powered by Motorsport.com
  • 06.06.2012 14:31

  • von Christian Sylt & Caroline Reid

Neue Macht in der Formel 1: Strecken gründen FOPA

Jahrelang kämpften die Streckenbesitzer mit stumpfen Waffen - Nun beziehen sie als Formula One Promoters Association an der Seite von Bernie Ecclestone Position

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Strecken haben sich zu einer Vereinigung zusammengeschlossen, um bei den Verhandlungen über die Zukunft des Sports eine gewichtigere Stimme zu haben. Ihr Unternehmen, das den Namen Formula One Promoters Association (FOPA) trägt, wurde am 18. Mai in Genf eingetragen und wird von Ron Walker geführt, der auch als Vorsitzender des Grand Prix von Australien fungiert.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone und Ron Walker

Australien-Promoter Ron Walker (r.) siedelt die FOPA im Ecclestone-Lager an

Vom Unternehmen abgelegte Dokumente zeigen zwei der Hauptgründe, warum die FOPA gegründet wurde: "damit Medien und Öffentlichkeit ein besseres Verständnis für den Formel-1-Rennsport gewinnen" und "um die Ticketverkäufe der einzelnen Veranstaltungen anzukurbeln". Walker sagt, dass "die Kurse der FOPA nicht beitreten müssen, die Vereinigung aber nutzen, um von ihrem Stimmrecht bei den Kernthemen des Sports besser Gebrauch machen zu können." Denn vereint gewinnt ihre Stimme deutlich an Gewicht.

Im Vorjahr zahlten die Kurse 512 Millionen US-Dollar (umgerechnet 410 Millionen Euro) für das Recht, Formel-1-Rennen auszutragen - Regierungen schossen über 250 Millionen Dollar (umgerechnet 200 Millionen Euro) zu. Formel-1-Rennen zogen im Vorjahr 3,4 Millionen Zuschauer an - vor den TV-Geräten sagen 515 Millionen Menschen zu.

FOPA bezieht gegen FIA Position

Der Gründungs-Zeitpunkt der Vereinigung ist interessant, denn die Formel 1 befindet sich gerade in einer entscheidenden Phase. Die Teams verhandeln derzeit mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, Mehrheitseigentümer CVC Capital Partners und dem Dachverband FIA über einen neuen Vertrag. Das aktuelle Concorde-Agreement läuft Ende des Jahres aus. Es enthält das Technische Reglement - der Wunsch der Rennstrecken-Besitzer, in diesem Bereich ein Mitspracherecht zu haben, ist der Antrieb hinter ihrer Entscheidung, eine Vereinigung zu gründen.

"Die Streckenbesitzer sind besorgt wegen der ständig wechselnden Regeln durch die FIA, was die Fans verwirrt und auch die Ticketverkäufe beeinflusst", sagt Walker. Er fügt hinzu: "Eine kürzlich durchgeführte Umfrage durch die Australian Grand Prix Corporation im unmittelbaren Vorfeld des Rennens am 18. März besagt, dass ungefähr 92 Prozent der Zuschauer die aktuellen Formel-1-Regeln nicht verstehen, was die Melbourne-Veranstalter dazu veranlasste, 60.000 Kopien der neuen Regeln zu drucken, die dann unentgeltlich an den Eingangstoren verteilt wurden." Die FOPA geht nun einen Schritt weiter, da die Streckenbesitzer nun eine gemeinsame Sichtweise darlegen und bei der FIA Lobbyismus betreiben können.

"Die Streckenbesitzer sind besorgt wegen der ständig wechselnden Regeln durch die FIA." Ron Walker

"Es ist historisch, dass uns eine gemeinsame Stimme gefehlt hat, und die Formula One Promoters Association ist eine gute Gelegenheit, um dies zu ändern", sagt der Vorsitzende von Silverstone, Neil England. Zudem meint er, dass es "zum Wohle des Sports" sei, "wenn die Promoter mit einer gemeinsamen Stimme sprechen, weil dann alle die Bedürfnisse und Ansichten der Promoter verstehen und diese bei ihren eigenen Entscheidungen in Betracht ziehen."

