Whitmarsh fordert Dreierabkommen mit der FIA

Martin Whitmarsh wünscht sich, dass Bernie Ecclestone in Sachen Concorde-Agreement die FIA einbindet - Lotus möchte Mitglied der Regel-Task-Force werden

(Motorsport-Total.com) - Bernie Ecclestone ist in Sachen Concorde-Agreement wieder einmal über die Medien vorgeprescht, denn in einem Interview mit der 'Daily Mail' verkündet er heute, dass nun endlich alle Teams an Bord sind. Das würde bedeuten, dass in den vergangenen Wochen auch Caterham, HRT, Marussia und vor allem Mercedes unterschrieben haben.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh bezweifelt, ob Bernie Ecclestone die Wahrheit sagt

Doch ob dem wirklich so ist, wird im Paddock bezweifelt. Mercedes gibt zu dem Thema offiziell keine Stellungnahme ab, und laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' hat zusätzlich zu den acht anderen Teams bisher nur Caterham unterschrieben. Mercedes, HRT und Marussia sollen noch fehlen. "Mein Wissensstand ist, dass die Mehrheit der Teams eine kommerzielle Vereinbarung unterschrieben hat", weicht auch FOTA-Chef Martin Whitmarsh aus.

Zudem ist noch keineswegs ein "echtes" Concorde-Agreement unterschrieben, sondern lediglich eine Art Vorvertrag, angeblich nur knapp 60 (statt 350) Seiten stark. "Es hängt davon ab, wie man ein Concorde-Agreement definiert", meint Whitmarsh. "In den vergangenen Jahren wurde ein Concorde-Agreement als Dreierabkommen verstanden. So eine Vereinbarung wurde nicht unterschrieben, glaube ich. Falls doch sind wir kein Teil davon."

Whitmarsh will ein Dreierabkommen

Der McLaren-Teamchef bringt damit zum Ausdruck, dass er die FIA gerne als voll integrierten Concorde-Partner eingebunden wüsste, wie das auch bei den bisherigen sechs Agreements immer der Fall war. Ob ein Concorde-Agreement ohne FIA überhaupt möglich ist? "Du kannst eine rein kommerzielle Vereinbarung haben, aber letztendlich, wenn du in einer FIA-Meisterschaft antrittst, dann wäre es äußerst verwirrend, im Gegensatz zu früher kein Dreierabkommen mehr zu haben", sagt er.

"Es wäre gut, eine Vereinbarung zu haben, die erstens alle Teams einschließt, zweitens den Inhaber der kommerziellen Rechte und drittens die FIA", fordert Whitmarsh, dessen Team sich erst nach kurzem Zögern auf Ecclestones Angebot eingelassen hat, im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Ich hoffe, wir werden in diese Richtung arbeiten. In der Vergangenheit war der Verhandlungsmechanismus ein simultaner Prozess. Das bedeutete, dass wir alle zusammenkamen."

"Jetzt wird das von einigen Teams und dem Inhaber der kommerziellen Rechte anders angegangen, nämlich schrittweise, indem einzelne Teams unter Vertrag genommen werden", spricht er die neue Verhandlungstaktik von Ecclestone an. Nachteil: "Da bleiben die meisten Teams außen vor." Dabei wäre die stabilisierende finanzielle Gewissheit eines Concorde-Agreements gerade für HRT und Marussia lebenswichtig.

Whitmarsh bezweifelt nämlich, dass schon alle unterschrieben haben: "Es gibt einige Teams, die knapp vor der Unterschrift stehen", sagt er. "Bernie scheint das Gefühl zu haben, dass er nahe dran ist, die übrigen Teams unter Vertrag zu nehmen und einen Deal mit der FIA zu unterschreiben. Ich hoffe, dass sich das dann in eine einheitliche Vereinbarung einarbeiten lässt, denn das braucht der Sport im Sinne der Stabilität."

Teams stellen keine Bedingungen

Die Bedingung formulieren, dass die FIA an Bord sein muss, kann Whitmarsh offenbar nicht: "Normalerweise kannst du in solchen Fragen keine an Bedingungen geknüpfte Vereinbarung eingehen. Soweit ich weiß sind alle bisher unterschriebenen Vereinbarungen ohne Bedingungen, aber ich habe nicht alle gesehen", erklärt er und stellt noch einmal klar: "Es ist eine rechtlich bindende kommerzielle Vereinbarung."

Ecclestone hat offenbar nicht vor, die FIA in die Concorde-Verhandlungen einzubinden. Um die Teams auf seine Seite zu ziehen, bietet er ihnen an, das Reglement künftig selbst erstellen zu dürfen. Dazu soll eine Art Task-Force mit den wichtigsten Teams gegründet werden. "Da wollen wir dabei sein und mehr als nur ein bisschen Einfluss haben, wenn die Regeln erstellt werden", erklärt Lotus-Teamchef Eric Boullier gegenüber 'Motorsport-Total.com'.

Derzeit werden alle Regeländerungen in der Technischen oder Sportlichen Arbeitsgruppe, der alle Teams angehören, diskutiert und ausgearbeitet. In zweiter Instanz kann die Formel-1-Kommision eine Regel durchwinken oder ihr Veto einlegen. Letzten Endes muss dann der FIA-Motorsport-Weltrat ratifizieren - ein System, mit dem die Teams auch in Zukunft leben könnten. Aber ohne Concorde-Agreement sind derzeit auch diese Prozesse nicht für die Zukunft abgesichert.

Daher sagt Boullier: "Ich stimme Bernie voll zu, denn die Teams geben das Geld aus. Da sollten wir zumindest ein Mitspracherecht haben, wenn das zukünftige Reglement erstellt wird. Man kann uns nicht völlig übergehen. Klar, wir können auch manchmal Fehler machen, und dann geben wir einen Haufen Geld für eine Änderung aus, die dem Sport nichts bringt. Wir wollen nicht, dass die Formel 1 regiert wird, ohne dass man unsere Standpunkte zumindest anhört."