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Vettel: Was wurde aus italienischen Ex-Rivalen?

Erstmals seit 1970 beginnt die Saison ohne Italiener: Für manche ist dies Zufall, doch Sebastian Vettel fragt sich, was aus den vielen italienischen Ex-Rivalen geworden ist

(Motorsport-Total.com) - Durch das Aus für Caterham-Pilot Jarno Trulli und HRT-Fahrer Tonio Liuzzi startet erstmals seit 1970 kein Italiener in eine Formel-1-Saison. Bestenfalls ein halber Italiener, denn Toro-Rosso-Pilot Daniel Ricciardo hat neben dem australischen auch einen italienischen Pass, sieht sich aber ganz klar als "Aussie" und fährt auch mit australischer Rennlizenz.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli, Vitantonio Liuzzi

Mit Jarno Trulli und Tonio Liuzzi verlassen die letzten zwei Italiener die Formel 1

Die Situation ist insofern kurios, dass Italien Ende der 1980er-Jahre noch die mit Abstand meisten Formel-1-Piloten stellte - es waren in manchen Saisons mehr als ein Dutzend Fahrer. Wieso der vermeintlich unerschöpfliche Talente-Jungbrunnen ausgetrocknet ist, sorgt in der Königsklasse derzeit für Rätselraten.

"Es ist ja nicht so, dass die italienischen Fahrer etwas falsch machen würden", wundert sich Italo-Australier Ricciardo. "Es gibt derzeit zwei Australier in der Startaufstellung und ein paar Jungs aus anderen Ländern. Ich weiß keine Antwort darauf."

Ricciardo und Schumacher glauben an Zufall

Zumal der Toro-Rosso-Pilot eine Zeitlang selbst in Italien lebte und von vielen konkurrenzfähigen italienischen Talenten umgeben war: "Der Wettbewerb war immer sehr umkämpft. Einige italienische Fahrer fuhren an der Spitze. Es gab aber auch gute Piloten aus anderen europäischen Ländern oder von sonstwo. Ich glaube: Es ist einfach ein Zufall. Keine Ahnung, ob da mehr dahinter steckt."


Fotos: Fahrer der Saison 2012


Auch Rekord-Weltmeister Michael Schumacher, dessen erster Formel-1-Teamkollege mit Andrea de Cesaris bei Jordan ein Italiener war, glaubt nicht, dass Italien, was die Fahrer angeht, von der Formel-1-Landkarte verschwinden wird. Er vergleicht die Situation mit seiner Heimat: "Es gab Zeiten, da gab es keinen deutschen Fahrer. Jetzt haben wir keinen Italiener. Und es stimmt, das ist bedauerlich. Aber das ist der Lauf des Lebens - alles passiert in Wellen."

Er erinnert sich an seine Formel-1-Anfänge zurück: "Wir hatten Jahre, da gab es 14 italienische Piloten, und jetzt gibt es keinen. Ich bin ganz sicher, dass früher oder später wieder ein paar junge Hoffnungen aus Italien kommen werden." Auch Teamkollege Nico Rosberg hofft auf die baldige Ankunft eines italienischen Fahrers: "Es wird für den Sport und für die italienischen Zuschauer wichtig sein, wieder einen italienischen Fahrer dabei zu haben - das wäre schön."

Vettel: Wo sind all die starken Italiener?

Für Weltmeister Sebastian Vettel ist es ebenfalls verwunderlich, dass Italien keinen Vertreter in der Königsklasse hat, zumal das Land als absolutes Kart-Mekka gilt. Ob Fernando Alonso, Robert Kubica, Rosberg, Lewis Hamilton oder Vettel - sie alle stießen sich in Italien ihre Hörner ab. "Als ich im Kartsport aktiv war, fuhr ich in Italien", erinnert sich der Red-Bull-Pilot.

"Das war der härteste Wettbewerb überhaupt", verweist er auf die enorme Leistungsdichte. "Es gab auch viele italienische Piloten, die ich bewunderte, als ich jung war und durch die Klassen nach oben kam. Diese fuhren sowohl in meiner Kategorie als auch über mir. Ihre Leistungen waren ziemlich beeindruckend. Später sah man sie aber nicht in den Nachwuchsformeln wie der Formel BMW, der Formel 3 und dergleichen."

Jarno Trulli

Jarno Trullis letzter Auftritt im Caterham bei den Tests in Jerez Zoom

Vettel, der mit dem italienischen Team Toro Rosso auch seinen ersten Sieg in der Formel 1 feierte, versteht nicht, warum seine damaligen Rivalen nicht den Aufstieg schafften: "Vielleicht liegt es daran, dass die italienische Industrie nicht offen genug ist, um jungen Talenten ihr Geld zu geben. Der Motorsport wurde zuletzt immer teurer, auch wenn er schon immer teuer war. Du brauchst daher von Anfang an eine Unterstützung."

Motorrad-Sport atttraktiver?

Doch auch er hält es für möglich, dass es sich um einen Zufall handelt: "Vergleichen wir es einmal mit Deutschland. Es gibt Jahre, da werden - keine Ahnung - drei Deutsche, kein Franzose, dann wieder fünf Franzosen und keine Deutschen, aber fünf Briten in der Formel 1 fahren. Es verändert sich."

Er gibt ein Beispiel, wie schnell sich die Lage ändern kann: "Im vergangenen Jahr beschwerten sich die französischen Journalisten darüber, dass es keine französischen Piloten gab. In diesem Jahr fahren drei ihrer Landsleute. Das zeigt, wie schnell es sich verändern kann."

Ihm fällt außerdem auf, dass der Motorrad-Sport in Italien beliebter als in anderen Ländern ist und Motorsport-begeisterte Kinder womöglich eher eine Karriere auf Zweirädern anpeilen: "In der MotoGP gibt es viele italienische Fahrer. In der Formel 1 ist das nicht unbedingt so."