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  • 24.03.2012 18:22

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

Wo ist die Qualifying-Dominanz von Red Bull hin?

Im vergangenen Jahr gab es im Qualifying keinen Weg an Red Bull vorbei, 2012 ist diese Dominanz plötzlich verschwunden - Die Baustellen: Topspeed, Abtrieb, Balance

(Motorsport-Total.com) - In der Formel-1-Saison 2011 stellte sich am Samstag meist nur eine Frage: Welcher der beiden Red-Bull-Piloten wird die Pole-Position holen? Insgesamt 18 von 19 Rennen des vergangenen Jahres wurden entweder von Sebastian Vettel oder von Mark Webber vom ersten Startplatz in Angriff genommen, einzig in Südkorea konnte McLaren-Star Lewis Hamilton die beeindruckende Serie kurz unterbrechen. In der neuen Saison ist von einer Qualifying-Dominanz des Weltmeisterteams nichts mehr zu sehen.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

So war es auch in Melbourne: McLaren liegt derzeit vor Red Bull

In Australien fuhren die beiden Red-Bull-Piloten auf die Plätze fünf und sechs, in Sepang waren es am Samstag die Ränge vier und sechs. Vettel rückt in der Startaufstellung noch einen Rang auf, weil Kimi Räikkönen aufgrund einer Strafe um fünf Ränge nach hinten versetzt wird. "Das ist das, was wir erwartet hatten", kommentiert Red-Bull-Teamchef Christian Horner das Ergebnis. Man ist bescheidener geworden.

"Naja, sie sind ja auch nicht schlecht. Die Plätze vier und fünf sind nicht furchtbar", relativiert Jenson Button das Bild. "Wir hatten auch heute einen Vorteil, aber der war schon nicht mehr so groß wie in Melbourne. Wenn Red Bull alles aus dem Auto geholt hat, dann sind wir offenbar zwei Zehntel schneller als sie. Das ist knapp. Es ist ein kleinerer Abstand als in den vergangenen Jahren."

Bei McLaren hat man die Befürchtung, dass sich das Bild schon bald wieder verändern könnte. Im Jahr 2011 war oft von einem vermeintlichen Trick die Rede, den Red Bull angeblich im Qualifying anwenden konnte. Wo ist der nun hin? Viele Beobachter meinen, dass es vor allem das Weltmeisterteam ist, das am meisten unter dem Verbot des angeblasenen Diffusors zu leiden hat.

Fehlt der Abtrieb am Heck?

"Es ist ziemlich klar, dass sie im vergangenen Jahr einen großen Vorteil durch den auspuffangeströmten Diffusor hatten. Diesen Vorteil haben sie jetzt nicht mehr", meint Lewis Hamilton. "Wir hatten sicherlich einen gut funktionierenden Diffusor im vergangenen Jahr, aber McLaren war in dem Bereich auch nicht schlecht", meint Horner auf entsprechende Nachfragen.

Der Red-Bull-Teamboss weiter: "Es ist doch wie immer: Ein Auto muss als Gesamtpaket betrachtet werden, wo alle Teile zusammenspielen. Und McLaren hat derzeit das bessere Paket." Dennoch kristallisieren sich im Moment konkrete Bereiche heraus, in welchen der McLaren MP4-27 besser sein dürfte als der Red Bull RB8. "Ich nehme daher an, sie verlieren mehr Zeit auf den Geraden", schätzt Hamilton.

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton fuhr in Malaysia zur zweiten Pole-Position in Folge Zoom

Webber und Vettel stimmen ihm zu: "Wir müssen auf den Geraden schneller werden." Die Daten belegen dies eindrucksvoll. Mit 299,0 km/h (Webber) und 298,7 km/h (Vettel) rangierten die Red-Bull-Piloten auf den Plätzen 21 und 22 in der Speedrangliste des Qualifyings. Zum Vergleich: Michael Schumacher war als schnellster Mann 312,7 km/h schnell.

Man arbeitet an der Balance

"Rein vom Tempo her dürften McLaren und wir die Schnellsten sein. Lotus ist da auch noch dabei, Red Bull eher auf der anderen Seite", meint Schumacher nach dem Qualifying. Er erkennt die doppelte Last, die mit dem Speeddefizit verbunden ist. "Sebastian hat da sicherlich recht, dass die Autos, die über mehr Topspeed verfügen, für ihn etwas schwieriger zu überholen sein werden."

Aus Sicht von Vettel, Webber und Teamchef Horner gibt es jedoch noch eine weitere wichtige Baustelle: die Balance. Durch den erheblichen Abtriebsverlust am Heck, der durch das Verbot des letztjährigen angeblasenen Diffusors entstanden ist, hat sich die Gesamtbalance des Fahrzeugs erheblich verändert. Man musste auch an der Front auf Downforce verzichten, um das Auto nicht zu frontlastig zu haben.


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Malaysia


"Es liegt bei uns derzeit daran, dass wir eine Fahrzeugbalance haben, mit der sich unsere Fahrer nicht ganz wohlfühlen. Es ist schon besser als in Melbourne, aber wir müssen weiterhin daran arbeiten", erklärt Horner. Immerhin sind offenbar erste Schritte gelungen. "Gestern hatten wir das Problem, dass die Balance in schnellen Passagen und in langsamen Ecken überhaupt nicht zusammenpasste, aber das ist schon besser geworden. Im Rennen wird es dann bestimmt noch etwas besser werden", sagt Webber.