Lotus: Gelingt endlich der Sprung auf das Podest?

Lotus konnte bisher sein Potenzial noch nicht in Top-Ergebnisse ummünzen - In Bahrain möchten Kimi Räikkönen und Romain Grosjean dies ändern

(Motorsport-Total.com) - Für Lotus ist 2012 bisher ein Jahr der unerfüllten Erwartungen. Bei jedem der drei Saisonrennen ließ die Truppe aus Enstone ihr enormes Potenzial und das des gelungenen E20 aufblitzen, in Ergebnisse konnte man dies allerdings bisher nur bedingt ummünzen. Diese Saison hat man die Positionen sieben, fünf und sechs zu Buche stehen - noch nie kamen beide Autos in die Punkte. Dazu kommt, dass das für China vorbereitete Update nach dem Training wieder ausgebaut werden musste. Lotus tritt derzeit also etwas auf der Stelle.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Romain Grosjean möchte auf der Zielankunft in China aufbauen

Nun hofft das Team in Bahrain auf den Durchbruch. Als Renault-Rennstall feierte man dort in den Jahren 2005 und 2006 zwei Siege. Auch "Iceman" Kimi Räikkönen hat beim Wüstenrennen eine positive Bilanz vorzuweisen: Zwischen 2005 und 2008 stand er jedes Mal auf dem Podest. Und sogar für Romain Grosjean, der in Schanghai endlich seine ersten Punkte der Saison holte, ist der Bahrain International Circuit nicht gänzlich unbekannt: Der Franzose fuhr dort bereits 2008 in der GP2 Asia, wo er siegte, und testete den Toyota TF109 2010 für Pirelli.

Räikkönen in China ein Reifenopfer

Räikkönen will in Bahrain die Schmach von China vergessen machen - der Finne lag eine Zeitlang sogar auf Platz zwei, doch am Ende ließen ihn die abgefahrenen Reifen völlig im Stich und er wurde auf Platz 14 durchgereicht: "Das war ein gutes Rennen, aber im letzten Stint verließ mich die Performance der Reifen", bilanziert er. "Ich fühlte mich im Auto wohl, und ich konnte gut pushen, doch am Ende haben wir verloren. Ich kam an Felipe in der mittleren Phase des Rennens nicht vorbei, und ich konnte Sebastian nicht hinter mir halten, doch der Speed des Autos passt."

Als Vettel mit ebenfalls alten Reifen an Räikkönen vorbeikam, brach die Performance beim Finnen ein und Konkurrent um Konkurrent schossen an ihm vorbei. "Ich hatte ihn lange hinter mir gehalten, aber am Ende waren die Reifen dafür zu kaputt", erklärt der 32-Jährige. "Ich kam von der Ideallinie ab und landete auf den Gummimurmeln. Auf dem losen Untergrund hatte ich sehr wenig Traktion, und weil es so eng war, kamen viele Autos an mir vorbei. Da war es schon zu spät, um noch einen Stopp zu machen, was schade war."

"Wir hatten uns aber für diese Strategie entschieden, und ich hätte nicht um Platz zwei gekämpft, wenn wir uns für eine Dreistopp-Strategie entschieden hätten", ist sich Räikkönen sicher. "Vielleicht hätten wir einen längeren zweiten Stint fahren sollen, denn das funktionierte bei Romain gut. Wir haben jedenfalls viel über die Reifen gelernt." Im Nachhinein bereut er nichts: "Die Variante sah am besten aus, und bei Romain hat es funktioniert. Mit den gleichen Informationen hätten wir wahrscheinlich noch einmal die gleiche Entscheidung getroffen."

