powered by Motorsport.com
  • 03.04.2014 14:58

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Politikum Kostenkontrolle: Weg steinig, Ende offen

Neben Geltungsbereich und Höhe eines möglichen Budgetdeckels ab 2015 ist es fraglich, ob das Projekt überhaupt die Unterstützung aller Seiten genießt

(Motorsport-Total.com) - Eine verbindliche Kostenobergrenze ist den kleinen Teams der Formel 1 schon lange ein Anliegen, 2015 winkt dem Projekt tatsächlich die von Insidern lange - und immer noch - nicht für möglich gehaltene Umsetzung. Ein entschiedener Befürworter der Einführung eines Budgetdeckels ist Jean Todt. "So geht's nicht weiter", klagt der FIA-Präsident im Gespräch mit der 'Welt am Sonntag' und findet eine drastische Metapher: "Die Formel 1 liegt auf der Intensivstation. Unser Job ist es, diese Hilfeschreie zu hören."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton, Start

Was darf die Rennaction kosten, damit am Ende alles etwas davon haben? Zoom

Hilfeschreie wie die von Sauber. Teamchefin Monisha Kaltenborn fordert schon lange, dass die Königsklasse endlich das Sparen lernt. Die Österreicherin hält die Einführung in der kommenden Saison für "absolut machbar." Um 2015 tatsächlich Nägel mit Köpfen zu machen, muss am 30. Juni ein verbindlicher Vorschlag auf dem Tisch liegen, damit die Strategiegruppe der Formel 1 - gebildet aus den "großen" und erfolgreichen Teams, der FIA sowie Bernie Ecclestone als Inhaber der kommerziellen Rechte - ihm mit einfacher Mehrheit zustimmen kann.

Todt hat den Weg des Weltverbandes klar vorgezeichnet, unter den Mannschaften bestehen heterogene Interessen. Das hängt mit den unterschiedlichen Zuschlägen aus dem allgemeinen Formel-1-Topf, gespeist aus Ausrichter-, TV- und Lizenzgebühren, zusammen. Allen voran Ferrari und Red Bull kassieren im Vergleich astronomische Beträge. Anschließend liegt die Verabschiedung in den Händen der Formel-1-Komission (es braucht mindestens 70 Prozent ihrer Mitglieder) sowie des Motorsport-Weltrats der FIA. Doch dazu muss gar nicht kommen.

Gebremster Elan bei den "Großen"

Die Hürde ist die Strategiegruppe. Hier sind Red Bull, Ferrari, McLaren, Mercedes und Williams permanente Mitglieder, dazu ist dank der sportlichen Leistungen in der Saison 2013 auch Lotus dabei. Den Ton geben also die "Großen" an, die meisten Teams aus dem Mittel- und Hinterfeld haben kein Mitspracherecht. Kürzlich deutete McLaren-Rennleiter Eric Boullier an: "Ron (Geschäftsführer und Unternehmenspatron Dennis; Anm. d. Red.) hat vielleicht gesagt, dass er kein Freund der Kostenkontrolle ist."

Auch Red-Bull-Kollege Christian Horner hebt ältere und eher zweifelhafte Verdienste hervor, anstatt über neue Projekte zu sprechen: "Dass wir mit dem neuen Antriebsstrang 25 Prozent der Kosten abgebaut haben, ist schon großartig." Arbeiten nicht alle mit der gleichen Bestimmtheit am Thema Kostenkontrolle? Auch die finanzielle Elite könnte daran interessiert sein, der Spendierlaune einen Riegel vorzuschieben, schließlich wollen sie kein Wettrüsten. Fakt ist, dass momentan nicht viel auf der Habenseite steht. Die Beteiligten schweigen sich über die Fortschritte bei den Verhandlungen aus. Auch Marussia-Sportdirektor Graeme Lowdon meint: "Es gibt keinen Masterplan."


Großer Preis von Bahrain

Was soll überhaupt kontrolliert werden?

Horner sieht eher Probleme bei der Umsetzung als beim Willen zur Veränderung: "Die Frage nach dem 'Wie' ist sehr viel komplexer." Dem stimmt auch McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale zu und verweist auf Faktoren wie Teamstrukturen oder Währungen. Dabei drängt die Zeit, wie der neue Lotus-Boss Matthew Carter unterstreicht. "Es braucht eine schnelle Entscheidung, sonst können wir die Fristen nicht einhalten. Es muss klar sein, was unter die Kostendeckelung fällt und was nicht." Naheliegend, dass es bei Lotus dabei allen voran um eine Sache geht: das Geld der Paydriver.

Christian Horner

Christian Horner vertritt die Interessen eines finanzstarken Teams Zoom

Pastor Maldonado wechselte im Winter nach Enstone und brachte dabei die Öl-Millionen aus der venezolanischen Staatskasse mit - eine Einnahmequelle, die für die großen Teams entweder nicht entscheidend oder gar nicht vorhanden ist. "Da gibt es zwischen den Top 4 und uns einen großen Unterschied", meint Cater. Auch die Tatsache, dass Mercedes und Ferrari ihren Antriebsstrang in Eigenregie herstellen und nicht als Kunden beliefert werden, ist nicht zu vernachlässigen. Welche Teile der Budgets sollten also unter die Kostendeckelung fallen?

Phantomprojekt Kundenautos

Infrage kommen neben dem operativen Renngeschäft, den Personalkosten und der Entwicklung auch Dinge wie Marekting oder Hospitalitys, die keinen direkten Einfluss auf das Geschehen auf der Strecke haben. Kaltenborn sagt: "Wir sollten die Bereiche einbeziehen, die dafür sorgen, dass die Spielregeln einheitlich sind. Und letztendlich geht es dabei um den Rennsport." Sparen ließe sich auch dadurch, dass die Technik insgesamt simpler wird :"Wir sollten uns fragen, ob die Formel 1 so komplizierte Lenkräder braucht", merkt Todt gegenüber 'auto motor und sport' an.

Jean Todt

Jean Todt will schnelle Lösungen sehen, wenn es um die Kosten geht Zoom

Der Franzose, der mit 150 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 109 Millionen Euro) einen erstaunlich niedrigen Betrag ins Spiel bringt, zieht außerdem eine Reduzierung der Telemetrie in Betracht, dazu mehr Testfahrten auf der Strecke und weniger Arbeit im Simulator in der Fabrik. Keine Rede ist bei Todt dagegen von Kundenautos, für deren Einführung laut Force Indias Co-Teamchef Robert Fernley jedoch hinter den Kulissen schon Pläne bereitliegen sollen. "Wir müssen vernünftig sein und dürfen nicht darauf zusteuern, für Monopole zu sorgen", warnt Kaltenborn. Schließlich würden die Platzhirsche so ihren Status zementieren.

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!

Anzeige

Formel-1-Newsletter

Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen täglichen und/oder wöchentlichen Formel-1-Newsletter von Motorsport-Total.com!