkung und der Gierwinkel."

"Es könnte also passieren, dass man etwas Abtrieb in einer langsamen Kurve verliert, das Auto aber in den mittelschnellen und schnellen Kurven mit weniger Lenkung, einem kleineren Gierwinkel und einem anderen Bodenabstand besser liegt. Es gibt ein paar Bereiche, wo man in den langsamen Bereichen verlieren kann, und ihr könnt sicher sein, dass wir uns alle ansehen werden."

Frage: "Hatte das Wetter in Monaco irgendwelche Auswirkungen?"
Chester: "Am Renntag war es etwas kühler, aber im Qualifying war die Streckentemperatur ganz gut, aber wir waren nicht schnell genug. Daher denke ich nicht, dass sich das Wetter viel mit unseren Problemen zu tun hat. "

Romain Grosjean

In Monaco hätte sich das Lotus-Team deutlich mehr erwartet als Platz acht Zoom

Frage: "Was ist bei Pastors Auto passiert?"
Chester: "Die Benzinpumpe hat den Dienst versagt. Sie hat eigentlich auf dem Weg zur Startaufstellung funktioniert, aber als wir das Auto wieder starten wollten, hat sie aufgehört zu funktionieren. Wir untersuchen die Sache immer noch, um absolut sicherzugehen, aber wir glauben zu wissen, was das Problem ist. Es hat nichts mit der Antriebseinheit zu tun."

Frage: "Welche neuen Teilen werden in Montreal eingesetzt?"
Chester: "Es gibt ein neues Paket für mittleren Abtrieb, und wir haben auch ein paar neue mechanische Teile. Eines davon wird hoffentlich das Grip-Problem beim Chassis lösen. Es gibt auch ein kleines Update des Kühlungspakets, das uns etwas mehr Abtrieb verleihen sollte."

Frage: "Wie sieht es mit dem Antriebsstrang aus?"
Chester: "Wir werden weiterhin mit dem aktuellsten Sprit von Total fahren, was wir schon in Monaco gemacht haben. Viele Verbesserungen des Antriebsstrangs werden also darauf konzentriert sein, das Mapping zu verbessern, damit wir das Maximum aus dieser Sprit-Spezifikation herausholen können. Das Mapping hat diese Saison deutliche Fortschritte gebracht."

Frage: "Wie gehst du in Hinblick auf die technischen Rückschläge mit den Fahrern um?"
Chester: "Ehrlich gesagt sind beide unsere Fahrer erfahren genug, damit sich die technischen Rückschläge nicht auf ihre Leistungen auswirken. Sowohl Romain als auch Pastor waren extrem professionell, was wir auch erwartet haben. Sie sehen, dass das Team und alle Zulieferer in die gleiche Richtung arbeiten."

"Ehrlich gesagt sind beide unsere Fahrer erfahren genug, damit sich die technischen Rückschläge nicht auf ihre Leistungen auswirken." Nick Chester

"Pastor hatte in dieser Saison zwei Rennen, wo er nicht einmal gestartet ist, was zu den härtesten Prüfungen zählt, die es für einen Rennfahrer gibt. Seine Lösungsorientiertheit und seine Kämpfernatur waren bemerkenswert. Romain hat ebenfalls einen unglaublichen Teamgeist und Tapferkeit bewiesen. Seine Performance in all den Rennen war fantastisch, besonders in Hinblick auf die mangelnden Kilometer in den ersten Rennen."

Frage: "Kanada ist historisch gesehen ein unberechenbares Rennen. Werden sich Romain und Pastor in einer guten Position befinden, um daraus einen Nutzen zu ziehen, wenn das dieses Jahr wieder der Fall sein sollte?"
Chester: "Das ist der Plan, ja. In Montreal gibt es immer viele Unbekannte wie den Regen, die Zuverlässigkeit und Zwischenfälle. Romain und Pastor sind genau jene Art Fahrer, die man sich wünscht, wenn es darum geht, solche Gelegenheiten zu nutzen. Dennoch hoffe ich, dass wir auch ohne diese Unbekannten in der Lage sein werden, eine gute Punkteplatzierung einzufahren."