White: "Es ist eine Benzineffizienz-Formel"

Renault-Motorenchef Rob White erklärt die Neuerungen des Formel-1-Antriebs ab 2014 und spricht darüber, welche Herausforderungen dieser mit sich bringt

(Motorsport-Total.com) - Zwar kommt die neue Standardelektronik aus dem Hause MES-Microsoft schon 2013, das neue Motorenreglement für die Formel 1 wird kurioserweise aber erst 2014 eingeführt. Im Juni des vergangenen Jahres hat die FIA die Regelreform abgesegnet, die der Königsklasse mit einem neuen Antriebsformat einen "grünen Anstrich" verleihen soll.

Titel-Bild zur News: Rob White

Rob White weiß, dass die neuen Motoren eine komplexe Angelegenheit sind

2006 wurde das derzeitige Format eingeführt, mit 2,4-Liter-V8- statt 3,0-Liter-V10-Motoren als Basis. Die künftigen Triebwerke werden bei sechs Zylindern in V-Stellung nur noch über 1,6 Liter Hubraum verfügen. Vorgesehen ist zudem die Nutzung eines Turboladers sowie die Umwandlung der Energie der Auspuffgase, die eine Turbine antreiben. Außerdem wird es wie bisher Energierückgewinnung geben. Das K aus KERS wurde jedoch eliminiert - ab 2014 heißt die in ihrer Kraft verdoppelte Hybridtechnologie in der Formel 1 nur noch ERS.

Mehr Elektronik erforderlich

Die zuständigen Ingenieure zerbrechen sich jetzt schon den Kopf darüber, wie sie diese technologische Herausforderung am besten meistern können, denn der neue Formel-1-Motor sei "ein sehr kompliziertes Biest", findet Renault-Motorenchef Rob White im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. Denn durch die zusätzlichen Energiequellen rechnet er unter anderem mit einem Zuwachs an Elektronik.

Außerdem ist der Benzinverbrauch mit maximal 100 Kilogramm pro Stunde bei maximaler Drehzahl von 15.000 Umdrehungen pro Minute limitiert. "Es ist eine große Motorenmanagement-Herausforderung", erklärt White. "Um Rundenzeit aus den aktuellen Autos zu holen, ist Leistung der wichtigste Performance-Antrieb. Aber um bei einer fixierten Benzinmenge mehr Leistung herauszuholen, gibt es nur einen Weg: Effizienz. Grundsätzlich ist es eine Benzineffizienz-Formel."

Künftig wird es also nicht mehr darum gehen, aus beliebiger Benzinmenge möglichst viel Leistung herauszuholen, sondern die zur Verfügung stehende Benzinmenge bestmöglich zu nutzen. "Das Beste aus dem verfügbaren Benzin zu machen, ist eine Energiemanagement-Aufgabe", erläutert White. "Das hat alles mit der Fahrbarkeit zu tun, mit der Drehmomentkurve - und alles spielt sich auf so vielen verschiedenen Ebenen ab, dass es eine unheimlich komplizierte Energiemanagement-Aufgabe ist."

Die neuen Motoren erfordern "eine andere Herangehensweise an die Kontrollsystem-Architektur", erklärt White und spielt damit auf die neue Elektronik an, die 2013 kommen und 2014 aktualisiert werden soll. Außerdem werde man mehr Sensoren benötigen. "Ich erwarte zusätzliche Elektronik an den Autos", kündigt der Renault-Ingenieur an. "Es wird einige Kontrollsystem-Teile geben, die für alle gleich sind, und andere speziell an jede Lösung angepasst - abgesehen natürlich von den Überwachungs-Werkzeugen, um die Legalität zu kontrollieren."

Neue Partner notwendig

All diese komplexen Systeme führen dazu, dass Renault mit neuen Zulieferern und technischen Partnern zusammenarbeiten muss. Bei der Auswahl eben dieser habe man aber keine geografische Präferenz, obwohl sich Renault als sehr patriotischer Konzern aus Frankreich versteht: "Wir haben diesbezüglich keine unumstößliche Philosophie", winkt White ab. "Wir wollen die besten Zulieferer, egal wo. Wir kaufen auch in den USA, Japan und Europa außerhalb Frankreichs ein."

Wichtig ist ihm auch, dass durch die zusätzliche Elektronik keine neuen Schlupflöcher für Fahrhilfen entstehen: "Dinge wie Traktionskontrolle, Lenkdrehmoment und Startautomatik werden weiterhin verboten bleiben. Es ist nicht glaubwürdig, wenn der Fahrer über Knöpfe die Leistung steuern kann. Ich bin mir sicher, gewisse Energiemodus-Aufgaben werden auch vom Fahrer übernommen, aber die Echtzeit-Motorsteuerung muss vom Kontrollsystem übernommen werden - und da wird es wieder ein einheitliches geben", so White.

Bei Renault blickt man der Einführung des neuen Reglements übrigens mit großer Vorfreude entgegen, denn als es zum letzten Mal eine Änderung des Motorenformats gab, wurde der französische Hersteller zweimal hintereinander Weltmeister: 2005 mit V8-, 2006 mit V10-Motoren. Allerdings hat Renault mit der Ausnahme von Red Bull derzeit noch kein Partnerteam für die Zeit ab 2014 unter Vertrag.