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  • 10.06.2014 12:25

  • von Edd Straw (Haymarket)

Kubica: "Ich würde alles für die Formel 1 geben"

Im Interview spricht Robert Kubica über sein neues Leben, warum er die Formel 1 vermisst, eine mögliche Rückkehr und warum er lieber Rallye als DTM fährt

(Motorsport-Total.com) - Vor drei Jahren war Robert Kubica kurz davor, in den Formel-1-Olymp aufzusteigen. Doch dann nahm sein Leben bei einem Rallye-Unfall eine dramatische Wendung. Hier spricht der Pole über die Formel 1, seine Genesung und den Rallyesport.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Robert Kubica ist nun schon über drei Jahre aus der Formel 1 raus Zoom

Als ich Robert Kubica das letzte Mal interviewt hatte - es war der 31. Januar 2011 -, da war alles anders. Es war der Tag vor dem ersten Test mit dem neuen Renault R31 in Valencia, und Kubica sprach über seine Hoffnungen, das Team könnte auf der sieglosen, aber vielversprechenden Saison 2010 aufbauen und ihm die Möglichkeit geben, um den Titel zu kämpfen, wozu er zweifellos das Talent hatte.

Sechs Tage später wurde Kubica Opfer eines Horror-Unfalls bei der Ronde-di-Andora-Rallye, der tödlich hätte ausgehen können. Der 29-Jährige weilt zwar nach wie vor unter uns und bestreitet auf höchstem Niveau die Rallye-WM, die damaligen Ereignisse haben aber sein Leben für immer verändert.

In der Januar-Ausgabe der Zeitschrift 'Autosport' wurde Kubica zum drittbesten Fahrer aller Zeiten gewählt, der nie die Weltmeisterschaft gewonnen hat. Viele Leser haben in Frage gestellt, warum er so weit vorne gereiht wurde, aber wer das Vergnügen hatte, Kubica in der Formel 1 in Aktion zu sehen, der weiß, dass seine Abwesenheit in den vergangenen dreieinhalb Saisons die Fans um einige spektakuläre Auftritte gebracht hat.

Kubica selbst ist absolut bewusst, was ihm entgangen ist. Es wäre aber ein Fehler, seinen Unfall nur mit den Konsequenzen für seine Karriere in Verbindung zu bringen. Nach zahlreichen chirurgischen Eingriffen und einer schmerzhaften Rehabilitation verdient er riesige Anerkennung dafür, ein konkurrenzfähiges Comeback im Rallyesport geschafft zu haben.

Dennoch schwingt etwas Wehmut beim Treffen in der Toskana am Tag nach dem Grand Prix von Monaco mit: Kubica hat in seinen Formel-1-Jahren so viel Klasse gezeigt, und durch die Verletzungen seines rechten Arms kann er nur bedingt das machen, was er eigentlich am besten kann. Glücklicherweise hat er sich aber seinen schier unendlichen Enthusiasmus und seine Leidenschaft für den Motorsport bewahrt.

Der letzte Eindruck bleibt

Frage: "Robert, blickst du jetzt zurück auf die Formel 1 als etwas Vergangenes, anstatt immer noch die Chance auf ein Comeback zu sehen?
Kubica: "Die Formel 1 war - und ist immer noch - ein großer Teil meines Lebens. Der größte Teil meines Lebens. Ich befinde mich in keiner einfachen Zeit, denn viele Leute glauben, dass ich nur noch auf die Formel 1 zurückblicke. Ich kenne meine Grenzen und weiß, dass es derzeit unmöglich für mich ist, auf mein damaliges Niveau zurückzukehren."

"Ich könnte aber ein Formel-1-Auto fahren. Wenn du zu mir sagen würdest: 'Robert, in fünf Monaten steht für dich ein Test in Barcelona auf dem Programm', dann würde ich mich darauf vorbereiten, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich keine großen Probleme haben würde. Es gibt aber andere Strecken, wo ich große Probleme hätte. Die Realität sieht so aus, dass ich derzeit auf einem Kurs wie in Monaco nicht konkurrenzfähig wäre. Die Formel 1 hat einen großen Einfluss auf mein Leben, und leider hat die Geschichte früher geendet als ich es erwartet habe."