Wetter verhinderte Updates

"Es hat nicht funktioniert, aber das weiß man meist erst, wenn man es probiert. Beim nächsten Mal wissen wir es besser. Wir waren nahe dran, das Rennen auf dem Podest zu beenden, aber es ist uns nicht gelungen. So ist der Rennsport." Immerhin hatte Räikkönen seine Freude an den zahlreichen Rad-an-Rad-Duellen: "Das habe ich beim Rallyefahren vermisst, und es ist gut, auf diese Art gegen andere Autos zu fahren. Teilweise war es sehr knapp, aber es heißt Rennsport, und das ist es, was wir tun. Ich denke, dass es im Fernsehen sicher für jeden gut ausgesehen hat. Ich freue mich jedenfalls auf mehr Rennen in dieser Saison."

Räikkönen hätte sich ähnlich wie sein Team mehr von den Updates versprochen: "Wir hatten viele Teile dabei, aber es war nass am Freitagmorgen und am Nachmittag sehr kalt. Wir rüsteten für Samstag daher auf die alte Spezifikation zurück, da wir wussten, wie sie funktioniert. Das Qualifying war in Ordnung, aber der Abstand zur Pole war größer als erwünscht. Wir haben das Auto nicht schneller gemacht, was einigen anderen Teams schon gelungen ist. Der E20 fühlt sich immer noch gut an, aber wir müssen einfach etwas mehr Speed herausholen. Hoffentlich gelingt uns das in Bahrain."

Auf dem Bahrain International Circuit rechnet der Finne nicht mit "besonderen Problemen. Wahrscheinlich wird es recht heiß sein - unser Auto mochte die Kälte in China nicht so gern, daher liegt uns die Hitze vielleicht etwas besser. Die Strecke hat unterschiedliche Kurven, und es macht Spaß, dort zu fahren. Es gibt auch ein paar Überholmöglichkeiten. Schauen wir mal, wie es läuft..."

Räikkönen mag Bahrain

Trotz seiner guten Bilanz lässt er sich nicht zu einer Prognose hinreißen: "Ich war schon einmal Zweiter und dreimal Dritter in Bahrain, was in Ordnung ist. Ich fahre dort gerne. Erst dort werden wir wissen, wie stark das Auto ist. Vielleicht gelingt es uns, die Updates auf dem Auto ordentlich zum Arbeiten zu bringen, und wir sind dadurch schneller als in China..."

Der Lotus-Pilot stellt einmal mehr klar, dass ihm die Gewöhnung an die Formel 1 nicht schwer gefallen ist: "Es ist nicht so anders als früher. Ich mag die Reisen bei den ersten Rennen nicht so gerne, da sie so weit von zu Hause weg sind, aber bald fahren wir ja in Europa. Wenn man an der Strecke und im Auto ist, dann weiß man, was man zu tun hat, daher spielt alles andere eigentlich keine Rolle. Wenn ich im Auto sitze, dann fühlt es sich gut an, und wir alle arbeiten daran, schneller zu werden."


Fotos: Lotus, Großer Preis von China


In Bahrain peilt Räikkönen seinen ersten Podestplatz der Saison an: "Ein Podestplatz sollte möglich sein, und ich denke, dass das auch für alle bisherigen Rennen galt. Wir wissen nicht genau, wie gut das Auto dort sein wird, aber wir rechnen mit keinen Problemen."

Grosjean: Endlich Punkte!

Während Räikkönen zuletzt in China nach zwei Rennen mit WM-Punkten einen Rückschlag hinnehmen musste, ist bei seinem Teamkollegen das Gegenteil der Fall: Grosjean schied in den ersten beiden Rennen stets schon nach wenigen Runden durch Kollisionen aus und ergatterte in Schanghai endlich seine ersten WM-Punkte der Saison.

"Ich bin sehr zufrieden - für mich, für das Team und wegen der harten Arbeit, die wir verrichtet haben", zeigt sich Grosjean erleichtert. "Wir haben dieses gute Ergebnis verdient. Wir mussten tolle Arbeit leisten, um uns nach dem Freien Training zu steigern. Da war es nicht so gut gelaufen, aber am Ende waren wir dort, wo wir hingehörten."

