Button und Stewart: Vettels Ruf ist beschädigt

Jenson Button und Jackie Stewart üben wegen des Sepang-Fouls heftige Kritik an Sebastian Vettel, David Coulthard glaubt, dass der Weltmeister daraus lernen wird

(Motorsport-Total.com) - Abgesehen von ein paar kleinen Schönheitsfehlern im Stallduell mit Mark Webber galt Sebastian Vettel bis zum Grand Prix von Malaysia 2013 als Musterbeispiel in Sachen Fairness. Der Red-Bull-Pilot wurde auch nicht müde, dies besonders hervorzuheben, meinte nach seinem dritten WM-Triumph in Sao Paulo, dass es Teil seiner Erziehung war, ehrlich zu sein, während ihn die Konkurrenz von Ferrari auch "unter der Gürtellinie" attackiert habe. Vor allem sei es wichtig, sich am Ende "in den Spiegel schauen zu können", hatte er damals gemeint. Wie es ihm am Abend des 24. März, an dem er seinen Teamkollegen knallhart ausgetrickst hatte, beim Blick in den Spiegel erging, ist nicht bekannt.

Titel-Bild zur News: Jenson Button, Sebastian Vettel

Jenson Button sieht Vettels Missachtung der Teamorder als ernstes Vergehen Zoom

McLaren-Pilot Jenson Button glaubt aber, dass der Ruf des Heppenheimers durch die Ereignisse in Sepang nachhaltig Schaden genommen hat. "Das wird ihm langfristig wehtun", sagt er gegenüber dem 'Guardian'. Auch der Brite zeigte sich über das Verhalten seines Rivalen "überrascht", zumal dieser sich bei der Aktion dem direkten Befehl von Teamchef Christian Horner widersetzt hat: "Wir alle wollen gewinnen, aber er fährt für Red Bull, und sie müssen das Sagen haben. So oft hat sich das zu seinen Gunsten ausgewirkt."

Schenkt Vettel Webber einen Sieg? Button zweifelt

Er hält Vettels Missachtung der Teambefehle für eine "große Sache", auch, weil es dessen Teamkollegen den Sieg gekostet hat. Button glaubt daher nicht, dass Vettels Beziehung zu seinem Team und vor allem zum Teamkollegen Webber so leicht zu kitten sein wird: "So etwas kann für ein Problem sorgen. Selbst wenn sie sich hinsetzen und die Sache besprechen, ändert das nichts an dem, was passiert ist. Das ist immer noch in den Köpfen und lässt sich nicht einfach so auslöschen."

Bei der Pressekonferenz nach dem Rennen in Sepang wurde Vettel darauf angesprochen, ob er es sich vorstellen könnte, seinem Teamkollegen bei einem der kommenden Rennen den Sieg zurückzugeben. Er antwortete, dass er sich in einer dementsprechenden Situation an das Sepang-Foul "zurückerinnern" müsste. Button glaubt nicht, dass es dazu kommen wird: "Wie soll er Mark den Sieg zurückgeben? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das Rennen anführt und Mark den Sieg schenkt. Das ist sehr schwierig, und ich könnte das nicht."

Stewart geht mit Vettel hart ins Gericht

Auch Formel-1-Legende Jackie Stewart geht mit Vettel hart ins Gericht. Der Schotte hatte sich schon Ayrton Senna nach seinem Foul an Alain Prost beim Start in Suzuka 1990 zur Brust genommen und ihn in einem TV-Interview für sein unfaires Verhalten scharf kritisiert, nun nimmt er Vettel ins Visier.

"Ich habe ihn immer als den intelligentesten und abgeklärtesten 25-Jährigen eingeschätzt, den ich je im Rennsport gesehen habe, aber das hat sich geändert." Jackie Stewart

"Ich habe ihn immer als den intelligentesten und abgeklärtesten 25-Jährigen eingeschätzt, den ich je im Rennsport gesehen habe, aber das hat sich geändert", bringt er gegenüber dem 'Statesman' seine Enttäuschung zum Ausdruck. "Ich finde, dass er einen großen Fehler gemacht hat", sagt Stewart. "Ich kann wirklich nicht verstehen, was da in seinem Kopf abgelaufen ist. Das war eine krasse Fehleinschätzung in Hinblick auf das, was richtig und was falsch ist."

Coulthard: Vettel wird reifen

Stewarts Landsmann David Coulthard, der lange für Red Bull fuhr und weiterhin als Berater im Motorsportbereich tätig ist, geht mit Vettel nicht so hart ins Gericht und führt dessen Verhalten auch auf sein junges Alter zurück. "Ihm ist klar, wie man sich sportlich benehmen sollte, was erwartet wird, aber seine persönlichen Wünsche sind manchmal doch größer als das, was das Team oder die Öffentlichkeit erwartet", beschreibt er den Konflikt des dreifachen Weltmeisters.

Er glaubt aber an einen Lernprozess des Heppenheimers: "Die Tatsache, dass die öffentliche Reaktion so enorm ist, sorgt dafür, dass er das nicht vergessen wird. Jeder macht solche Erfahrungen und muss solche Lehren ziehen - manche als Teenager, manche, wenn sie älter sind. Er ist erst 25 Jahre alt. Das soll keine Entschuldigung sein, aber ich wusste mit 35 auch sehr viel mehr als mit 25."

"Das soll keine Entschuldigung sein, aber ich wusste mit 35 auch sehr viel mehr als mit 25." David Coulthard