Minardi: "McLaren hatte das Zeug, Red Bull einzuheizen"

Ex-Teamchef Giancarlo Minardi analysiert die wechselnden Kräfteverhältnisse im Formel-1-Jahr 2012 und findet, dass sich McLaren unter Wert verkauft hat

(Motorsport-Total.com) - Red Bull vor Ferrari und McLaren - das Endergebnis der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft 2012 spiegelt die Kräfteverhältnisse in der 63. Saison der Formel-1-Geschichte nur bedingt wider. Faktoren wie Zuverlässigkeit beziehungsweise Mangel an dieser im mechanischen Bereich, individuelle Fehler auf Seiten der Teams und Fahrer und nicht zuletzt die schwierig zu verstehenden Pirelli-Reifen sorgten dafür, dass sich das Blatt im Verlauf der Saison 2012 mehrfach wendete.

Titel-Bild zur News: Runde eins im Grand Prix von Indien 2012

Als nach 20 Rennen abgerechnet wurde, lag Red Bull vor Ferrari und McLaren Zoom

Für den ehemaligen Teamchef Giancarlo Minardi, der die Formel 1 inzwischen von der heimischen Couch aus verfolgt, war das gerade zu Ende gegangene Rennjahr eines, in dem sich allen voran McLaren unter Wert verkaufte. Red Bull hingegen schlug im entscheidenden Moment zurück und Ferrari hielt sich tapfer - so die Ansicht des Italieners.

"Wenn man die gesamte Saison analysiert, lässt sich festhalten, dass Red Bull nicht zuletzt aufgrund der Reifenprobleme einen schwierigen Saisonbeginn hatte. Zusammen mit Vettel erholten sie sich aber schnell und wurden eine siegreiche Kombination", urteilt Minardi und fügt an: "Auch in Zukunft werden sie das Auto haben, das es zu schlagen gilt. Zur Freude der Gegner ist die Achillesferse die Zuverlässigkeit." Auch in puncto Umgang mit den Fahrern - Stichwort Teamorder - und bei den Boxenstopps sieht der ehemalige Teamchef noch Verbesserungsbedarf bei Red Bull.

Bei der Beurteilung der Leistung des McLaren-Teams im abgelaufenen Rennjahr tut sich Minardi deutlich schwerer. "Mit den Hard- und den Medium-Reifen waren sie das stärkste Team. Die sieben Siege waren in erster Linie auf diese beiden Reifenmischungen zurückzuführen", stellt der Italiener heraus und erhält Bestätigung für seine Annahme. McLaren-Pilot Jenson Button brachte dieser Tage erneut seinem Wunsch nach einer Veränderung der Pirelli-Reifen zum Ausdruck, indem er anmerkte: "Es wäre schön, wenn sich das Arbeitsfenster der Reifen etwas ändern würde."

Doch auch losgelöst von der Reifen-Problematik verkaufte sich McLaren nah Ansicht Minardis unter Wert. "Sie hatten das Zeug, den Champions einzuheizen, doch aufgrund hausgemachter Probleme, Fehlern bei den Boxenstopps und Zuverlässigkeitsproblemen konnten sie ihren Vorteil nicht umsetzen", spricht der Italiener die diversen Ablenkungen im Lager der "Chrompfeile" an, die in Form des Abschieds von Lewis Hamilton in Richtung Mercedes ihren Höhepunkt erreichten.

Ferrari rechnet es der inzwischen 65-jährige, langjährige Minardi-Teamchef hoch an, dass sie "mit einem nicht wettbewerbsfähigen Auto um den WM-Titel gekämpft haben". Der Italiener schreibt diese Leistung allen voran einem "brillanten Fernando Alonso, der seine beste Saison überhaupt fuhr" zu.

"Das italienische Team trat in Monza mit einem 'grenzwertigen' Auto an und zeigte eine defensive zweite Saisonhälfte", kritisiert Minardi die nur langsam voranschreitende Entwicklung in Maranello und zeigt sich beeindruckt, dass es Ferrari "trotzalldem geschafft hat, die Weltmeisterschaft auf Platz zwei abzuschließen". Im Vergleich zur Konkurrenz stellt Minardi bei Ferrari die "beste Zuverlässigkeit im Feld" als positiv heraus. Tatsächlich war die Scuderia das einzige Team, das die 20 Grands Prix des Jahres 2012 ohne einen einzigen technisch bedingten Ausfall absolvierte.