"Ich weiß, dass es derzeit unmöglich für mich ist, auf mein damaliges Niveau zurückzukehren." Robert Kubica

"2010 war für mich aus Fahrersicht ein sehr gutes Jahr, obwohl es in Hinblick auf die Ergebnisse nicht großartig war. Aber dann habe ich in der Formel 1 nach dem Jahr aufgehört, in dem ich die beste Performance meines Lebens gezeigt habe. Jeder beurteilt dich immer nach deinem letzten Rennen, aber wenn man die Saison beurteilt, dann muss man das in einem größeren Rahmen sehen. Wenn du weißt, dass du ein gutes Jahr hattest, dann macht dich das zufrieden."

"Ich erinnere mich, dass ich mich in Spa sehr geärgert habe, weil ich eine Position in der Boxengasse verloren habe. Es hat zu regnen begonnen, und wir kamen auf Slicks herein und mussten auf Intermediates wechseln. Wenn man Reifen mit einem anderen Radius aufziehen lässt, dann muss man die Einstellungen des Geschwindigkeitsbegrenzers in der Boxengasse ändern. Das ist ganz schön kompliziert, und ich habe auf das Lenkrad geschaut - ich hatte das ja noch nie gemacht -, habe gebremst, aber die Boxengasse war feucht, und ich habe zwei oder Mechaniker getroffen und einen Platz an Mark Webber verloren. Ich wurde immer noch Dritter, aber das war der einzige wirkliche Fehler, den ich im gesamten Jahr gemacht habe."

"Die Realität sieht so aus, dass ich derzeit auf einem Kurs wie in Monaco nicht konkurrenzfähig wäre." Robert Kubica

"Okay, in Bahrain ist mir keine Megarunde im Qualifying gelungen. Ich habe einen Fehler gemacht, der mir zwei oder drei Zehntel gekostet hat, aber abgesehen davon sind mir auch ein paar wirklich gute Qualifying-Leistungen gelungen. Im Großen und Ganzen bin ich mehr oder weniger dort ins Ziel gekommen, wo ich hingehört habe - oder davor. Daher war 2010 für mich ein großartiges Jahr. Der Beginn des Jahres 2011 war dann nicht der Beste, sondern so ziemlich das Gegenteil, aber so ist leider das Leben."

Auf Augenhöhe mit Rosberg und Hamilton?

Frage: "Du warst nicht nur irgendein Formel-1-Fahrer, sondern einer, der das Zeug zum WM-Titel hatte. Wenn du jetzt zurückblickst, denkst du dir dann, dass du wirklich große Erfolge hättest haben können, oder haderst du nicht damit?"
Kubica: "Es ist schwierig, wenn man Nico (Rosberg, Anm. d. Red.) und Lewis (Hamilton, Anm. d. Red.) siegen sieht. Wir fuhren seit 1998 gegeneinander, waren fast jedes Jahr beisammen. Es gab Jahre, da war ich vor ihnen, und dann gab es Saisons, wo sie konkurrenzfähiger waren. Das Niveau war aber sehr ähnlich. Dann denkt man, dass man das auch schaffen würde - vielleicht ein bisschen besser oder ein bisschen schlechter? Wer weiß? Aber es ist nicht an mir, zu beurteilen, ob ich das Zeug hatte, an der Spitze der Formel 1 zu sein oder nicht."

"Ich weiß, dass ich vor allem 2008 und 2009 großartige Jahre hatte. Selbst 2009 - das war wegen KERS und der Probleme mit dem Auto kein einfaches Jahr, aber man gibt sein Bestes. Ich meinen Formel-1-Jahren habe ich es geschafft, mich als Fahrer zu etablieren, und das hatte für mich Priorität. Es ist schwierig, in die Formel 1 zu kommen, aber es ist auch nicht einfach, deinen Platz zu behalten, denn der Konkurrenzkampf zwischen den Fahrern ist sehr hart. Ob ich aber das Zeug hatte, um den Titel zu gewinnen, das spielt jetzt keine Rolle."

