• 11.03.2013 15:46

Formel-1-Technik: Die Bremsen

Ein Blick hinter die Kulissen der Formel 1: Wie ist das Bremssystem des Autos aufgebaut und zu welchen atemberaubenden Leistungen ist es imstande?

(Motorsport-Total.com) - Wenn Nachwuchspiloten zum ersten Mal einen Formel-1-Rennwagen fahren, dann ist es fast immer die Verzögerung, die sie am meisten beeindruckt. Die Bremsleistung ist im wahrsten Sinne des Wortes atemraubend. Verzögerungswerte von über fünf g sind keine Ausnahme. Möglich werden solche Werte durch die Kombination aus aerodynamischem Anpressdruck mit einer extrem leistungsfähigen Bremsanlage. Im Gegensatz zu Bremsen in Serienautos bestehen die Scheiben nicht aus Stahl, sondern genau wie die Bremsbeläge aus Kohlefaser. Daraus ergibt sich nicht nur ein viel geringeres Gewicht - ein kompletter Satz Scheiben und Beläge wiegt weniger als zehn Kilogramm - sondern auch die Möglichkeit für eine extrem hohe Bremsenergie.

Titel-Bild zur News: Jenson Button, Bremsen

Die Kohlefaser-Bremsen erlauben enorm hohe Verzögerungswerte Zoom

Hoch ist allerdings auch der Preis. Für einen kompletten Satz Scheiben und Beläge werden rund 13.000 Euro fällig. An einem Rennwochenende verwendet man in der Regel einen Satz am Freitag, und dann einen neuen Satz, der das Qualifying und das Rennen überstehen muss. Während Scheiben und Beläge aus Kohlefaser bestehen, sind die Bremszangen aus einer Aluminium-Legierung gefertigt. Sie verfügen vorne und hinten über je sechs Zylinder. Aus Sicherheitsgründen besitzen Formel-1-Autos zwei Bremskreise, einen vorderen und einen hinteren, entsprechend gibt es auch zwei Hauptzylinder - für jeden Bremskreis einen.

Je nach Präferenz des Fahrers können deren Durchmesser variieren. Ein Hauptbremszylinder mit kleinerem Durchmesser ermöglicht zwar einen geringeren Maximaldruck, vermittelt dafür aber ein besseres Bremsgefühl. Apropos Druck: Beim Anbremsen der ersten Schikane in Monza drückt der Pilot mit bis zu 150 Kilogramm aufs Pedal. Allerdings tut sich dann auch richtig was: Das Auto verzögert von 335 km/h auf 90 km/h in 2,5 Sekunden auf gerade mal 130 Metern. Das wirkt wie ein Schlag in die Magengrube.

Eine wichtige Rolle für eine maximale Verzögerung spielt die richtige Temperatur der Scheiben. Der optimale Bereich liegt zwischen 350 und 550 Grad Celsius, wobei kurzfristige Spitzen bis 1000 Grad möglich sind. Je nach Strecke werden unterschiedliche Bremsbelüftungen verwendet: auf einem Bremsen mordenden Kurs wie Montreal besonders große, in Silverstone hingegen eher kleine.

Sebastien Buemi, Bremsen, Feuer

Ohne entsprechende Kühlung können die Bremsen Feuer fangen Zoom

In Sachen Bremsen ist es für die Piloten stets eine Herausforderung, hinter dem Safety-Car herzufahren, weil dann die Temperatur auf unter 200 Grad abfällt. Vor allem vor dem Neustart ist es von entscheidender Bedeutung, die Bremsen auf eine möglichst hohe Temperatur zu bringen. Aber Vorsicht: Wer dabei nicht sensibel genug vorgeht, riskiert, dass die Bremsscheiben verglasen. Das bedeutet, dass ihre Oberfläche aushärtet und sich die Bremsleistung signifikant verschlechtert.

Völlig normal ist es, dass die Fahrer während des Rennens die Bremskraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse verändern. Das können sie mittels eines Hebels im Cockpit. Neigen beispielsweise die Vorderräder zum Blockieren, verstellt der Pilot die Bremskraft ein wenig nach hinten, um die Vorderachse zu entlasten. Mit einem zweiten Hebel kann er zusätzlich die Bremskraft in einzelnen Kurven verstellen.

Lesen Sie bis zum Saisonauftakt alles über die Technik in der Formel 1. Bereits erschienen sind:
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