Rennvorschau Bahrain: Der Grand Prix in der Wüstennacht

Beim zehnten Grand Prix von Bahrain erwartet die Formel-1-Fahrer erstmals ein Nachtrennen - Erneuter Zweikampf Vettel gegen Mercedes?

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2014 nimmt Fahrt auf. Nur eine Woche nach dem Rennen in Malaysia, welches mit einem Doppelsieg des Mercedes-Teams endete, steht mit dem Großen Preis von Bahrain schon der dritte Lauf zur Weltmeisterschaft 2014 statt. Und es bliebt heiß! Wie in Sepang erwarten die Piloten auch auf der Halbinsel am Persischen Golf Temperaturen von über 30 Grad Celsius. Somit wird die Kühlung erneut eine wichtige Rolle spielen.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton, Nacht

Der Grand Prix von Bahrain ist das dritte Nachtrennen im Formel-1-Kalender Zoom

Dennoch ist das Klima ungleich angenehmer als im tropischen Malaysia "Es ist dort auch immer wahnsinnig heiß, aber bei niedrigerer Luftfeuchtigkeit, sodass man mit den Temperaturen weit weniger zu kämpfen hat", weiß Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer in seiner Kolumne bei 'Motorsport-Total.com' zu berichten.

Die sportlichen Fragen vor dem dritten Lauf der Formel-1-Saison 2014 drehen sich vor allem um die Spitzenteams: Kann Mercedes seine Vormachtstellung weiter behaupten und den dritten Saisonsieg einfahren? Hält der Aufwärtstrend bei Red Bull an, sodass Sebastian Vettel Nico Rosberg und Lewis Hamilton herausfordern kann? Schafft Ferrari den Anschluss an die Spitze? Und gelingt Nico Hülkenberg in Bahrain erneut eine Überraschung?

Wüstensand sorgt für rutschige Strecke

All diese Fragen werden beim Jubiläums-Grand-Prix von Bahrain beantwortet. 2014 fährt die zum zehnten Mal dem Kurs, der 2003 vom deutschen Architekten Hermann Tilke mitten in der Sachir-Wüste unweit der Hauptstadt Manama errichtet wurde. Als erster Fahrer trug sich 2004 Michael Schumacher im Ferrari in die Siegerliste ein, erfolgreichster Pilot in Bahrain ist Fernando Alonso, der 2005 und 2006 im Renault sowie 2010 im Ferrari erfolgreich war (Alle Grand Prix von Bahrain in unserer Formel-1-Datenbank).

Auch Felipe Massa, Jenson Button und Sebastian Vettel wissen bereits, wie in Sieg in Bahrain schmeckt - und zwar deutlich anders als auf den meisten anderen Strecken. Denn aus Rücksicht auf die Sitten des streng islamischen Landes, wird bei der Siegerehrung nicht der sonst übliche Champagner, sondern ein alkoholfreies Gemisch aus Granatapfel, Blutorangen und Rosenwasser versprüht. "Jetzt dufte ich wie eine Frau!", beschrieb Jenson Button 2004 nach der Siegerehrung den Geruch des Ersatz-Champagners.

Die Lage der Strecke in der Wüste von Bahrain bedeutet, dass der Kurs von losem Sand umgeben ist. Dieser kann selbst in der Zeit zwischen den Qualifying-Abschnitten auf die Strecke geweht werden und damit den Grip-Level verringern. Darauf müssen sich die Fahrer und Teams vorbereiten. In Bahrain sind auch Sandstürme nicht auszuschließen, die den Fahrern das Leben schwieriger machen können - einige Beispiele dafür gab es während der Wintertestfahrten. Das kann allerdings auch der Grund für ein spannendes Rennen sein. Dies spielt den erfahrenen Piloten in die Karten. Nur wer schon einige Male hier gefahren ist, kann mit diesen Feinheiten umgehen und mögliche Szenarien vorhersehen.

Vier mal über 300 km/h

Zwei Mal (2006 und 2010) fand in Bahrain der Saisonauftakt der Formel 1 statt. 2010 wurde dabei auf einer 6,299 Kilometer langen Variante der Strecke gefahren. Dies blieb jedoch ein einmaliges Experiment, anschließend kehrte man wieder auf die zuvor genutzte 5,412 Kilometer lange Variante zurück, womit sich eine Renndistanz von 57 Runden oder 308,238 Kilometern ergibt.