"Es hat mich sehr gefreut, dass ich in der Fahrerwertung von 'Autosport' so weit vorne war. Ich weiß, dass einige Leute dieser Meinung sind, aber andere denken komplett anders. In vielen Rennen wurde ich Siebter, und war glücklicher als mit dem dritten Platz, denn ich wusste, dass mit meinem Paket nicht mehr möglich war. Das ist das Schwierige, wenn man Fahrer von außen beurteilt."

Robert Kubica

Banner überall: Noch immer vermissen die Fans den Polen in der Königsklasse Zoom

"Viele Leute fragen mich, was ich von diesem oder jenem Fahrer halte, aber weil ich ja in der Formel 1 war, kann ich das nicht beurteilen, weil ich weiß, dass die Realität möglicherweise komplett anders aussieht als das den Anschein macht."

Frage: "Hat die Zeit außerhalb der Formel 1 deine Sicht und dein Verständnis von den Ereignissen im Rennsport verändert? Bist du mental vielleicht sogar ein besserer Fahrer als noch vor vier Jahren?"
Kubica: "Der Rennsport liegt mir nach wie vor im Blut. Ich verfolge die Formel 1 eher aus der Sicht eines Zuschauers, aber es ist nicht einfach, die Rennen anzusehen. Zu dieser Jahreszeit ist es am schwierigsten, das fällt mir jedes Jahr auf. Es gibt einige Rennen, die ich mehr vermisse als andere. Es gibt Momente, an die ich intensivere Erinnerungen habe. Und die Zeit zwischen Monaco und Kanada ist die schwierigste, weil ich durch meinen Sieg in Kanada 2008 die besten Erinnerungen von diesen Orten habe. Monaco deswegen, weil ich Straßenkurse wirklich liebe, und ich wirklich gerne auf diesem Kurs fahre."

"Aber im Leben geht es darum, nach vorne zu schauen, und ich muss meinen Geist beschäftigen. Ich weiß, dass man beginnt, zu viel nachzudenken, wenn der Geist nicht beschäftigt ist. Leider werden sich die Dinge nicht ändern, wenn man zurückblickt. Ich hatte in der Formel 1 sehr gute Jahre, und das ist etwas, das mir in Erinnerung und in meinem Herzen bleiben wird. Ich weiß über meinen Platz in der Formel 1 Bescheid, für den ich gearbeitet habe. Das ist das Wichtigste, obwohl natürlich auch die Ergebnisse wichtig sind."

Bestes Rennen? "Fuji 2008!"

Frage: "Gibt es in deiner Formel-1-Karriere Rennwochenenden, die herausstechen, wo du das Maximum herausgeholt hast?"
Kubica: "Eines dieser Wochenenden war der zweite Platz in Fuji 2008. Wenn du die Chance hast zu gewinnen, dann gibst du wirklich alles. Fuji war ein großartiges Rennen. Das Auto war nicht mehr konkurrenzfähig, aber ich habe es dennoch geschafft, Zweite zu werden."

Frage: "Und wäre ein anderer Fahrer als Alonso im Renault hinter dir gesessen, dann hättest du wahrscheinlich gewonnen..."
Kubica: "Es war nicht einfach. Es gab ein großes Problem in Kurve eins, denn Massa und Hamilton kämpften um die Weltmeisterschaft. Es gab keinen Crash, aber sie verpassten ihren Bremspunkt, und wir fuhren die enge Linie und konnten einige Positionen gutmachen. Ausgangs Kurve eins war also ich Erster und Fernando Zweiter. Ich kam hinter ihm ins Ziel, und der Zweite ist normalerweise der erste Verlierer, aber wenn man alles analysiert, dann muss man sagen, dass ich an diesem Rennwochenende gar nicht dort hätte sein dürfen."

Fernando Alonso, Robert Kubica

In Fuji 2008 musste sich Kubica nur Fernando Alonso geschlagen geben Zoom

"Wäre ich Siebter geworden, dann wäre es ein normales Rennen gewesen, aber wenn man dann Zweiter wird, dann wird einem bewusst, dass man wirklich gute Arbeit geleistet hat. Alles muss zusammenpassen, und man benötigt Glück. Nick (Heidfeld, Anm. d. Red.) fuhr das andere Auto und war weit weg. Ich denke, dass das Auto generell gegen die McLaren, Ferrari und Renaults, die zu Saisonende sehr stark waren, nicht mehr konkurrenzfähig war. Wenn ich einen Grand Prix auswählen müsste, dann wäre es dieser."