Streckenbesitzer wollen "grünen" Hybridmotor abwenden

In den vergangenen zwölf Monaten gingen die Streckenbesitzer auf Kollisionskurs mit der FIA. Im Juni des Vorjahres drohten sie mit dem Formel-1-Ausstieg, sollte der Weltverband seine Pläne mit umweltfreundlichen 1,6-Liter-Vierzylinder-Motoren 2014 durchziehen. Angeführt von Walker argumentierte man, dass sich der Klang der neuen Aggregate so sehr von den aktuellen Formel-1-Autos unterscheiden würde, dass ein Zuschauerschwund zu befürchten sei.

"Als Promoter sind wir der Meinung, dass der Lärm der Autos ein Schlüsselfaktor für das Erlebnis der Zuschauer ist, und wir machen uns über alle Dinge sorgen, die sich darauf auswirken könnten", sagt England.

"Bei der FIA wird darüber debattiert, einen grünen Hybridmotor mit einem Sounddesign einzuführen." Ron Walker

Die Drohungen der Streckenbesitzer führten dazu, dass nun Sechszylinder-Turbomotoren geplant sind - ein Sieg, der sie dazu anspornte, die FOPA zu gründen. Nun formieren sie sich, um ihr nächstes Ziel zu erreichen. Laut Walker "wird bei der FIA darüber debattiert, einen grünen Hybridmotor mit einem Sounddesign einzuführen. Sollte dies zur Diskussion stehen, werden wir dagegen ankämpfen."

FOPA sichert Ecclestone Unterstützung zu

Die Entscheidung der Streckenbesitzer, sich zusammenzuschließen, wurde von der Gründung der Formula One Teams Association (FOTA) 2008 inspiriert. Die Grundlage der Teams war es aber, Ecclestone unter Druck zu setzen, um einen besseren Vertrag zu erhalten. Die Bemühungen der FOTA führten dazu, dass die Teams mit 50 Prozent nun doppelt so viel vom Profit der Formel 1 erhalten wie bisher.

Im Gegensatz zur FOTA steht die FOPA auf Ecclestone Seite, der gedroht hatte, den Weltverband FIA wegen des geplanten Motorenreglements zu klagen. Die Gründung der FOPA dürfte die Macht des Briten vergrößern, da Walker einer seiner engsten Mitstreiter ist. "Die Vereinigung wird die Formel 1 bewerben und Bernie unterstützen", sagt er. "Jeder Versuch von CVC Capital Partners, Bernie zu ersetzen, wird von den Streckenbesitzern entschieden bekämpft, da er von uns als der Klebstoff betrachtet wird, der alles zusammenhält." Es wird gemunkelt, dass CVC Capital Partners eine Nachfolgelösung in der Tasche hat, da Ecclestone dieses Jahr 82 wird.

"Jeder Versuch von CVC Capital Partners, Bernie zu ersetzen, wird von den Streckenbesitzern entschieden bekämpft." Ron Walker

Laut Ecclestone haben die Streckenbesitzer ihre Vereinigung gegründet, um die FIA davon zu überzeugen, sie in die Formel-1-Kommission zu integrieren, wo das Formel-1-Reglement beantragt wird. "Sie würden gerne in der neuen Kommission sitzen, wenn diese zusammengestellt wird", sagt er. "Alles hat im Grunde mit einem kleinen Witz über die FOTA angefangen. Ron meinte dann, dass sie doch ihre eigene FOTA gründen könnten."

FOTA-Szenario unwahrscheinlich?

Im Laufe des Vorjahres musste die FOTA die Abgänge von Ferrari und Red Bull wegen Meinungsverschiedenheiten mit den anderen Mitgliedern hinnehmen und besteht nur noch aus sieben Teams. Ein ähnliches Szenario gilt bei den Streckenbesitzern als weniger wahrscheinlich, da sie nicht in direkter Konkurrenz zueinander stehen.

"Wir treffen uns sehr selten, da wir über die ganze Welt verstreut sind", sagt Tamas Rohonyi, Chef des Grand Prix von Brasilien. "Ron hatte diese tolle Idee, dass wir uns einmal im Jahr treffen sollten, um einander zu helfen und um Ideen zu bringen, wie wir dieses schwierige Geschäft etwas einfacher gestalten können." England fügt hinzu, dass dies der Formel zugute kommen sollte, da "Promoter ein integraler Teil für die Leistungen des Sports" sind. "Ohne Promoter gibt es keinen Sport."