Barrichello und Schumacher

Michael Schumacher gewann 2004 den Premieren-Grand-Prix in Bahrain Zoom

Der Bahrain-Grand-Prix war in der jüngeren Vergangenheit eines der umstrittensten Rennen der Formel 1. 2011 brachen im Königreich im Zuge des "Arabischen Frühlings" Unruhen aus, bei denen es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften kam. Das Rennen wurde seinerzeit aus Sicherheitsgründen zunächst von April auf Oktober verschoben und anschließend ganz abgesagt. 2012 kehrte die Formel 1 begleitet von großen Diskussionen nach Bahrain zurück, von einigen kleineren Zwischenfällen abgesehen blieb der Grand-Prix-Zirkus aber unbehelligt.

Beim Blick auf die Streckenskizze springen sofort die vier langen Geraden des Kurses ins Auge. Auf ihnen erreichen die Fahrzeuge jeweils eine Geschwindigkeit von über 300 km/h. Gute Motorleistung und eine effiziente Aerodynamik sind in Bahrain also zwei Schlüssel zum Erfolg. Einen weiteren wichtigen Faktor erklärt Nico Hülkenberg: "Es gibt nicht so viele lange, runde Kurven, sonder eher kurze und knackige. Es kommt viel auf Traktion an, was für die Hinterreifen ziemlich hart ist."

Temperatursturz fordert die Reifen

Womit wir beim Stichwort Reifen wären. Pirelli stellt in Bahrain die weiche und die Medium-Mischung der Slicks zur Verfügung. Damit zeigt der Reifenhersteller einen etwas aggressiveren Ansatz als noch 2013. Vor einem Jahr lautete die Wahl Hart und Medium. "In der Vergangenheit war Bahrain wahrscheinlich unser schwierigstes Rennen. Die Streckentemperatur steigt dort auf bis zu 55 Grad Celsius, wodurch die Reifen stark abgebaut haben." sagt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery.

"Bahrain ist eine Strecke, auf der wir vor kurzem zwei mal getestet haben. Daher verfügen wir über eine Menge Daten über den Kurs, was sicherlich ein Vorteil ist", so Hembery weiter. Doch trotz der acht Testtage im Februar und Anfang März betreten Pirelli und die Teams in Bahrain in diesem Jahr Neuland. Denn das Rennen wird zum ersten Mal als Nachtrennen unter Flutlicht ausgetragen. Rennstart ist um 18 Uhr Ortszeit (Alle Trainings, das Qualifying und das Rennen im Formel 1 Live Ticker) in der Abenddämmerung. "Die Bedingungen während des Trainings werden völlig anders sein, als im Rennen. Die Temperatur wird um 15 Grad Celsius fallen", erklärt Hembery.

Die Herausforderungen für die Motorenbauer beschreibt Renault-Ingenieur Cedrik Staudohar: "Die vier Geraden werden der MGU-H ausgiebig Gelegenheit bieten, Energie rückzugewinnen: die ein Kilometer lange Start- und Zielgerade, die 500 Meter zwischen den Kurven 3 und 4, der kleine Sprint zwischen den Kurven 10 und 11 sowie die letzte Gerade vor Kurve 14." Außerdem habe der hintere kurvige Teil des Kurses mehrere harte Bremspunkte.

Viele Überholmanöver sorgen für heiße Rennaction

"Mit Blick auf die Balance zwischen elektrischer Energie und Benzin steht die Strecke deshalb im Mittelmaß der Tabelle", erklärt Staudohar. Diese Einschätzung teilt Ferrari-Technikchef Pat Fry allerdings nicht. Er rechnet damit, dass sich einige Fahrer wegen des Stopp-and-Go-Charakters der Strecke die 100 Kilogramm Benzin genau einteilen müssen. "Bahrain könnte eines der härtesten Rennen in dieser Saison werden. Das Management des Benzinverbrauchs wird auf jeden Fall eine wichtige Rolle spielen", sagt Fry.

Der Bahrain International Circuit bietet einige gute Überholmöglichkeiten. Es gibt lange Geraden und einige Kurven, die zum Überholen anregen, etwa die Kurven eins, vier und elf. Abgesehen von Silverstone, wo außergewöhnliche Umstände galten, sah Bahrain im vergangenen Jahr die meisten Überholmanöver der Saison - insgesamt 94. Dabei spielte jedoch auch ein hoher Reifenabbau eine Rolle. Ein Unterschied beim Reifenabbau der verschiedenen Autos sowie die dadurch entstehenden unterschiedlichen Strategien führen unweigerlich zu mehr Überholmanövern, da die Autos während verschiedener Phasen ihres Stints aufeinandertreffen und dabei unterschiedliche Performancelevel aufweisen.