Die verpasste WM-Chance

Frage: Die Saison 2008 mit BMW, als du die Weltmeisterschaft nach dem Sieg in Kanada angeführt hast, kann man als verpasste Chance, um den Titel zu kämpfen, sehen. Die Ereignisse seit damals zeigen, dass derartige Gelegenheiten nicht zwangsläufig wieder kommen..."
Kubica: "In so einem hochklassigen Wettbewerb muss man jede Gelegenheit so gut wie möglich nutzen. Der Zug fährt vielleicht nur einmal vorbei, also musst du aufspringen und schauen, was möglich ist, sonst bleibst du dort, wo du bist, und bereust es vielleicht nach ein paar Jahren, dass du nicht aufgesprungen bist. BMW hat sich damals sehr intensiv auf das 2009er-Auto konzentriert und hat sich wegen KERS große Hoffnungen gemacht. Am Ende war es aber ein großer Flop."

"Am schwierigsten war, dass es Entwicklungen in der Fabrik gegeben hat, die die Performance des Autos deutlich verbessert hätten, aber sie wurden 2008 nicht eingeführt, weil man bis 2009 warten wollte. Ich bin mit dieser Titelchance so umgegangen, als wäre es meine letzte. Natürlich habe ich gehofft, dass das nicht der Fall sein würde, aber es war so."

"Die Herangehensweise von BMW war aus ihrer Sicht die richtige. Sie hatten für 2008 ein Ziel, das sie erreicht hatten, und das ist der Grund, warum das Team sehr früh sehr viel Zeit in das 2009er-Auto investiert hat. Wir waren das erste Team, das KERS eingesetzt hat, aber am Anfang war es sehr schwierig."

Podium in Kanada 2008

Kubica feierte 2008 in Montreal seinen einzigen Sieg - und den einzigen von BMW Zoom

"Leider waren die Probleme, die wir damit und mit dem Auto insgesamt hatten, auch 2009 noch da. Das ist der Grund, warum BMW ausgestiegen ist - weil sie nicht konkurrenzfähig genug waren. Sie hatten sich wegen KERS und der Verbindung zwischen der Formel 1 und den Serienautos große Hoffnungen gemacht, aber das ist nicht wirklich aufgegangen. Es war eine politische Entscheidung, KERS einzuführen, obwohl es langsamer war. Oder zumindest war ich in einem KERS-Auto langsamer, denn am Anfang des Jahres war ich übergewichtig. Daher war es ein schwieriges Jahr."

Frage: "Du bist trotz deines Formel-1-Interesses seit dem letzten Rennen in Abu Dhabi 2010 nicht mehr bei der Formel 1 aufgetaucht. Warum?"
Kubica: "Im vergangenen Jahr habe ich an einer deutschen Rallye teilgenommen, also habe ich am Freitag in der Vorwoche getestet. Da war ein DTM-Rennen am Nürburgring. Ich hatte den Plan, hinzugehen und das Rennen zu sehen. Ich habe Toto (Wolff; Mercedes-Motorsportchef; Anm. d. Red.) angerufen und gefragt, ob ich vorbeikommen könnte, und er sagte: 'Kein Problem'. Am Sonntagmorgen habe ich Trier verlassen und die Gefühle kamen: 'Ich sollte gehen'...'Ich sollte nicht gehen'."

"Jedes Mal, wenn ich zuvor gefahren bin, als ich GT-Autos auf der Strecke getestet habe, hatte ich Spaß. Aber am Abend nach dem Fahren war es schmerzhaft. Erinnerungen kamen hoch, es war keine schöne Zeit. Ich wollte das nicht, ich wollte meinen Kopf beschäftigt halten und versuchen, mich gut zu fühlen und Spaß zu haben. Auf einer Strecke zu fahren, hat Spaß gemacht, hat mir aber ein seltsames Gefühl in der Magengegend beschert."

