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  • 06.06.2013 12:41

Reifenaffäre geht vor Gericht in die nächste Runde

Droht eine Bestrafung? Im Zuge der Reifenaffäre in der Formel 1 müssen sich Mercedes und Pirelli nun vor dem höchsten Gericht der FIA verantworten

(Motorsport-Total.com/SID) - Es sollte für Mercedes der nächste Schritt nach vorn sein, doch schon vor dem ersten Training zum Großen Preis von Kanada mussten Nico Rosberg und Co. erst einmal einen Rückschlag verdauen. Die Reifenaffäre nahm am späten Mittwochabend neue Fahrt auf. Und jetzt könnte es richtig unangenehm werden: Mercedes und Hersteller Pirelli müssen sich vor dem Internationalen Tribunal, dem höchsten Gericht der FIA, verantworten.

Titel-Bild zur News: Sergio Perez

Die Pirelli-Reifen und ein Test erhitzen vor dem Großen Preis von Kanada die Gemüter Zoom

Die Entscheidungsträger in Paris um FIA-Präsident Jean Todt reagierten damit auf die möglicherweise illegalen Testfahrten, die Pirelli und Mercedes Mitte Mai mit einem aktuellen Auto in Barcelona durchgeführt hatten. Diese seien ein Fall für das Gericht, weil "die Bedingungen einen Verstoß gegen die FIA-Regularien dargestellt haben könnten", heißt es in der offiziellen Mitteilung des Weltverbands.

Testfahrten mit einem aktuellen Boliden sind den Teams laut Artikel 22.1 während der Saison nicht gestattet. Ferrari, auch das gab die FIA bekannt, kann dagegen aufatmen. Die Scuderia hatte bereits im April mit einem Boliden von 2011 mit Pirelli getestet, dies stelle aber keinen Verstoß dar.

Vorteil für Silber - ja oder nein?

Die Nachricht vom FIA-Beschluss erreichte Mercedes bei der Ankunft in Montreal, für eine Stellungnahme war das Werksteam zunächst nicht zu erreichen. Wann das Verfahren beginnt, ist noch nicht bekannt, ein mögliches Strafmaß könnte von Geldbußen über Punktabzüge bis zu einem - sehr unwahrscheinlichen - Ausschluss aus der Weltmeisterschaft reichen.

Nachrichten, die bei den Silberpfeilen mitten in die Aufbruchsstimmung platzen, die der Sieg von Rosberg beim Großen Preis von Monaco ausgelöst hatte. Bis zuletzt waren die Schwaben davon ausgegangen, dass es nicht zu einem Verfahren kommen würde.

Man habe aus den Tests keine Vorteile ziehen können, beteuerte Sportchef Toto Wolff, weil dieser von Pirelli durchgeführt worden sei. Der italienische Hersteller, der Mercedes um die Tests gebeten hatte, stützte sich auf seinen Vertrag mit der FIA. "Es gibt keinen Zweifel, dass wir bis zu 1.000 Testkilometer mit den Teams auf einem repräsentativen Auto durchführen dürfen", sagte Motorsport-Direktor Paul Hembery.


Fotos: Mercedes-Pirelli-Test in Barcelona


Die Konkurrenz fühlt sich benachteiligt

Die Konkurrenz sieht das anders. Sebastian Vettels Rennstall Red Bull und Ferrari hatten noch in Monaco offiziell Protest eingelegt, weil sie einen Wettbewerbs-Nachteil sahen. "Jeder Testkilometer bringt Vorteile", sagt Vettel im Gespräch mit der 'Süddeutschen Zeitung' und merkt an: "Dazu kommt: Mercedes hatte die Möglichkeit, Reifen zu testen, die wahrscheinlich in Silverstone zum Einsatz kommen werden. Ich denke, das ist ein Vorteil den anderen Teams gegenüber."

Zudem hatte die FIA Pirelli eine grundsätzliche Erlaubnis nur mit der Auflage erteilt, dass jedes Team die Möglichkeit zu einem solchen Test erhalten müsse. Dies war jedoch nicht der Fall, "andernfalls wären wir doch die Ersten gewesen, die ebenfalls mit einem aktuellen Auto hätten testen wollen", sagt Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali.

"Jeder Testkilometer bringt Vorteile." Sebastian Vettel

Dass Nico Rosberg und Lewis Hamilton bei den Tests angeblich Helme mit einer anderen Lackierung als sonst üblich trugen und damit auf den ersten Blick nicht zu erkennen waren, befeuert die Argumentation der Kritiker.

Doch keine neuen Reifen in Montreal...

Aufgrund des Protests verfassten die Stewards in Monte Carlo einen Bericht an die FIA, die im Anschluss Erklärungen von allen Beteiligten einholte. Auf Grundlage dieser wird nun das Verfahren eröffnet. Pirelli hatte wegen der harschen Kritik zuvor bereits die für Kanada angekündigten neuen Reifen zurückgezogen, da sie ebenfalls bei den Tests zum Einsatz gekommen waren. In Montreal dürfen die Teams nur für das Freitagstraining jeweils zwei Sätze der überarbeiteten Hinterreifen nutzen.

Das versteht Sebastian Vettel ganz und gar nicht. "Das ist ein bisschen wie Kasperletheater. Ich weiß nicht, wer dafür verantwortlich ist", meint er. "Die Reifen lösen sich ohne Fremdeinwirkung praktisch auf, sie verlieren komplett die Lauffläche, das ist für uns alle ein Sicherheitsrisiko." Dass es "gerade auf einer schnellen Strecke wie Kanada" nun keine neuen Reifen für das Rennen gebe, "ist für mich nicht erklärbar".