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  • 16.09.2012 14:10

  • von Felix Matthey

Brawn: Das Testen hat sich mehr und mehr verlagert

Testfahrten gehörten früher zur Tagesordnung, seit einigen Jahren verlagert sich die Arbeit der Teams immer mehr in die Fabriken, wie Meredes-Teamchef Brawn erklärt

(Motorsport-Total.com) - Die Young-Driver-Tests im Juli in Silverstone und in dieser Woche in Magny-Cours stellten - abgesehen von einem mehrtägigen Test in Mugello zu Saisonbeginn - die einzige Möglichkeit für die Formel-1-Teams dar, innerhalb einer Saison ihre Autos auf der Strecke weiterzuentwickeln. Im Zuge des Ressourcen-Restriktions-Abkommens (RRA) wurden die Testfahrten in den vergangenen Jahren zusehends limitiert.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn (Mercedes-Teamchef)

Ross Brawn bekleidete früher bei Ferrari den Posten des Technischen Direktors

Bis vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Während der Saison gab es zahlreiche Testfahrten, die Teams verfügten über eigens aufgestellte Test-Teams, also Mechaniker und Ingenieure, die sich ausschließlich bei Testfahrten um die Boliden kümmerten. Dies ließ die Kosten der Teams regelrecht explodieren. Das RRA sorgte dafür, dass die Testfahrten limitiert wurden um die Lücke zwischen finanziell gut und schlechter gestellten Teams nicht noch größer werden zu lassen. Ähnliches galt übrigens für den Motorenbereich, der ebenfalls stark reglementiert wurde.

Bevor das RRA in Kraft trat, wurde die Möglichkeiten zu Testfahrten vor allem von Ferrari geradezu exzessiv ausgenutzt. Das lag vor allem daran, dass die Scuderia in Mugello und Fiorano über eigene Teststrecken verfügt, letztere liegt direkt neben der Fabrik des Teams. Entwicklungen konnten somit augenblicklich auf der Strecke getestet werden. Es kam sogar vor, dass Michael Schumacher während seiner Ferrari-Zeit während eines Rennwochenendes in Monaco, wo das Freie Training donnerstags stattfindet, am Freitag noch nach Fiorano flog, um Teile zu testen, die am selben Wochenende eingesetzt wurden. Ein so genannter Shakedown vor jedem Rennen war bei den "Roten" ohnehin obligatorisch.

"Als ich bei Ferrari war, haben wir sehr intensiv und sehr eifrig getestet", erklärt der heutige Mercedes-Teamchef Ross Brawn, der zwischen 1997 und 2006 Technischer Direktor bei Ferrari war. "Uns standen zwei Rennstrecken exklusiv zur Verfügung. Wir konzentrierten uns natürlich darauf, so effektiv wie möglich die Leistung des Autos zu verbessern, was in diesem Fall Testfahrten waren." Zu dieser Zeit gab es noch zwei unterschiedliche Reifenhersteller in der Formel 1. Zuerst Goodyear und Bridgestone, später löste Michelin Goodyear als zweiten Ausrüster ab.

Seit 2007 war Bridgestone alleiniger Ausrüster der Formel 1, nachdem sich Michelin 2006 aus der Königsklasse zurückgezogen hatte. Seit 2011 beliefert einzig Pirelli die Königsklasse. Der "Reifenkrieg", der umfangreiche Reifen-Tests mit sich brachte, war damit beendet. Dieser sei in den Augen Brawns heutzutage angesichts der restriktiven Test-Regularien auch in damaligen Form gar nicht mehr möglich: "Ich denke, wenn wir heute noch einen Reifenkrieg hätten, würde er sich durch die Beschränkung der Testfahrten sehr schwierig gestalten", so der Brite.

Felipe Massa

Testfahrten in Fiorano waren für Ferrari früher an der Tagesordnung Zoom

Die Tests hätten sich laut Brawn in den letzten Jahren aufgrund der Beschränkungen mehr und mehr in die Fabriken der Teams verlagert. Man experimentiert nun mehr im Windkanal. Die Piloten trainieren außerdem in detailgetreuen, realistischen Simulatoren um sich auf ihre Einsätze bestmöglich vorzubereiten.

"Was die Aerodynamik und das mechanische Verhalten des Autos angeht, gibt es umfangreiche Simulationen", erklärt Brawn, der glaubt, dass sein ehemaliger Arbeitgeber Ferrari dabei eine Vorreiterrolle einnahm: "Ferrari war in dieser Disziplin sehr stark. Wir haben damals schon mit dem Gedanken gespielt, Fahrer in den Simulator zu schicken. Ich denke, dass die meisten Teams mit dieser Art von Technologie heutzutage gut beraten sind."