Die Angst vor der Rückkehr

"Ich bin also zum Nürburgring gefahren, aber eine halbe Stunde davor, als ich angefangen habe, rund um den Bereich zu fahren und Erinnerungen zurückkamen, habe ich Toto geschrieben und gefragt, ob wir uns an seinem Hotel treffen können. Aber sein Hotel war direkt an der Strecke, und als ich ankam, war die AutoGP am Werk. Als ich den Sound gehört habe, habe ich Toto im Hotel beim Frühstück getroffen und bin zurück nach Trier gefahren. Ich habe plötzlich ein Gefühl bekommen, dass ich nicht gemocht habe."

"Im vergangenen Winter bin ich fast nach Barcelona gefahren, um einen Formel-1-Testtag zu verfolgen, weil ich gespannt darauf war, wie sehr sie sich verändert hat. Aber ich habe es bevorzugt, zuhause zu bleiben und es am Bildschirm zu verfolgen. Zuhause gibt es keine Journalisten, die mir dieselben Fragen stellen, und keine Fotografen!"

"Ich vermisse die Formel 1. Ich würde alles dafür geben, um wieder zurück in einem Formel-1-Auto sein zu können. Das Rennen in der Hospitality zu verfolgen, ist allerdings nicht so attraktiv für mich. Das würde mir das Gefühl geben, etwas zu vermissen."

Frage: "Wenn du auf die Formel 1 schaust, siehst du dann etwas, von dem du weißt, dass du immer noch ein Teil sein solltest?"
Kubica: "Ja. Es lässt mich nicht schuldig fühlen, aber viele Leute sagen mir: 'Du hast das (Rallyefahren, anstatt sich auf die Formel 1 zu konzentrieren; Anm. d. Red.) gemacht, als du den Unfall hattest.' Aber sie realisieren nicht, dass ich der erste bin, der das sagt. Wenn mir jemand gesagt hätte, wie ich enden würde, dann wäre ich niemals Rallyes gefahren."

"Ich wollte Rallyes fahren, weil sie mir ein gewisses Extra gegeben haben. Die Top-Formel-1-Fahrer sind mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau, daher habe ich mir etwas gesucht, was mir einen Vorsprung geben würde. Wenn es zum Beispiel bei einem Test anfängt zu regnen und die Strecke halb feucht, halb trocken ist, dann würde man nicht fahren. Aber wenn das an einem Rennwochenende passiert, dann muss man fahren. Das Rallyefahren hat mich zu einem besseren Fahrer gemacht. Vielleicht zu keinem schnelleren, aber zu einem kompletteren Fahrer. Natürlich hat es schlimm geendet, aber so ist das Leben."

Frage: "Das Verlangen nach Rallyefahren war also Teil deiner Mentalität, die dich in der Formel 1 so gut gemacht hat, und du kannst das eine nicht ohne das andere haben?"
Kubica: "Normalerweise lese ich nichts über die Formel 1, aber ich weiß, dass Felipe (Massa; Anm. d. Red.) gesagt hat, dass ich jetzt nicht Rallye fahren sollte - und er hat Recht. Aber das ist Felipes Mentalität. Dank meiner Mentalität habe ich es in die Formel 1 geschafft. Ich komme aus keinem Land, das eine Geschichte in der Formel 1 hatte und hatte keine großen Sponsoren hinter mir. Ich hatte Glück, gute Leute zu haben, die geholfen haben, aber meine Karriere hätte mit 13 oder 17 aufgehört, wenn ich nicht die Mentalität oder den Charakter gehabt hätte, die mir auf dem Weg in die Formel 1 geholfen haben."

"Als ich mit 13 im Kart mit dem Rennsport auf internationalem Niveau angefangen habe, war Fahren alles. 2001 habe ich in der Werkstatt gewohnt und bin nicht zur Schule gegangen. Ich habe die ganzen Tage in der Fabrik und der Werkstatt mit den Mechanikern verbracht. Für mich war das Fahren ein Genuss."

