Montezemolo: "Verstehe die Position von Mercedes"

Luca di Montezemolo wünscht sich eine Aufwertung der Show in der Formel 1, respektiert aber, dass in dieser Saison keine Regeländerungen mehr möglich sind

(Motorsport-Total.com) - Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo wehrt sich gegen den Vorwurf, er sei nur zum Grand Prix nach Bahrain zu kommen, um das umstrittene Reglement im Interesse seines Teams zu verändern. Vielmehr möchte er beim Gipfeltreffen mit Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt keine Änderungen vorschlagen, die noch in dieser Saison umgesetzt werden (was ohnehin am Veto von Mercedes scheitern würde), sondern sein Ansinnen ist, gemeinsam mit allen anderen Teams eine Lösung zu finden, mit der alle leben können.

Titel-Bild zur News: Luca di Montezemolo

Luca di Montezemolo möchte Mercedes den aktuellen Vorsprung nicht wegnehmen Zoom

"Wir müssen die Situation anpacken und alle zusammen nach vorne schauen. Ich denke, dass wir kurzfristig etwas für die Show tun können, ohne die Regeln zu ändern", so der Italiener am Sonntag vor dem Grand Prix von Bahrain (Formel 1 live im Ticker). "Ich verstehe die Position von Mercedes - sie liegen vorne und wollen das nicht aufgeben -, aber für mich ist die Formel 1 wichtiger als das Reglement. Die Formel 1 ist unser Leben, also müssen wir gemeinsam an die Zukunft denken und versuchen, gemeinsame Ziele zu verfolgen."

"Ich halte es für möglich, konstruktive Ideen auszuprobieren", wischt er Bedenken vom Tisch, wonach Ferrari versuchen könnte, die Lobbying-Maschine anzuwerfen, um die Regeln im eigenen Interesse zu verändern, und zwar möglichst rasch. Vielmehr zeigt sich Montezemolo selbstkritisch, was die sportliche Performance angeht: "Ferrari muss mit den heutigen Regeln zurechtkommen und sich mehr anstrengen, um konkurrenzfähig zu sein. Die Frage ist nicht, die Regeln sofort zu ändern, aber für die Zukunft ist die Situation anders."

Montezemolo fordert gemeinsames Vorgehen der Teams

"Meine Position ist schon seit einigen Monaten klar, seit ich vor ein paar Monaten gesagt habe, dass das Risiko der neuen Regeln darin besteht, dass die Fahrer ans Reifenschonen denken und ans Benzinsparen. Das ist nicht die Formel 1", gibt der Italiener zu Protokoll. "Ich respektiere die Situation, aber wir sollten auf konstruktive Art und Weise gemeinsam etwas unternehmen, denn die Formel 1 ist von der ersten bis zur letzten Runde extrem, und ein Formel-1-Motor ist Musik und kein Lärm."

"Außerdem dürfen die Regeln nicht zu kompliziert sein. Besonders die Fans an der Rennstrecke verstehen ja nicht, was ein Fuel-Flow-Meter ist. Das ist viel zu kompliziert, wie sollen sie auch? Wir haben drei Probleme. Wir wollen den Wert, die Leidenschaft, den Erfolg der Formel 1 erhöhen. Aber wir können keine Formel 1 haben, die eine Economy-Formel ist, sondern wir müssen von der ersten bis zur letzten Runde pushen", fährt er fort.

"Die Fans an der Rennstrecke verstehen ja nicht, was ein Fuel-Flow-Meter ist." Luca di Montezemolo

"Wenn ein Motor weniger Benzin braucht, gut, denn das bedeutet, dass man das Rennen mit weniger Benzin bestreiten kann, wenn man möchte. Aber das Publikum mag keine Taxifahrer, die ständig auf den Benzinverbrauch achten müssen. Das ist nicht die Formel 1. Das zweite Problem ist die Musik - ich sage bewusst nicht der Lärm - der Motoren. Und das dritte ist, dass die Regeln zu kompliziert sind", fasst Montezemolo zusammen und stellt klar: "Wir brauchen eine einfachere Formel."

Maßnahmen auch ohne Regeländerungen möglich?

"Wir müssen die Indikationen aus der Öffentlichkeit ernst nehmen und für die Zukunft etwas unternehmen, ohne ins heutige Reglement einzugreifen", spielt er auf die von Ferrari durchgeführte Umfrage an. "Denn wenn jemand, wie Mercedes, so gute Arbeit geleistet hat, dann ist es nur korrekt, das nicht auf diesem Weg anzufechten. Selbst wenn wir die Rennen um eine Runde verkürzen, wie Bernie Ecclestone vorschlägt, um dem Publikum das Gefühl zu geben, dass die Fahrer vom Start bis ins Ziel pushen können, ändert das nichts."

"Wir müssen sehr konstruktiv sein. Ich bin seit 1973 in der Formel 1 und Ferrari ist das einzige Team, das seit mehr als 60 Jahren dabei ist. Die Formel 1 ist unser Leben", sagt Montezemolo. "Wir müssen nach vorne schauen und gemeinsam mit den anderen Teams eine gute Lösung finden. Aber ich möchte nicht einmal daran denken müssen, dass die Formel 1 den Bach runtergehen könnte. Und wenn wir uns die heutige Formel 1 anschauen, dann besteht das Risiko, dass sie nicht mehr die Formel 1 ist."

Und weiter: "Das ist keine Frage, die heute oder morgen gelöst werden muss, aber Ferrari hat das der FIA auf offiziellem Weg schon im vergangenen November mitgeteilt. Heute sind wir in dieser Situation. Wir müssen der Formel 1 ihre Formel-1-Charakteristik zurückgeben. Gemeinsam mit technischer Forschung natürlich, aber die Formel 1 muss extrem sein, der Motor muss Musik machen und die Regeln dürfen nicht zu kompliziert sein, besonders für die Fans an der Strecke."