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Ferrari: Sieg täuscht nicht über die Probleme hinweg

Fernando Alonso fuhr in Sepang zu einem unerwarteten Sieg und führt in der Weltmeisterschaft - Felipe Massa nach Platz 15 weiter ohne WM-Punkte

(Motorsport-Total.com) - Dank des überraschenden Sieges von Fernando Alonso in Sepang reist tatsächlich ein Ferrari-Pilot als WM-Führender zum Grand Prix von China in drei Wochen. Während der Spanier bei den schwierigen Bedingungen am Sonntag in Malaysia alles richtig machte, kam Teamkollege Felipe Massa nach massiven Reifenproblemen nur auf Platz 15 ins Ziel und steht somit nach zwei Rennen ohne einen einzigen WM-Zähler da. Der dritte Rang von Ferrari in der Konstrukteurs-WM hinter McLaren und Red Bull geht einzig und allein auf die Verdienste Alonsos zurück.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Nach dem Sieg von "Magic Alonso" herrschte bei Ferrari Partystimmung

"Es war ein unglaubliches Rennen. Ich bin sehr glücklich", freut sich Alonso. "Sowohl für mich selbst als auch für das gesamte Team ist dieser Sieg sehr wichtig. In der schwierigen Phase, die wir derzeit durchmachen, gibt niemand auf. Im Gegenteil: Jeder strengt sich noch mehr an im Bemühen aufzuholen."

Die Strategie war laut Alonso "perfekt". "Auch die Mechaniker erledigten einen super Job und ich gab 56 Runden lang das Maximum", so der Spanier. Auf einen Sieg hätte er im Vorfeld eigener Aussage zufolge "nie und nimmer gewettet". "Falls es doch jemand getan hat, dann hat derjenige jetzt eine ordentliche Summe abgeräumt."

Alonso nach der Zieldurchfahrt kurz verwirrt

Als er nach der Auslaufrunde in die Boxengasse fuhr, wusste Alonso trotz zweier Sepang-Siege zuvor (2005 mit Renault und 2007 mit McLaren) nicht, wo er das Auto parken musste. "Dieser Sieg kam so überraschend, dass ich für einen Moment den Überblick verlor", gesteht er. Während der F2012 im Nassen in den Händen von Alonso wie die Feuerwehr ging, "wurden unsere Schwächen auf abtrocknender Piste wieder deutlich", wie der Spanier herausstellt.

Sauber-Pilot Sergio Perez war drauf und dran, den führenden Alonso noch einzuholen. Ein Fahrfehler des Mexikaners in Kurve 14 kurz vor Schluss verschaffte dem Ferrari-Piloten wieder etwas Luft und er brachte den Sieg mit 2,2 Sekunden Vorsprung unter Dach und Fach. "Sergio kam sehr schnell näher. Ich versuchte in dieser Phase auf der trockenen Spur zu bleiben. Wenn er mich hätte überholen wollen, wäre das nur mit sehr viel Risiko möglich gewesen", glaubt Alonso.

Sergio Perez, Fernando Alonso

Fernando Alonso und Sergio Perez machten den Sieg unter sich aus Zoom

Nach dem Qualifying am Samstag fanden sich Perez und Alonso gemeinsam in der fünften Startreihe wieder. "Heute haben wir den Sieg unter uns ausgemacht. Das zeigt, wie unvorhersehbar diese Weltmeisterschaft ist", betont der zweimalige Titelträger.

Sieg kann nicht über Probleme hinwegtäuschen

Für Teamchef Stefano Domenicali kam der Sieg ebenso überraschend wie für seinen Fahrer. "Das macht ihn aber nicht weniger schön oder emotional", wie der Italiener betont. "Fernando hat wieder einmal bewiesen, dass er unter schwierigen Bedingungen kühlen Kopf bewahren kann. Er holte das Beste aus diesem Auto heraus", lobt der Teamchef.

Gleichzeitig gibt Domenicali zu bedenken, dass der Triumph "nichts an der gegenwärtigen Situation ändert". Im Team wisse man nur zu genau, dass man derzeit nicht über ein ausreichend konkurrenzfähiges Auto verfügt, um unter normalen Bedingungen um Siege mitfahren zu können. "Wir haben noch einiges aufzuholen", gibt der Ferrari-Teamchef die Marschrichtung vor. "Dieser Sieg verleiht uns allen aber nur noch mehr Motivation, denn er zeigt, dass in dieser Weltmeisterschaft alles passieren kann. Schon eine kleine Verbesserung kann in einem großen Schritt nach vorn enden."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Malaysia


Technikchef Pat Fry bläst ins gleiche Horn: "Man darf nicht glauben, dass sich durch diesen Sieg all unsere Probleme von selbst gelöst haben. Das ist jedem klar", so der Brite. "Fernando fuhr ein fantastisches Rennen, immer am Limit, aber nie darüber", lobt er und stellt eine Eigenart des F2012 heraus: "Abhängig von den Verhältnissen verhielt sich das Auto ganz unterschiedlich. Es gab Momente, da waren wir absolut wettbewerbsfähig. Dann gab es andere Momente, in denen wir zu kämpfen hatten."