Frage: "Aber du hast nach deinem Unfall trotzdem wieder einen Geschmack auf die Formel 1 bekommen: Du saßt für Mercedes im Simulator. Wie ist das gekommen?"
Kubica: "Das war Teil meiner Regeneration und hat als eine Möglichkeit begonnen. Es war gut für meinen Körper und auch für meinen Geist. Und die Leute waren glücklich damit, was ich getan habe, um ihnen zu helfen. Ich habe ein paar Sessions eingelegt, manchmal auch zwischen dem Freien Training und dem Qualifying am Rennwochenende."

Robert Kubica, Toto Wolff

Toto Wolff ermöglichte dem Polen ein Comeback im Formel-1-Simulator Zoom

Frage: "Und das war richtige Arbeit, die einen Teil für das Team beigetragen hat?"
Kubica: "Für einen Rennfahrer ist der Simulator eher ein Hilfsmittel, um sich an die Abläufe zu gewöhnen, aber für die Ingenieure ist es wichtig, dass es jemand machen möchte, weil sie viel zu tun haben. Um es mit der Realität in Einklang zu bringen, muss man viel Zeit und Energie investieren und viel Leidenschaft für den Simulator entwickeln. Ich war ganze Tage dort. Am Kanada-Wochenende bin ich über Nacht gefahren: Ich habe Freitagabend angefangen und Samstagmorgen aufgehört."

"Ich wollte das machen, aber leider wurde das Rallyefahren später im Jahr stressiger. Um dort gut zu sein, wollte ich nicht zu viele Dinge tun, daher habe ich es sein lassen."

"Schwierig ist, dass man im Simulator kein gutes Feedback vom Chassis und vom Auto bekommt. Normalerweise spürt man alles mit dem Rücken und dem Hintern, aber weil alles virtuell ist, ist die Konzentration niedriger - besonders wenn man eine lange Zeit fährt, weil man überhaupt nichts riskiert. Aber man muss konstant und gleichmäßig fahren, um ein gutes Feedback geben zu können und sich zu verbessern."

"Im vergangenen Jahr sind wir vor Kanada 900 Kilometer gefahren, aber in diesem Jahr habe ich gar nichts gemacht. Am Ende habe ich es sein lassen, was sehr schade ist. Aber es war die richtige Entscheidung, weil ich mich auf eine Sache konzentrieren muss."

Lieber Rallye statt DTM

Frage: "Warum hast du das DTM-Angebot von Mercedes im vergangenen Jahr abgelehnt und dich stattdessen auf Rallyefahren konzentriert?"
Kubica: "Nach dem Unfall wieder auf Rennstrecken zu gehen, war ökonomisch gesehen der einfachste und beste Weg. Und es war der beste Weg, meine Erfahrung zu nutzen, aber irgendwie hat es sich zu einfach angefühlt. Ich war nicht glücklich, weil es sich anfühlte, als hätte ich mit der Formel 1 aufgehört, und ich hatte mir selbst noch etwas zu beweisen. Also habe ich mir ein neues Ziel gesetzt. Rallyefahren war der natürlichere Weg."

"Ich sage nicht, dass ich nicht denke, dass die DTM eine gute Meisterschaft ist. Sie ist eine der besten im Motorsport, weil sie sehr konkurrenzfähig ist. Ich war überrascht, wie sich das Auto angefühlt hat, und welches Gefühl es dem Fahrer gibt, das näher an einem Formel-Auto ist als an einem GT-Auto. In der DTM gibt es viel Aerodynamik und viel Abtrieb, daher ist es sehr schön zu fahren, aber wegen meines Ziels und der Periode, in der ich mich befand, dachte ich, dass Rallyefahren meinen Kopf mehr beschäftigt und mir dabei helfen würde, mich zu regenerieren."


Robert Kubica bei den DTM-Testfahrten

"Ich habe mich selbst in eine komplett andere Kategorie, einen komplett anderen Sport, gesteckt. Nicht viele Leute realisieren, wie unterschiedlich das ist. Ich wusste, dass es hart werden würde, und ich wusste, dass es ein schwieriger Schritt sein würde. Im vergangenen Jahr hieß es Rallye oder DTM, und ich habe lange gebraucht, um mich zu entscheiden."

