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  • 22.06.2012 18:11

Webber: "Alles was ich tun kann, ist, so weiterzumachen"

Mark Webber im Interview über seine wiedergefundene Form, seinen Spaß an der Formel 1, die Ferrari-Gerüchte und die Zeit nach dem Karriereende

(Motorsport-Total.com) - Mark Webber gewann in diesem Jahr zum zweiten Mal den prestigeträchtigen Monaco-Grand-Prix und heizt Weltmeister Sebastian Vettel im Red-Bull-Team ähnlich wie in der Saison 2010 ordentlich ein. Die Gerüchteküche schreibt den Australier, der im August 36 Jahre alt wird, für die kommende Saison immer wieder zu Ferrari.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Nach der durchwachsenen Saison 2011 hat Webber die Freude wiedergefunden

Im Interview spricht Webber über die Genugtuung, die ihm sein Sieg in Monte Carlo und andere Rennen im Verlauf seiner Karriere bereiteten, über die Ferrari-Gerüchte und über die Zeit nach seiner Formel-1-Karriere.

Frage: "Mark, anhand der Einträge auf deinem Twitter-Account muss die Feier nach deinem zweiten Monaco-Sieg großartig gewesen sein. Was kannst du davon berichten?"
Mark Webber: "Das stimmt, es war eine große Feier, die aber für andere Menschen wohl eher lahm gewesen wäre. Es war einfach großartig und passierte mitten in der Saison. Wir feierten natürlich nicht den Gewinn einer Weltmeisterschaft, aber du musst diese Momente einfach genießen. Es ist wichtig, gemeinsam mit dem Team etwas Druck wegzunehmen. Leider bin ich in solchen Dinge nicht sehr belastbar. Ich hing also an den Tagen darauf ein wenig durch, aber das ist ein großartiges Problem, das man haben kann."

Frage: "Viele Fahrer geben vor, dass sie sich nicht großartig um Statistik kümmern. Welche Bedeutung misst du deinem zweiten Monaco-Sieg bei?"
Webber: "Ich gehöre sicher nicht zu denen, die eine großartige Leistung kleinreden. Ein so prestigeträchtiges Rennen wie das in Monaco zweimal zu gewinnen, ist etwas, an das ich mich noch lange erinnern werde. Ich mag es, zurückzuschauen. Monaco war der erste Grand Prix, den ich live im Fernsehen verfolgt habe. Es war das Jahr, als Nigel (Mansell) im Regen den Hügel hinauf seinen Unfall hatte (1984; Anm. d. Red.). Ich fragte mich damals wie er wohl das hinbekommen hat, denn als Youngster weißt du doch alles... Du siehst die weißen Linien auf dem Asphalt und das Wasser und weißt, mit welcher Motorleistung du unterwegs bist."

Mark Webber

Mark Webber genoss seinen zweiten Monaco-Sieg in vollen Zügen Zoom

"Jeder Grand-Prix-Sieg ist etwas Besonderes, aber einige stehen doch über anderen. Ich vermute, dass viele Fahrer erst nach ihrer Karriere zurückblicken, weil sie solange sie fahren noch weitere Siege hinzufügen. Ich hatte nach dem Rennen in Monaco ein nettes Gespräch mit Jackie Stewart. Er sagte zu mir, dass er sich wahnsinnig für mich gefreut hat, weil ich am gesamten Wochenende sensationell gut gefahren wäre. Gleichzeitig legte er mir nahe, dort nicht noch einmal zu gewinnen, denn er hat drei Monaco-Siege auf dem Konto..."

Nicht nur Siege vermitteln Genugtuung

Frage: "Die Siege eines Fahrers werden immer als großartige Fahrten dargestellt. Gab es in deiner Karriere auch Rennen, nach denen du das Gefühl hattest, die absolute Topleistung abgeliefert zu haben, aber es nahm niemand zur Kenntnis?"
Webber: "Oh ja, absolut. Es gab eine ganze Reihe solcher Rennen. Auf Anhieb fällt mir Monaco 2002 im Minardi ein. Ich glaube, ich lag damals auf Platz acht mit einer Menge großer Namen hinter mir, vor denen ich in der Theorie nicht hätte liegen sollen. Leider hatte ich dann einen Reifenschaden und musste an die Box. Ich hatte aber das Gefühl, dass ich ein anständiges Rennen zeigte."

Frage: "Sind Fahrten wie diese genauso befriedigend wie Siege?"
Webber: "Nein. Dennoch musst du damit zufrieden sein, denn du hast nicht immer ein Auto, das gut genug ist, um damit aufs Podium zu fahren. Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, weißt du normalerweise, ob du das Beste herausgeholt hast - sowohl in Bezug auf die Konzentration und die Fehlerquote als auch das Setup des Autos. Würde man seine Leistungen nur anhand der Menge Champagner beurteilen, die man versprüht, dann gäbe es eine Menge Leute, die am nächsten Wochenende nicht mehr mitfahren würden."

