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  • 07.07.2012 22:38

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

McLaren beim Heimspiel: "Du musst clever sein"

Nach einem durchwachsenen Qualifying hoffen Jenson Button und Lewis Hamilton auf eine starke Leistung im Rennen: Was ist drin in Silverstone?

(Motorsport-Total.com) - Noch im Freien Training hatte McLaren einen sehr starken Eindruck gemacht, doch im Qualifying lief es auf einmal nicht mehr so rund: Jenson Button und Lewis Hamilton kamen im nassen Silverstone nicht in die Nähe der ersten Startreihe und gehen ihr Heimrennen mitten aus dem Starterfeld an. Doch wieder einmal hatte Hamilton im entscheidenden Augenblick das bessere Händchen bei McLaren.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton und McLaren zählen im Rennen nicht unbedingt zu den Favoriten

Der Weltmeister von 2008 sicherte sich den achten Startplatz, während Button überhaupt nicht auf Touren gekommen war. Der Weltmeister von 2009 war bereits in Q1 ausgeschieden und nimmt den Großen Preis in seinem Heimatland nur vom 18. Rang aus auf. Eine bittere Enttäuschung für das Team, das sich so viel ausgerechnet hatte. Doch Button und Hamilton werfen die Flinte nicht ins Korn.

Das regnerische Wetter in und um Silverstone könnte ihnen - wenn schon nicht im Qualifying, dann vielleicht - im Rennen in die Karten spielen. Darauf baut das britische Duo zumindest. "Es ist natürlich eine Hilfe, dass wir in diesem Land aufgewachsen sind, in dem es häufig regnet. Wir haben also schon viele Regenrennen bestritten. Deshalb haben wir da vielleicht mehr Erfahrung", sagt Hamilton.

Und genau diese Erfahrung möchte der McLaren-Pilot am Sonntag ausspielen. Wie schon 2008, als er im strömenden Regen triumphierte. Doch dieses Mal wird es schwieriger: "Du musst deine Reifen am Arbeiten halten, dich aus allen Scharmützeln und aus stehendem Wasser heraushalten. Da wird uns unsere Erfahrung gut zu Gesicht stehen. Am Sonntag kann aber alles Mögliche passieren."

"Am Sonntag kann alles Mögliche passieren." Lewis Hamilton

"Das ist ja das Spannende daran", meint Hamilton und fügt hinzu: "Du musst mit Herz und Hirn zur Sache gehen und es probieren." Für Button stellt sich die Situation etwas anders dar. "Ich habe deutlich weniger Punkte auf dem Konto als Lewis. Ich werde aber versuchen, ein aggressives Rennen hinzulegen. Es gibt viele Möglichkeiten. Du musst clever sein", erklärt der zweite McLaren-Fahrer.

Reicht es, einfach nur durchzukommen?

"Ich unterstreiche da nur das Offensichtliche, doch am Ende kommt es darauf an. Dann musst du auf der Matte stehen. Wenn du ein ordentliches Rennen hast und ins Ziel kommst, dann solltest du eine gute Chance habe, einige Punkte mitzunehmen. Das ist bei solchen gemischten Bedingungen immer der Fall. Einfach wird es nicht. In Silverstone haben wir dieses Mal im Nassen nur sehr wenig Grip."

"Das ist sehr ungewöhnlich. Ich kann mich nicht erinnern, dass es schon einmal so der Fall gewesen ist. Vielleicht liegt es am Asphalt oder einem neuen Belag. Ich weiß es nicht. Es fühlt sich einfach nur sehr rutschig an", meint Button. Gerade darin sieht er am Sonntag seine große Chance: "Wir sehen sicher mehr Fehler. Du musst versuchen, die Ruhe zu bewahren, wenn andere zu hitzig agieren."

"Du musst versuchen, die Ruhe zu bewahren, wenn andere zu hitzig agieren." Jenson Button

Und schon am Start könnte es zu einer derartigen Situation kommen, sofern das Feld überhaupt gleich auf die Reise geschickt wird. Die GP2 fuhr am Samstagabend jedenfalls hinter dem Safety-Car los - zu gefährlich erschien der Rennleitung ein ganz normales Startprozedere mit stehenden Autos. Der Formel 1 könnte am Sonntag ein ähnliches Szenario blühen, wenn der Regen weiter anhält.

Wird zur Sicherheit stehend gestartet?

"Es ist oft sicherer, einen fliegenden Start zu haben", sagt Hamilton. "Mir sind stehende Starts generell lieber, doch hier ist die Gischt einfach unglaublich. Ich bin mir nicht sicher, weshalb es hier schlimmer ist als auf anderen Kursen. Du siehst hier fast gar nichts. In Q3 lag ich auf meiner Aufwärmrunde hinter ein paar Autos. Wir fuhren auf Copse zu. Ich wusste nicht, wie ich da reagieren sollte."

"Du siehst das Auto vor dir halt nicht, obwohl es nur zehn oder fünf Meter vor dir fährt. Du siehst es einfach nicht", erklärt der McLaren-Pilot. Und das ist nicht das einzige Problem, das sich den Teams und ihren Piloten in den Weg stellt. Mindestens ebenso entscheidend ist schließlich die richtige Reifenwahl. Trockenreifen, Intermediates oder Regenpneus - da kann man vieles falsch machen.

"Es ist oft sicherer, einen fliegenden Start zu haben." Lewis Hamilton

Paddy Lowe, der Technische Direktor von McLaren, weiß, von was er dabei spricht: "Im Qualifying war es ein Albtraum, die richtige Entscheidung bei den Reifen zu treffen. Es ist eine sehr stressige Sache, darüber zu befinden, welche Pneus funktionieren werden. Und dann musst du auch noch darauf achten, wo du auf die Strecke kommst. Besonders schwierig war es in Q3", meint der Brite.


Fotos: McLaren, Großer Preis von Großbritannien


Die Boxenstopps als Handicap?

Und dann wäre da natürlich noch ein Problem, das McLaren 2012 wie ein Schatten zu folgen scheint: schlechte Boxenstopps. In den vergangenen Rennen lief es einfach nicht optimal für die Crew, die im gleichen Zeitraum allerdings auch die schnellsten Stopps des aktuellen Jahres zustande brachte. "Du kannst niemals zufrieden sein", sagt Teamchef Martin Whitmarsh zu dieser kuriosen Situation.

"Diese Jungs wechseln die Reifen in unter drei Sekunden. Das ist schon ein starkes Stück. Wir haben aber wieder einmal viel Arbeit in diese Geschichte investiert. Wir hatten schon sehr gute Boxenstopps. Wir brauchen da einfach Konstanz", meint Whitmarsh. Ein Mittel, um gute und sichere Reifenwechsel zu haben, sei vielleicht, nicht unnötig viel zu riskieren, betont der Teamchef des Traditionsrennstalls.

"Wir brauchen da einfach Konstanz." Martin Whitmarsh

"Wir bewegen uns jetzt in der Region von tiefen Zwei-Sekunden-Standzeiten. Wir sollten vielleicht nicht versuchen, unter zwei Sekunden zu gelangen. Ich wäre ja vollkommen zufrieden, wenn jeder einzelne Reifenwechsel in unter drei Sekunden über die Bühne gehen würde", sagt Whitmarsh. Und am Sonntag könnte es viele davon geben: Die Wettervorhersage spricht von sehr viel Regen ...