"Aber ich habe gedacht: 'Ich bin nicht sehr jung, aber ich bin noch nicht sehr alt, und ich bin hungrig, etwas zu erreichen.' Also habe ich mir für das Rallyefahren einige Ziele gesetzt, und nur die Zeit wird zeigen, ob ich sie erreichen kann oder nicht. Ich wollte auch nicht das Gefühl haben, die Formel 1 zu vermissen. Wenn ich Rallyes fahre, dann bin ich beschäftigt, das ist gut."

Frage: "Wie läuft das Rallyefahren?"
Kubica: "Wenn man Rundstreckenrennen macht, lernt man von klein an die Charakteristik des Rundstrecken-Rennsports. Wenn man schon früh als Rallye-Fahrer beginnt - ok, nicht so jung wie beim Kartsport - dann muss man die typischen Charakteristiken des Rallyesports lernen. Die Schwierigkeit ist, dass man auf Strecken einen Ansatz hat und beim Rallyefahren einen anderen."

"Manchmal spielen Dinge, die auf Rundstrecken sehr wichtig sind, beim Rallyefahren keine Rolle. Es ist ein wenig wie bei Basketballern und Volleyballern. Wenn man einen der besten Basketball-Spieler in ein Volleyball-Spiel steckt, dann muss er auch seine Hände und einen Ball nutzen. Es erscheint wie das Gleiche, aber das ist es nicht. Ähnlich verhält es sich mit Sprintern und Marathonläufern. Man rennt, aber wenn man für einen Marathon trainiert, ist es komplett anders, als 100 Meter zu laufen."

Robert Kubica

Mittlerweile fährt er mit Freude Rallye - erste Erfolge kann er auch schon vorweisen Zoom

"Häufig helfen mir meine Rundstrecken-Gewohnheiten nicht. Eigentlich stören sie mich, und meine Fahrweise zahlt sich nicht aus. Man lässt zu kleine Abstände. Und der größte Unterschied ist, dass man auf Rundstrecken genau weiß, was passiert - man hat fast alles unter Kontrolle. Bei Rallyes hat man fast nichts unter Kontrolle, speziell wenn man eine Rallye das erste Mal angeht."

Frage: "Wie sieht der Plan nun aus: Die Saison beenden und dich weiter neu programmieren? Weißt du, was im kommenden Jahr passiert?"
Kubica: "Ich weiß es nicht, und es ist auch zu früh, es zu sagen. Aber ich sehe die Dinge recht einfach. Ich hatte ein Ziel in der Formel 1, konnte es aber leider aus diversen Gründen nicht erreichen. Der Hauptgrund ist der Unfall. Also setze ich mir ein neues Ziel."

"Wenn ich glaube, dass es eine Möglichkeit gibt, dieses zu erreichen, dann werde ich es versuchen. An dem Tag, an dem ich sehe, dass ich es nicht erreichen kann oder dass es zu kompliziert ist, gehe ich vielleicht einen Schritt zurück. Aber das ist für mich wie verlieren."

"Indem ich Rallyefahren gewählt habe, wusste ich, dass ich eine sehr geschlungene, schwierige Straße nehme. Der Weg kann sehr hart sein, aber wenn man große Herausforderungen hat und erreicht, dann spürt man eine große Befriedigung, und ich denke, dass ich nach der schwierigen Zeit und den Ereignissen eine große Herausforderung brauche."

"Ich hatte ein Ziel in der Formel 1, konnte es aber leider aus diversen Gründen nicht erreichen." Robert Kubica

"Das ist eher ein persönliches Ziel und eine persönliche Herausforderung als alles andere. Vor über einem Jahr habe ich die Vor- und Nachteile von Rundstrecke und Rallye abgewogen, und wenn man nur auf die Fakten schaut, dann würde ich sagen, dass nur ein Verrückter Rallyefahren geht! Aber weil ich am Ende ein Mensch und keine Maschine bin, muss ich glücklich mit dem sein, was ich tue, und ich muss versuchen zu erreichen, von dem ich glaube, dass es mir Befriedigung gibt. Darum fahre ich Rallye."