"Würde man Leistungen nur nach Champagner beurteilen, würden viele Leute nicht mehr mitfahren." Mark Webber

"Mein Monaco-Sieg im Jahr 2010 war zum Beispiel einer meiner einfacheren Siege. Ich konnte wann immer ich wollte eine Lücke zwischen mich und die Verfolger legen. Ich hatte Robert (Kubica) und Seb (Vettel; Anm. d. Red.) im Griff, das war gut. Das Rennen hätte über 250 Runden gehen können und ich hätte kein Problem damit gehabt. Monaco in diesem Jahr war komplett anders. Ich musste mich während des gesamten Rennes voll konzentrieren und vor allem mit den Reifen haushalten. Am Schluss begann es auch noch zu regnen."

Ferrari-Gerüchte schmeicheln und nerven zugleich

Frage: "Wie üblich kocht die Gerüchteküche zu diesem Zeitpunkt des Jahres über und du stehst wieder einmal mitten drin. In diesem Jahr schreibt dich jeder zu Ferrari. Ehrt es dich, dass du derart gefragt bist oder langweilen dich die andauernden Spekulationen?"
Webber: "Um ehrlich zu sein, ein bisschen von beidem. Es kann dir schon auf die Nerven gehen, denn es ist noch sehr früh in der Saison. Andererseits muss es gute Gründe geben, wenn es solche Diskussionen gibt. Vettel ist ein hervorragender Fahrer aber bisher habe ich ihn in diesem Jahr im Qualifying im Griff. Wenn ich 23 Jahre alt wäre, hätte ich jetzt wohl einen neuen Vierjahresvertrag, aber so jung bin ich nun einmal nicht mehr. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden mit meinen aktuellen Leistungen und alles was ich tun kann, ist, so weiterzumachen."

Frage: "Dennoch muss es schwerfallen, von all den Gerüchten nicht gelangweilt zu werden oder?"
Webber: "Die Leute wissen, wie ernst ich den Rennsport nehme und wie viel mir daran liegt, ein Teil dieses Teams hier (Red Bull; Anm. d. Red.) zu sein. Auch wenn ich schon lange im Geschäft bin, sehe ich nichts als selbstverständlich an. Ich fahre auf den besten Rennstrecken der Welt und arbeite mit einigen der allerbesten Leute zusammen. Es ist unglaublich mit jemandem wie Adrian (Red-Bull-Designer Newey; Anm. d. Red.) zu arbeiten, aber die Jungs in meiner Box sind auch unglaublich gut."


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von Europa


"Als ich im Winter sechs Wochen in Australien war, brauchte ich diese Zeit einfach um zu entspannen. Während der zurückliegenden zwei Wochen aber drehten sich meine Gedanken nur darum, wie ich noch mehr aus dem Auto herausholen kann. Jedesmal wenn ich auf die Strecke gehe, verspüre ich eine unglaubliche Belohnung und Genugtuung. Natürlich gibt es auch schwierige Tage, aber das gehört dazu. Zum jedem Erfolg gehören auch kleine Fehler - so ist das nun mal im Sport. Ich kann mich an niemanden erinnern, der eine absolut makellose Karriere gehabt hätte. Selbst Ali hing in den Seilen."

Große Ziele nach dem Karriereende

Frage: "Kannst du dir vorstellen ohne das Gefühl klarzukommen, in der Startaufstellung zu stehen, deine Mechaniker weggehen zu sehen und kurz davor zu sein, das Rennen unter die Räder zu nehmen?"
Webber: "Nichts wird dieses Gefühl je ersetzen können, doch irgendwann findest du neue Herausforderungen. Selbst mit 40 bist du noch ein relativ junger Mann, der es zu etwas bringen kann, erst Recht wenn du so gestrickt bist wie ich. Als Formel-1-Pilot verschreibst du dich dem Wettbewerb. Deine ganze Leidenschaft hängt an diesem Sport. Was mich betrifft, so gibt es Berge, die ich irgendwann noch erklimmen möchte und Orte, die ich sehen will."

"Derzeit aber befinde ich mich in der glücklichen Lage, noch eine Zeit lang konkurrenzfähig weiter zu machen. Nach meiner Rennfahrerkarriere werde ich aber mit Sicherheit einige Dinge tun, die ich nie zuvor getan habe und diese werden mir persönlich große Genugtuung verschaffen - teilweise vielleicht sogar vergleichbar mit meinen Grand-Prix-Siegen. Ich liebe es, wenn die Leute sagen 'Das schaffst du niemals'. Das ist großartig."

"Was mich betrifft, so gibt es Berge, die ich irgendwann noch erklimmen möchte und Orte, die ich sehen will." Mark Webber