powered by Motorsport.com

Sind Massas Tage bei Ferrari schon gezählt?

Die Gerüchteküche brodelt, auch wenn alle dementieren: Ferrari hat bei Sauber offenbar schon wegen Sergio Perez angefragt - Comeback-Chance für Adrian Sutil?

(Motorsport-Total.com) - Es war ein Bild mit Symbolcharakter: Während Felipe Massa nach Platz 15 beim Grand Prix von Malaysia in Sepang enttäuscht seinen Helm zur Seite legte, jubelten ein paar Meter höher Fernando Alonso und Teamchef Stefano Domenicali über den sensationellen ersten Saisonsieg der Scuderia - und mittendrin Überraschungsmann Sergio Perez.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Wirkt derzeit geknickt: Felipe Massa steht bei Ferrari enorm unter Druck

Einige glauben: Das könnte schon bald das neue Ferrari-Team sein. Denn während Massa nach dem verkorksten Saisonauftakt in Australien auch in Malaysia ein fehlerhaftes Wochenende ablieferte und obendrein nicht den Funken einer Chance gegen das von Alonso eingeschlagene Tempo hatte, ist Perez der Mann der Stunde. Und, was viele nicht wissen: Als Mitglied der Juniorenakademie von Luca Baldisserri hat er schon einen "kleinen" Ferrari-Vertrag in der Tasche.

Whitmarsh wittert baldigen Wechsel

Ob daraus bald ein "großer" wird? "Er war die Entdeckung des Rennens. Ich glaube, er hat den Druck auf Mister Massa erhöht", so McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh gegenüber 'Sky Sports F1'. "Ich weiß nicht, wie die Wetten stehen, dass er noch vor China das Team wechselt, aber darüber muss nachgedacht werden." Doch bei Ferrari will man davon nichts wissen: "Das stimmt einfach nicht", winkt Teamchef Stefano Domenicali entnervt ab.

Dem widerspricht Perez' Vater Antonio, der sich gegenüber 'Medio Tiempo' offenbar verplappert hat: "Monisha (Kaltenborn; Anm. d. Red.), die Geschäftsführerin von Sauber, hat bestätigt, dass Ferrari-Leute an sie herangetreten sind, um über Sergio zu sprechen." Doch Kaltenborn beteuert offiziell: "Wir haben ihn im August vergangenen Jahres als unseren Fahrer bekannt gegeben. Für uns ist für diese Saison alles klar. Punkt."

Sergio Perez, Fernando Alonso

Schon bald Ferrari-Teamkollegen? Sergio Perez und Fernando Alonso... Zoom

Nachsatz: "Was in Zukunft passiert, werden wir sehen." Winkt das Ferrari-Cockpit also spätestens ab 2013, wenn Massas Vertrag ausläuft? "Das wäre ein gutes Paket", ist Perez sen. begeistert. "Für mich ist das nur eine Frage der Zeit. Wir müssen abwarten und geduldig bleiben und dürfen Checo nicht ablenken. Sergio weiß über die Aussagen von Ferrari ja nicht einmal Bescheid. Er hat trainiert und konzentriert sich auf seine Fitness."

Sauber weiß: Perez ist nicht zu halten

Selbst Peter Sauber ist inzwischen klar, dass er den 22-jährigen Mexikaner "irgendwann vermutlichen ziehen lassen muss, aber da warten wir noch etwas ab. Da darf man auch etwas Egoist sein." Und: "Wenn sich Ferrari für diesen Fahrer interessiert, werte ich das als Kompliment für mich." Das Interesse von Domenicali soll groß sein, schließlich würde Perez-Sponsor Carlos Slim (Telmex) für Ferrari angeblich bis zu 30 Millionen Euro springen lassen.

"Perez ist heute ein fantastisches Rennen gefahren", anerkennt der Ferrari-Teamchef, dementiert aber, dass Massas Rausschmiss schon beschlossene Sache ist: "Absolut nicht. Wir müssen jetzt hinter Felipe stehen", zeigt er sich loyal. "Es ist eine schwierige Zeit, in der wir für ihn einen Weg finden müssen, Vertrauen in dieses Auto zu gewinnen. Wir haben im Qualifying einen Schritt in die richtige Richtung gesehen, denn das war eine Steigerung im Vergleich zum vergangenen Wochenende."

Domenicali betreibt Ursachenforschung

"Jetzt müssen wir verstehen, was heute mit seiner Rennpace los war", grübelt der 46-Jährige. "Wie gesagt: Das Problem ist, dass dieses Auto ziemlich schwierig zu fahren ist. Es kann sehr gut sein, aber auch sehr schwierig zu fahren. Heute haben wir es ja gesehen: Wenn du bei bestimmten Bedingungen mit einem bestimmten Fahrstil fährst, kannst du sehr, sehr gut sein, aber bei anderen Bedingungen kannst du dir die Reifen völlig ruinieren - und dann geht nichts mehr."

"Für mich hat Priorität, dass Felipe vom Team in Schutz genommen wird. Ich versuche, hart mit ihm zu arbeiten. Das ist jetzt das Wichtigste", unterstreicht Domenicali. Alonso nimmt sich das offenbar zu Herzen: "Im Augenblick bilden Felipe und ich ein sehr starkes Team. Wir halten sehr gut zusammen. Ich sehe gar keine andere Möglichkeit, als neben Felipe zu fahren, denn wir bilden ein starkes Duo."

