• 30.07.2012 13:25

  • von Felix Matthey

Formel 1 virtuell - Fahrsimulatoren gewinnen an Bedeutung

Im Zuge der strikter werdenden Testbeschränkungen müssen viele Formel-1-Teams Testfahrten in Simulatoren durchführen - diese sind oft wichtiger als sie erscheinen

(Motorsport-Total.com) - Es ist eine Szene wie aus dem bekannten Hollywood-Streifen "Apollo 13": Ein Mann mit Hemd und Krawatte sitzt vor einem Mikrofon, blickt auf eine ganze Reihe an Monitoren, die vor ihm aufgestellt sind. Das Licht ist gedimmt, die Atmosphäre wirkt ein wenig angespannt. Die Person spricht mehrmals die Person am anderen Ende der Funkverbindung an - "Valtteri, verstanden? Valtteri, hast du mich verstanden?" - und bekommt nach kurzer Zeit die knappe Antwort: "Verstanden, ich bin bereit."

Titel-Bild zur News: Scheich Khalid bin Hamad Al-Thani im Williams-Simulator

Der hauseigene Williams-Simulator dient als Ersatz für Testfahrten auf der Rennstrecke

Wir befinden uns allerdings keineswegs in Cape Canaveral, dem bekannten Raketenstartgelände der NASA in den USA, sondern im britischen Grove. Genauer gesagt im Hauptquartier des Formel-1-Teams Williams. Bei Valtteri handelt es sich auch nicht etwa um einen Raumfahrer oder Kampfjet-Piloten, sondern um den Testfahrer des Traditionsrennstalls, Valtteri Bottas.

Er nimmt zu Testzwecken im Formel-1-Simulator Platz, wird dazu in einem detailgetreuen Williams-Chassis samt Lenkrad und Pedalen in eine Art Tunnel geschoben, in dem eine 180-Grad-Leinwand echtes Rennfeeling vermittelt. "In diesem Cockpit ist alles genauso wie im echten Auto: Die Sitzposition und das Lenkrad mit all seinen Knöpfen sind zum Beispiel identisch", schildert der Finne gegenüber 'CNN'. "Man kann sogar die Bremsbalance verstellen und DRS benutzen, was einen dann im Simulator auch schneller macht."

Fahrsimulator ist mehr als nur eine Spielerei

Es mag sich im ersten Moment wie ein großer Spaß anhören, eine Spielerei. Doch die Arbeit in Simulatoren nimmt für die Formel-1-Teams aufgrund des immer strikteren Testverbots an Bedeutung zu. 2013 soll es vor der Saison nur noch zwölf Testtage geben und gar keine mehr während der Saison.

"Wir entwickeln das Auto im Simulator weiter", erklärt besagter Mann mit Hemd und Krawatte, bei dem es sich um Dominic Harlow, Senior-Operations-Ingenieur bei Williams, handelt. "Theoretisch sollten alle Veränderungen, die wir hier an Teilen des Autos vornehmen, auf der echten Strecke genau den gleichen Effekt haben wie im Simulator. Wir können ihn benutzen, um etwa die Aufhängung, den Motor, Antrieb oder die Aerodynamik weiterzuentwickeln. Durch diese Arbeit kann man durchaus vier oder fünf Positionen im Feld gutmachen."

"Durch diese Arbeit kann man durchaus vier oder fünf Positionen im Feld gutmachen." Williams-Ingenieur Dominic Harlow

Die Abläufe sind dabei genauso wie bei den Testfahrten: Der Ingenieur lässt Veränderungen am Auto vornehmen, der Pilot fährt anschließend auf die Strecke und gibt dann ein Feedback. "Das Auto untersteuert in den langsamen Kurven leicht, wenn ich von der Bremse gehe", lautet etwa die Einschätzung von Bottas als er eine virtuelle Runde auf der Formel-1-Strecke von Budapest dreht. Ein Lösungsvorschlag seitens Ingenieur Harlow kommt sofort via Funk: "Okay, verstanden. Ich denke, wir sollten dann für den nächsten Versuch den Frontflügel etwas steiler einstellen."

Nicht alle Teams können auf eigene Simulatoren zurückgreifen

Williams ist nicht das einzige Team, das über einen Fahrsimulator verfügt. Auch andere Top-Teams wie Red Bull oder McLaren verfügen über selbige Technologie. Kleine Formel-1-Teams wie Caterham, Marussia oder HRT können aufgrund ihres stark begrenzten Budgets hingegen zumindest keinen eigenen Simulator nutzen, sondern den von Top-Teams. Die Größe des Budgets ist einmal mehr entscheidend.

Übrigens vertrauen nicht alle Fahrer auf Fahrten in Simulatoren. Lotus-Pilot Kimi Räikkönen hält beispielsweise wenig von virtuellen Testfahrten und zieht es vor, Entwicklungsarbeiten auf echten Rennstrecken durchzuführen. Auch Michael Schumacher soll sich in Simulatoren nicht sehr wohl fühlen.

Die vorgenommenen Veränderung an der Abstimmung von Bottas' virtuellen Formel-1-Boliden im Williams-Simulator trugen übrigens Früchte: Das bemängelte Untersteuern am Kurveneingang war nicht mehr so stark und der 22-Jährige verbesserte seine Rundenzeit um neun Zehntelsekunden.