Während der Reifenpoker für Räikkönen im Rennen nicht aufging, lief es für Grosjean besser: "Ich wusste, dass es mit den Reifen eng werden würde, und ich gab mein Bestes, um sie zu schonen. Das ist immer schwierig, wenn man im Vergleich zu den Autos hinter einem auf einer riskanten Strategie ist. McLaren und Red Bull attackierten mit neuen Reifen, und ich wusste nicht wirklich, was mich erwarten würde."

Franzose ständig im Verkehr

Die Anfangsphase des Rennens lief nicht ganz optimal: "Mein Start war sehr gut, aber dann fuhr Fernando nach rechts herüber und er blockierte mich - da konnte ich nicht viel machen. Dann kam leider Felipe von außen und fuhr an mir vorbei - ein gutes Manöver von ihm. Er hielt mich während des gesamten ersten Stints auf, was nicht sehr gut für mich war. Aber der zweite Stint war toll."

Auch nach dem zweiten Stopp fand sich Grosjean im Pulk wieder: "Klar kann man sagen, dass es vielleicht anders gelaufen wäre, wenn uns Felipe nicht aufgehalten hätte, wir wussten aber ohnehin, dass wir auf unsere Reifen aufpassen müssen. Das Auto fühlte sich jedenfalls sehr gut an, und das gibt mir für Bahrain viel Selbstvertrauen."

Romain Grosjean, Eric Boullier

Teamchef Eric Boullier freut sich über Grosjeans erste Punkte Zoom

Dennoch war es für Grosjean in China frustrierend, dass er nicht überholen konnte: "Das war am Sonntag ziemlich schwierig, trotz der langen Geraden - und zwar für alle. Kamui hat mich blockiert, und ich denke, dass mein Tempo sonst viel besser gewesen wäre, aber das ist Teil des Rennens. Manchmal steckt man im Verkehr, und manchmal kann man frei fahren. Die Strategiejungs tun ihr Bestes, damit man ein paar Runden ungestört fahren kann."

Bahrain für Grosjean kein Neuland

Er glaubt, dass China für ihn erst der Anfang einer starken Saison ist: "Alles lief gut, und es gab nur ein paar kleine Fehler. Beim nächsten Mal wird es noch besser." Schon in Bahrain? Die Strecke kennt er aus der GP2 Asia aus dem Jahr 2008: "Ich fuhr dort damals für ART. Wir holten die Pole-Position, die Schnellste Runde und den Sieg - es ist immer schön, ein Full House zu haben. Auch aus meiner Zeit als Pirelli-Testfahrer habe ich dort etwas Erfahrung sammeln können - hoffentlich hilft mir das, um mit dem E20 rasch auf Speed zu kommen."

Nachdem man 2010 beim bisher letzten Grand Prix von Bahrain eine längere Streckenführung nutzte, wird dieses Jahr wieder die herkömmlich Variante befahren - für Grosjean kein Problem: "Ich habe echt ein Glück, denn ich bin die Strecke schon in beiden Variaten gefahren, daher habe ich kein Problem."

Dennoch "hängt" es "vom Auto ab", ob er das Rennwochenende genießen wird: "Mit einem guten Auto genießt man die Strecke, mit einem schlechten nicht. Bahrain ist eine gute Strecke. Es gibt einige heftige Bremspunkte, ein paar interessante Richtungsänderungen wie die Doppel-Links in der Mitte der Rennstrecke. Ich denke, dass der E20 dort gut laufen wird. Wir haben eine ziemlich gute Balance, und ich bin sicher, dass wir ein starkes Ergebnis einfahren können."

Grosjean hofft wie vor dem Rennen in Schanghai auf ein ordentliches Qualifying und ein ordentliches Rennen. Das Auto sollte gut laufen, das Wetter sollte während des gesamten Wochenendes gleich bleiben - hoffentlich! Schauen wir mal, was wir erreichen können."