"Für mich hat Priorität, dass Felipe vom Team in Schutz genommen wird." Stefano Domenicali

"Felipe hatte in Australien ein paar Probleme. Hier war er konkurrenzfähig, weil er ein paar Dinge am Auto verändert hatte. Am Samstag fuhr er auf Platz zwölf und beim Abbruch war er schon Achter", lobt der Spanier seinen unterlegenen und damit bequemen Teamkollegen. "In einem normalen Rennen und mit einem besseren Auto können Felipe und ich meiner Meinung nach gemeinsam auf dem Podest stehen. Das ist das Ziel für den weiteren Saisonverlauf."

Massas Probleme rein mentaler Natur?

Und daran soll das Team nun gemeinsam mit Sorgenkind Massa arbeiten. Viel spielt sich dabei im mentalen Bereich ab: "Das Vertrauen kommt von selbst, wenn du auf höchstem Niveau performst", weiß Domenicali. "Wir müssen sicherstellen, dass er sich wohlfühlt, damit er mit dem Auto ans Limit gehen kann. Sonst wird es immer schlimmer. Das müssen wir verhindern. Seine Ingenieure bitte ich, in diese Richtung zu arbeiten."

Massa muss sich indes unangenehme Fragen gefallen lassen. "Findest du, dass deine Leistungen in den vergangenen zwölf Monaten dem Standard entsprechen, den man von einem Ferrari-Fahrer erwartet?", fragt ein Journalist. Der Brasilianer antwortet: "Wir müssen die Probleme herausfinden und verstehen, warum es so läuft, damit wir die Situation verbessern können. Das ist die Arbeit, die wir erledigen müssen, und die werde ich auch erledigen."

"Das ist die Arbeit, die wir erledigen müssen, und die werde ich auch erledigen." Felipe Massa

Dass Perez schon heute fast gewonnen hätte und "früher oder später sicher gewinnen wird" (Alonso), lässt Massa kalt: "Ich freue mich für ihn und sein Team, aber das juckt mich nicht, null. Ehrlich gesagt schaue ich nur auf mich selbst, auf mein Fahren, auf meine Arbeit. Ich schaue nie auf andere. Mir ist egal, ob die Leute sagen, dass es schlecht ist für mich, wenn ein anderer gut ist, oder umgekehrt. So ticke ich nicht", winkt er ab.

Perez beteiligt sich nicht an Spekulationen

Für den Betroffenen selbst ist die Situation sowieso klar: "Ich stehe voll und ganz zu meinem Team, dem Sauber-Team", bekennt sich Perez zu seinem derzeitigen Arbeitgeber. "Es gibt einige Gerüchte, ja, aber ich werde für die komplette Saison bei Sauber bleiben." Gerüchte wie dieses: Massa wird zwangsbeurlaubt, Perez wechselt noch während der Saison zu Ferrari - und Adrian Sutil steigt an seiner Stelle in den Sauber ein.

Dem Deutschen werden mancherorts sogar Chancen eingeräumt, direkt bei Ferrari zu landen - sein Manager Manfred Zimmermann soll schon 2011 in Maranello gewesen sein. Angerufen habe Ferrari "noch nicht", so Sutil heute im Studio der TV-Kollegen von 'Sky', für die er neuerdings als Experte arbeitet, "aber ich kann nur sagen: Ich stehe bereit, bin sehr motiviert, trainiere hart und möchte so schnell wie möglich zurück sein in der Formel 1."

Stefano Domenicali, Rob Smedley und Felipe Massa

Stefano Domenicali im Gespräch mit Felipe Massa und dessen Renningenieur Zoom

Ein Ferrari-Angebot "wäre immer was. Da würde ich niemals nein sagen", fühlt er sich vom angeblichen Interesse aus Maranello geschmeichelt. "Ich bin auf jeden Fall motiviert und glaube an mein Comeback - und zwar so bald wie möglich. Mehr kann ich nicht tun." Auch das "Schlägerei-Verfahren" könnte bald ausgestanden sein - wie in Malaysia gemunkelt wurde, überlegt Sutil, die Berufung gegen seine Verurteilung zurückzuziehen.

Sutil nimmt Massa in Schutz

Auf Massa hintreten, von dem seine Zukunft derzeit abhängig ist, verkneift sich der Sportsmann: "Man muss fair sein. Es lief für Ferrari nicht immer gut und besonders für Felipe war es frustrierend. Das Auto ist schwierig zu fahren. Man muss ihm etwas Zeit geben. Ihn sofort auszutauschen, wäre nicht fair. Die ersten vier Rennen sollte man abwarten und schauen. Dann wird Ferrari bestimmt wissen, was nötig ist, um weiter in die richtige Richtung zu arbeiten."

Derzeit nur Zuschauer zu sein, gefällt ihm nicht: "Ich hab's mir auch nicht ausgesucht, es ist halt so passiert - aus verschiedenen Gründen", sagt der 29-Jährige. "Ich und mein Management waren mit vielen Teams in Verhandlungen, aber am Ende hat es nicht geklappt. Jetzt muss ich natürlich schauen, dass es doch irgendwie weitergeht. Es kann sich immer viel ändern. Jetzt muss man warten, ob vielleicht irgendeiner rausfällt, dass man dann bereit steht."

Sergio Perez

Ist das schon der letzte Jubel von Sergio Perez mit dem Sauber-Team? Zoom

Sollte bei Sauber ein Cockpit frei werden, wäre Sutil die logische Wahl. Denn der ehemalige Force-India-Pilot ist nicht nur fahrerisch das Beste, was sich derzeit auf dem Markt tummelt, sondern würde möglicherweise auch Sponsorenmillionen von Medion und Capri-Sonne mitbringen, die Sauber momentan gut gebrauchen könnte. Umgekehrt würde Perez' Wechsel zu Ferrari nicht wehtun, denn Telmex hat, so hört man, schon für drei Jahre im Voraus bezahlt.