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Neale: Kostenkontrolle ja, Obergrenze (vorerst) nein

McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale spricht sich für eine Kostenkontrolle in der Formel 1 aus, eine Budgetobergrenze hält er aber vorerst nicht für durchführbar

(Motorsport-Total.com) - Auch wenn die Idee einer Budgetobergrenze ab 2015 von den großen Teams abgeschmettert wurde, geistert das Thema Kostenkontrolle weiterhin durchs Fahrerlager. Einig sind sich wohl alle Parteien, dass die Kosten in der Formel 1 möglichst bald reduziert werden müssen, doch bei der Frage nach dem "Wie?" scheiden sich noch die Geister. Auch bei McLaren ist man weiterhin für die Suche nach einer Lösung.

Titel-Bild zur News: Jon athan Neale

Jonathan Neale möchte sich mit der Kostenfrage in der Formel 1 beschäftigen Zoom

"McLaren ist für Kostenkontrolle, aus ganz vielen Gründen", spricht sich Geschäftsführer Jonathan Neale deutlich für einen Eingriff in die Finanzen der Formel-1-Teams aus, weil es nicht gut sei, wenn dem Sport die Kosten gleichgültig seien. Doch man müsse vorsichtig an die Sache herangehen. "Wir sollten effizient bleiben, dabei auch berücksichtigen, dass der Sport seinen Glamour und seine Spannung beibehält und eine interessante Marke bleibt."

Die von der FIA angestrebte Budgetobergrenze wurde allerdings erst vor kurzem abgelehnt, da die meisten Teams fürchten, dass man diese nicht kontrollieren könne. "Eine Obergrenze ist nicht einfach zu integrieren, sondern ein ehrgeiziges Ziel", erklärt Neale. "Es gibt verschiedene Strukturen, verschiedene Währungen, verschiedene Abrechnungsweisen. Das könnte in der Realität ein Alptraum werden." An eine Einführung im Jahr 2015 könne man daher gar nicht denken: "Ich glaube nicht, dass das geht und nützlich wäre."

Neue Regeln: Teuer, aber gut für den Sport

Alternativen bieten sich derzeit aber nur mäßig an. Seit einigen Jahren versucht man mittels des Regelwerkes, die Formel 1 kostengünstiger zu gestalten: Bauteile wie Motor und Getriebe müssen mehrere Rennen lang halten, Testfahrten in der Saison wurden vorrübergehend verboten und selbst Einheitsbauteile wie die Elektronik aus dem Hause von McLaren müssen verwendet werden. Neale sieht daher im Reglement eine Grundverantwortung in Sachen Kostenkontrolle, denn er weiß, dass es schnell ausufern kann.

"Wenn der Antriebsstrang ein Hybrid sein soll, oder das Technische oder Sportliche Reglement irgendwie geändert wird, dann muss die Sportbehörde fragen, wie sich das auf die Kosten auswirkt. In manchen Fällen, etwa bei der Sicherheit, muss das unbeachtet bleiben. Aber die Auswirkungen können gewaltig sein", sagt er. Das hat man vor Beginn dieser Saison gesehen. Das neue Reglement mit den neuen Antriebseinheiten war für alle Teams ein enormer Einschnitt in das Budget, auch weil die Kundenteams von Mercedes, Ferrari und Renault viel mehr Geld für den Erwerb der Turbomotoren ausgeben mussten.


Fotostrecke: Die McLaren-Masterminds

Zudem mussten natürlich auch die neuen Hybridsysteme für viel Geld entwickelt werden. Doch obwohl viele Teams über die höheren Kosten ätzen, sieht der McLaren-Geschäftsführer darin den richtigen Schritt: "Die FIA hat eine weise Entscheidung getroffen. Es ist gut, um die großen Hersteller bei der Stange zu halten. Was Mercedes, Honda und Renault in diese Motoren stecken, ist interessant. Der Markt hat schon Hybridtechnologie in Hochleistungs-Sportwagen hervorgebracht. Sie werden bedeutender, umso erschwinglicher sie werden. Das wird auch das Interesse steigern." Und dahinter stecke aber auch die finanzielle Stabilität des Sports und die Art und Weise, wie er geführt wird.

Einkommensstruktur hat sich bewährt

Doch was die großen Teams bei Laune hält, muss für die kleinen Teams nicht gelten. Lotus, Marussia oder Sauber kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten und müssen teilweise mit einem Bruchteil des Budgets von Mercedes, Ferrari oder Red Bull auskommen - auch weil die Preisgelder der FOM sehr unausgewogen verteilt werden. Das ist ein Problem in der Formel 1: "Man sollte in Erinnerung behalten, was es die Hinterbänkler kostet, die Rennen zu bestreiten und innerhalb der 107-Prozent-Hürde zu bleiben. Auch die Nachzügler müssen beständig Rennen fahren können", sagt Neale.

Ob man allerdings zwingend etwas an der Einkommensstruktur in der Formel 1 ändern müsse, da ist sich der McLaren-Mann auch nicht sicher: "Die Formel 1 wird sich weiter entwickeln. Aber sie hat auf dieser Basis existiert und war erfolgreich, ist sogar gewachsen. Sie ist 2,5 Milliarden US-Dollar wert, oder sogar noch mehr. Und das mit dieser Verteilung der Gewinne."


Fotos: McLaren, Großer Preis von China, Sonntag


Neale sieht kein Soundproblem

Überhaupt könne man nicht behaupten, dass es der Formel 1 schlecht gehe. Der Sport an sich ist eine Weltmarke und zieht zahlreiche Zuschauer, Marken, Sponsoren und Investoren in das Geschäft. Zwar wurde der Formel 1 zu Saisonbeginn mit den neuen Regeln eine schwierige Zeit vorhergesagt, weil Spritsparen, leise Motoren und Nachhaltigkeit eher abschrecken als anziehen würden, doch die Diskussionen sind schon jetzt größtenteils verflacht.

Und auch Neale hält den Aufruhr um das Reglement für überzogen. "Natürlich ist es ein gewaltiger Einschnitt. Es war doch klar, dass sich einige damit nicht wohlfühlen. Niemand mag Änderungen. Natürlich klingt der Sound anders, aber doch nicht schlechter", urteilt er. "Mir hat es gefallen, das Rennen (in Melbourne; Anm. d. Red.) in meinem Büro im Fernsehen zu sehen. Es war interessant, dass ich den Jubel der Zuschauer hörte, das ging vorher nicht. Ich konnte das Problem am Bottas-Auto hören und das Quietschen der Reifen beim Boxenstopp. Das bereichert uns."

Esteban Gutierrez, Kevin Magnussen

Wie lange können kleine Teams wie Sauber mit McLaren noch mithalten? Zoom

Eine vorschnelle Änderung würde er daher nicht vornehmen: "Hybridtechnologie hat schon immer Bedenken hervorgerufen, wegen dem Sound und der Laufkultur. Aber das sind hochtechnologische Maschinen. Wenn der Sport das ändern will, dann braucht er höhere Drehzahlen und das bedeutet auch mehr Spritverbrauch." Und dann dreht man sich kostentechnisch wieder völlig in die falsche Richtung. Ob es nun letztendlich eine Lösung in der Kostenfrage gibt, wird wohl erst in Zukunft zu klären sein, nur eines will der Geschäftsführer abschließend noch betonen: "Wir tragen eine Verantwortung, auch mit der Gestaltung der Regeln."