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Ferrari in Melbourne: Zwischen Vorfreude und Rätselraten

Fernando Alonso und Felipe Massa tappen in der Performance-Frage im Dunkeln - Modifiziertes Auspuffsystem nur als "Notlösung"

(Motorsport-Total.com) - Enttäuschende Testfahrten haben die Vorfreude der Ferrari-Fahrer auf den Saisonauftakt in Melbourne nicht getrübt. Von der australischen Metropole sind Fernando Alonso und Felipe Massa begeistert - auch wenn beide mit einer langen Anreise und der Zeitumstellung zu kämpfen haben: "Die Atmosphäre ist eine besondere und eine Seltenheit in der Welt. Die Stadt ist so entspannt und die Australier scheinen einfach ein gutes Rezept für das eigene Leben gefunden zu haben", lobt der Spanier das Land "Down Under" . Massa fühlt sich beim Blick auf das Thermometer an seine Heimat Sao Paulo erinnert: "Heiß, wie ich es mag. Und die Fans sind so begeisterungsfähig."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Auf Abwegen: Ferrari gehört nicht zu den Favoriten auf den Sieg

Aber Melbourne ist für den Formel-1-Zirkus jedes Jahr eine Odyssee. Von Sao Paulo aus ging es für Massa "zuerst nach Santiago in Chile, dann weiter nach Auckland in Neuseeland und von dort aus nach Australien. Witzig ist, dass man beim Überfliegen der Datumsgrenze einen Tag verliert, wenn man in Richtung Westen fliegt. Also muss ich in entgegengesetzter Richtung nach Hause fliegen, um den Tag nicht zu verlieren", grinst der 30-Jährige. "Heute rastete ich mich nach so vielen Stunden im Flugzeug erst einmal richtig aus, um mich an die Zeitzone zu gewöhnen."

Vater Luis Antonio begleitet Massa

Der Vizeweltmeister von 2008 freut sich über die Unterstützung seines Vaters, der im Albert Park vor Ort sein wird. "Wir Rennfahrer vermissen den Wettbewerb wie verrückt - das geht wohl allen Piloten im Fahrerfeld so. Sechs Tage lang Testfahrten zu bestreiten, befriedigt den Wunsch nach Racing nicht wirklich", so Massa. Auch Alonso kann es kaum erwarten, in der Startaufstellung die Ampellichter erlöschen zu sehen: "Ich vermisse den Adrenalinkick der ersten Kurve", sinniert der zweifache Champion sehnsüchtig.

Die sportlichen Vorzeichen stehen für die Scuderia nach den Probeläufen in Jerez und in Barcelona ungünstig. Darüber ist sich Alonso im Klaren, macht aber auch die verkürzte Testzeit verantwortlich: "Ich habe in der Vergangenheit betont, dass unser Sport der einzige ist, bei dem Training reglementiert wird." Man solle sich vorstellen, Tennis-Star Rafael Nadal dürfte mit einem neuen Schläger nicht mehr als sechs Tage üben. Oder eine Fußballmannschaft vor einer WM maximal sechs Tage gemeinsam auf dem Rasen stehen.

Alonso will sich von den Ergebnissen nicht täuschen lassen. "Es ist immer schwierig, Schlüsse aus den Testfahrten zu ziehen." Über die Performance seines F2012 ist sich Massa unschlüssig: "Die Wahrheit wird sich zeigen, wenn wir am Samstagnachmittag alle unter den gleichen Bedingungen auf die Strecke gehen."

Rosarot fällt die Prognose aus Maranello trotzdem nicht aus: "Mit dem Verlust von Abtrieb und den neuen Pirelli-Reifen ist das Auto etwas schwieriger zu fahren. Wir wissen aber, in welche Richtung wir mit der Entwicklung gehen müssen, und das ist ein wichtiger Schritt", gibt sich Alonso zweckoptimistisch. "In den ersten Rennen müssen wir sicher die Zähne zusammenbeißen, aber zuerst einmal müssen wir schauen, wo genau wir stehen, und dann versuchen, am Saisonbeginn so viele Punkte wie möglich zu sammeln."

Force India und Toro Rosso heiße Außenseiter?

Während Alonso 2006 in Melbourne im Renault siegte und drei weitere Male auf dem Podest stand, hat sein Teamkollege auf dem fünften Kontinent Nachholbedarf: Bei neun Starts im Albert Park holte Massa nur dreimal Punkte. "Ich hatte auf dieser Strecke nie besonders viel Glück", stellt der Vorjahresachte fest und befürchtet, dass ihm die Konkurrenz auch in diesem Jahr das Leben schwer machen wird: "Red Bull und McLaren sind stark. Mercedes, Lotus, Force India und Toro Rosso könnten ihre Chance ebenfalls nutzen", blickt der 30-jährige Massa voraus.

Abschließende Prognosen für das Wochenende klingen bei der Scuderia verhalten: "Die Fans erwarten von mir immer, dass ich ein bestimmtes Resultat voraussage. Aber die Wahrheit ist, dass wir nicht sagen können, was möglich sein wird", meint Alonso und vertagt Zielsetzungen auf einen Zeitpunkt, an dem das Team wisse, wo es stehe.

Dennoch erhöht der Mann aus Oviedo das Druckmoment: "Mit unserer traditionsreichen Geschichte fühlen wir uns für ein gutes Ergebnis verantwortlich." Massa bleibt lieber in der Defensive: "In meinem Kopf schwirrt der Gedanke, dass wir um einen Podiumsplatz mitfahren können. Aber das bedeutet nicht, dass ich dem nicht zustimme, was Pat Fry in Barcelona gesagt hat."

Der Technische Direktor der Scuderia hatte beim letzten Test angedeutet, dass der Saisonbeginn schwierig werden könnte. "Mir ist schon klar, dass die Tests nicht wie erhofft gelaufen sind, denn wir hatten ehrgeizige Performance-Ziele", räumt Massa ein. "Wir hatten Schwierigkeiten damit, das Beste aus dem Auspuffsystem herauszuholen, daher mussten wir eine Notlösung entwickeln. Das kostete wertvolle Zeit und ein bisschen Performance. Erst in den letzten beiden Tagen konnten Fernando und ich sinnvolle Arbeit mit dem Setup des F2012 verrichten. Ich bleibe aber davon überzeugt, dass dieses Auto großes Potenzial besitzt. Wir müssen nur herausfinden, wie wir es am besten nutzen."