Marko: "Dachte, die Formel 1 geht nach sportlichen Regeln"

Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko findet, dass die Formel 1 zu politisch ist, Sebastian Vettel glaubt aber nicht an eine Verschwörung gegen Red Bull

(Motorsport-Total.com) - Zuerst die plötzliche Verurteilung Red Bulls, bei den Motorenmappings gegen die Regeln verstoßen zu haben, dann die Bestrafung Sebastian Vettels, weil er neben der Strecke Jenson Button überholt hatte - dieser Rennsonntag in Hockenheim brachte bei Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko das Fass zum Überlaufen.

Titel-Bild zur News: Helmut Marko (Red-Bull-Motorsportchef)

Helmut Marko hadert mit den Entscheidungen der Regelhüter

"Dieses Wochenende in Hockenheim: Das war ein bisschen viel auf einmal", zeigt sich der Österreicher gegenüber 'ServusTV' ermüdet von den ständigen Diskussionen über sein Team. Marko deutet an, dass er eine Verschwörung gegen das Weltmeisterteam nicht ausschließt. "Es sind scheinbar verschiedene Maßstäbe, mit denen hier gemessen wird", glaubt er.

Red Bull regelmäßig auf der Verliererseite

Tatsächlich war Red Bull dieses Jahr bei Reglemententscheidungen schon öfter auf der Verliererseite. Alles begann mit dem technischen Reglement für die Saison 2012, das ein Verbot des flexiblen Frontflügels und des abgasangeblasenen Diffusors vorsah - zwei der Schlüsselfaktoren für die Red-Bull-Erfolge der vergangenen Jahre.

Der hinter den Kulissen tobende Kampf um die Ressourcen-Restriktion, bei dem sich die beiden Mateschitz-Teams Red Bull und Toro Rosso gegen die restliche Rennstall-Armada stellen, könnte ein weiterer Anlass für die Paranoia in Milton Keynes sein. Dazu kommt, dass Ferrari seit Saisonbeginn aus einer Fehlkonstruktion in kürzester Zeit ein Siegerauto gezaubert hat - FIA-Boss Jean Todt wird als Ex-Teamchef ein Naheverhältnis zu den Roten aus Maranello unterstellt, sein Sohn fungiert dort immer noch als Manager von Felipe Massa.

"Es sind scheinbar verschiedene Maßstäbe, mit denen hier gemessen wird." Helmut Marko

Krude Verschwörungstheorien besagen, dass der Verbleib des bereits heftig wackelnden Massa in Maranello an gewisse Bedingungen geknüpft war. Außerdem war das Traditionsteam seit 2007 nicht mehr Weltmeister - ein roter Champion würde nach den Jahren der Red-Bull-Dominanz etwas Abwechslung in die Formel 1 bringen.

Großer Ärger in Valencia

Wird Red Bull also von der FIA absichtlich eingebremst? Bereits in Valencia haderte Red Bull mit der Entscheidung der Rennleitung, das Safety-Car auf die Strecke zu schicken. Marko ortete bereits "amerikanische Verhältnisse", um das Rennen spannender zu machen. Zum diesem Zeitpunkt lag Sebastian Vettel überlegen in Führung, zu allem Überdruss ging dann auch noch seine Lichtmaschine kaputt, als das Rennen neutralisiert war.

Im gleichen Rennen war Marko noch ein zweites Mal mit einer Entscheidung der Rennkommissare unglücklich: Weil Michael Schumacher bei Gelber Flagge unter heftigem Druck den Heckflügel flachgestellt hatte, forderte Marko eine Strafe gegen den Rekordweltmeister, der dadurch seinen ersten Podestplatz seit dem Comeback verloren hätte.

"Schumacher macht in Valencia das Gleiche und bekommt keine Strafe." Helmut Marko

Die Argumentation des Österreichers: Vettel hatte in Barcelona wegen eines ähnlichen Vergehens eine Durchfahrtsstrafe kassiert. "Schumacher macht in Valencia das Gleiche und bekommt keine", ärgert sich Marko heute noch. Doch die FIA sah von einer Strafe ab, weil Schumacher trotz DRS in der besagten Passage langsamer als in den Runden davor gefahren war.

Marko: Zu viel Politik in der Formel 1

Oder spielte gar der Gedanke eine Rolle, dass man die medienwirksame Geschichte um "Schumis" Erfolgserlebnis nicht beschädigen wollte? "Ich habe gedacht, das geht nach sportlichen Regeln", hinterfragt Marko diese Theorie. "Nicht, dass da auch noch Gefühle mitspielen."

Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass Politik in der Formel 1 seit jeher eine gewichtige Rolle spielt. Verschafft sich das Weltmeisterteam, das im Gegensatz zu den mit allen Wassern gewaschenen Platzhirschen Ferrari und McLaren erst seit kurzem zu den Topteams zählt, in diesem Bereich zu wenig Gehör und gerät deshalb bei strittigen Entscheidungen immer wieder unter die Räder?

"Unser Job ist nicht, permanent in sportpolitische Diskussionen verstrickt zu sein." Helmut Marko

Marko will das nicht gelten lassen: "Wir zeigen ja auf, dass gleiche Vergehen unterschiedlich geahndet werden." Er findet aber, dass Weltmeisterschaften nicht auf dem politischen Parkett entschieden werden sollten: "Unser Job ist, das schnellste Auto zu machen und als Team so gut wie möglich zu arbeiten. Aber nicht, permanent in sportpolitische Diskussionen verstrickt zu sein."

Vettel glaubt nicht an Verschwörung

Weltmeister Vettel, dessen Ärger nach Valencia und Hockenheim groß war, hat sich inzwischen wieder beruhigt und glaubt nicht an eine Verschwörung: "Ich verschwende keine Energie in irgendwelche Verschwörungstheorien."

Dass ein etwaiger Verdacht allerdings aufkommen könnte, will er nicht bestreiten: "Natürlich, den Eindruck konnte man vielleicht bekommen in den letzten Wochen. Aber ich denke, über eine Saison hinweg gleicht sich alles immer aus."


Fotos: Großer Preis von Ungarn