Fotostrecke: FIA-Fast-Facts: Bahrain

Zurück zum sportlichen: Nach den Siegen in Australien und Malaysia strebt Mercedes in Bahrain den Hattrick an und möchte auch beim dritten Saisonrennen triumphieren. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Schon im vergangenen Jahr war der Mercedes in Bahrain auf eine Runde das schnellste Auto. Nico Rosberg hatte 2013 die Pole-Position erobert, fiel aber im Rennen zurück. Dieses gewann vor zwölf Monaten übrigens Sebastian Vettel vor den beiden Lotus-Piloten Kimi Räikkönen und Romain Grosjean. Exakt so sah das Siegerpodium auch schon 2012 aus.

Mercedes reist als Favorit nach Bahrain

In diesem Jahr hat Mercedes die Reifen allerdings im Griff. Zudem waren die Silberpfeile (zusammen mit Williams) auch beim letzten Test Anfang März die schnellsten Zeiten gefahren. Darüber hinaus spielt in Bahrain vor allem die Motorleistung eine Rolle, weshalb Heinz-Harald Frentzen Mercedes am kommenden Wochenende als klaren Favoriten sieht. "Bahrain ist eine Stopp-and-Go-Strecke, da wird wahrscheinlich Mercedes wieder sehr stark sein", sagt Frentzen bei 'ServusTV'. "Es gibt dort nicht sehr viele aerodynamische Kurven. Dort kann Red Bull seine Vorteile nicht ganz so ausspielen."

Lewis Hamilton

Mercedes wird auch in Bahrain das Team sein, das es zu schlagen gilt Zoom

Ähnlich schätzt Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Situation ein. Mit Blick auf Mercedes sagt der Brite: "Ich denke ihr Vorsprung wird größer sein als zuletzt in Malaysia, denn auf dieser Strecke kommt es vor allem auf die Motorleistung an."

Frentzens früherer Teamkollege Karl Wendlinger hingegen traut Red Bull auch in Bahrain einiges zu: "Wenn Renault die Software besser hinbekommt und Red Bull die gute Traktion aus den langsamen Kurven ausspielen kann, könnten sie näher an Mercedes dran sein", sagt der Österreicher bei 'ServusTV'. Da allerdings die Fahrbarkeit des Renault-Antriebsstrangs immer noch zu wünschen übrig lässt, ist fraglich, ob Red Bull seinen Traktionsvorteil auch voll ausspielen kann.

Schafft Ferrari den Anschluss an die Spitze?

Während Mercedes und Red Bull in diesem Jahr bereits über Podiumsresultate jubeln durfte, schaut Ferrari bislang in die Röhre. Zwei vierte Plätze stehen für Fernando Alonso zu Buche - zu wenig für jemanden, der endlich mit Ferrari Weltmeister werden möchte. Der Spanier hofft jedoch, dass ihm die veränderte Reifenwahl in die Karten spielt. "Die Mischungen sind weicher. Das könnte ein Vorteil für uns sein, denn auf den härteren Reifen rutschen wir stark", sagt Alonso.

Teamkollege Räikkönen ist allerdings weniger optimistisch. "Es wird bestimmt nicht einfacher für uns. Wir müssen an der Vorderachse etwas unternehmen, damit sie sich demnächst besser anfühlt. Hoffentlich bekomme ich die Teile, die ich gefordert habe", sagt der Finne. Dabei ging die Formkurve für Ferrari in Malaysia nach oben. Lag Alonso im Melbourne mit einer Safety-Car-Phase im Ziel 35 Sekunden hinter dem Rennsieger Rosberg zurück, betrug der Rückstand auf Hamilton in Sepang zwar ebenfalls 35 Sekunden - allerdings ohne eine Neutralisierung durch das Safety-Car.

"Hoffentlich bekomme ich die Teile, die ich gefordert habe." Kimi Räikkönen

Hinter den drei großen Teams dürften die Mercedes-Kunden Force India, McLaren und Williams die Verfolgerrolle einnehmen. Bei Williams hoffen nach zwei enttäuschenden Rennen alle auf eine Wiederholung der guten Vorstellung beim Test, während Force-India-Pilot Nico Hülkenberg nach den Plätzen sechs und fünf zum Saisonbeginn auch in Bahrain die Konkurrenz ärgern möchte. "Ich hoffe, dass es ähnliche Bedingungen werden, und dann zielen wir wieder auf ein paar Punkte", sagt der Emmericher.