Bereits am Melbourne-Freitag habe man gesehen, dass "die Situation bei feuchter Strecke nicht allzu schlecht ist", wie Fry betont. "Heute wurde dieser Eindruck mehr als bestätigt." Der Grund, warum Perez in der Schlussphase starken Eindruck machen konnte, liegt für Fry auf der Hand: "Seine Hard-Reifen funktionierten unter den gegebenen Bedingungen besser als die Medium-Reifen von Fernando."

Massa mit einem Stopp mehr als Alonso

Während sich Alonso nicht zuletzt dank des Fahrfehlers von Perez bis zum Schluss an der Spitze behaupten konnte, bekam Teamkollege Felipe Massa kein Bein auf den Boden. "Natürlich bin ich angesichts meines Ergebnisses enttäuscht", gesteht der Brasilianer nach Platz 15. "Am Start lief es noch ganz gut und ich konnte gegen die Fahrer vor mir kämpfen. Als die Strecke dann nach und nach abtrocknete, hatte ich mehr und mehr mit dem Reifenverschleiß zu kämpfen und konnte das Tempo nicht mehr mitgehen."

In puncto Boxenstoppstrategie hielt man sich bei Massa an die Vorgabe von Mercedes und Nico Rosberg, der ebenfalls mit stark nachlassenden Reifen zu kämpfen hatte. "Das hat leider nicht funktioniert und wir haben durch den zusätzlichen Stopp viel Zeit verloren", ärgert sich Massa über den zu frühen Wechsel auf Slicks.

Felipe Massa

Felipe Massa kam mit dem F0212 auf abtrocknender Piste nicht zu Rande Zoom

"Felipe litt unter starkem Nachlassen der Reifen und musste einen Stopp mehr einlegen als sein Teamkollege", erklärt Teamchef Domenicali. "Für ihn ist das eine sehr schwierige Situation, denn er kann aus einem Auto, das augenscheinlich nicht sehr einfach zu fahren ist, nicht das Optimale herausholen. Nun ist es unsere Pflicht, an seiner Seite zu stehen."

Wie Technikchef Fry herausstellt, waren es vor allem die Vorderreifen, die Massa auf abtrocknender Strecke schwer zu schaffen machten. "Wir müssen jetzt verstehen, warum sich sein Auto im Vergleich zu dem des Teamkollegen in puncto Handling instabiler verhält. Das herauszufinden ist eine unserer Aufgaben für die kommenden Tage", so der Technikchef.

Alonso fordert zwei, drei Zehntel bis zum nächsten Rennen

Den Sieg von Alonso werde man laut Teamchef Domenicali zwar "für ein paar Stunden genießen, morgen müssen wir aber wieder in der Fabrik sein und die Entwicklung des F2012 vorantreiben". Laut Massa gehe es für Ferrari nun darum, zu verstehen, "warum sich das Auto so unterschiedlich verhält, denn unterm Strich muss es unser Ziel sein, so schnell wie möglich ein besseres Auto auf die Beine zu stellen".

Am Lob für Teamkollege Alonso beteiligt sich auch der Brasilianer: "Dieser Sieg ist darauf zurückzuführen, dass er ein fantastisches Rennen fuhr. Für das gesamte Team ist dieser Sieg sehr wichtig, aber wir wissen alle, dass unser Auto noch nicht dort ist, wo wir es gerne hätten."

Alonso selbst zeigt sich angesichts des Resultats nach wie vor etwas überrascht. "Unser Ziel für die ersten Rennen des Jahres war Schadensbegrenzung. Jetzt führen wir in der Weltmeisterschaft", so der Spanier. "Wir müssen nun unsere Performance schon für China und Bahrain verbessern und sofort damit beginnen, zumindest zwei oder drei Zehntelsekunden zu finden. Das könnte uns im Kampf um die Spitzenpositionen wieder ins Spiel bringen", glaubt Alonso.

Nach dem erfolgreichen Rennen am Sonntag in Malaysia gratuliert Teamchef Domenicali nicht ohne Grund abschließend den Zweitplatzierten: "Ich möchte Sauber und Sergio Perez, der aus der Ferrari-Nachwuchsförderung stammt, meine Glückwünsche aussprechen. Das Team fuhr das beste Ergebnis in der Geschichte ein und der Fahrer hat bewiesen, welch großes Talent er ist."