• 08.02.2012 23:10

  • von Christian Nimmervoll & Roman Wittemeier

HRT: Vom Modegeschäft ins Tennisstadion

Neues Hauptquartier in einem Tennisstadion, 2011er-Auto eine tickende Zeitbombe, Crashtests nicht bestanden: HRT fährt ein Rennen gegen die Zeit

(Motorsport-Total.com) - Das krisengeschüttelte HRT-Team kann im Rennen gegen die Zeit heute zumindest einen ersten Teilerfolg vermelden: Wie bereits Ende Januar spekuliert wurde, zieht der Rennstall des spanischen Investmentunternehmens Thesan Capital in die Caja Magica (Zauberkiste) in Madrid ein und schlägt dort sein Quartier auf.

Titel-Bild zur News: HRT-Hauptquartier Caja Magica in Madrid

In diesem Tennisstadion soll ein komplettes Formel-1-Team einziehen

Die Caja Magica ist vor allem für das jährlich stattfindende Tennis-Masters-Turnier bekannt. Eigentümer des Stadions ist die Stadt Madrid. Für HRT ist im Innenraum des Komplexes eine Fläche von insgesamt 11.000 Quadratmetern vorgesehen. Die Umbau- und Anpassungsarbeiten sollen sofort beginnen, bereits in einem Monat - also gut eine Woche vor dem Saisonauftakt in Australien - dann auch die ersten Mitarbeiter einziehen.

Umzug vom Modegeschäft ins Tennisstadion

"In den vergangenen Monaten haben wir verschiedene Optionen in Betracht gezogen und uns alle Vor- und Nachteile angeschaut", erklärt Saul Ruiz de Marcos, Geschäftsführer des HRT-Teams. "Wir haben das Gefühl, dass die Entscheidung, unser Hauptquartier in Madrid aufzuschlagen, die beste war." Zumindest kann man nun aus dem ehemaligen Outlet-Modegeschäft in Valencia ausziehen, das als temporäre Basis mehr schlecht als recht geeignet war.

"Einen Platz zu finden, wo wir alle zusammenarbeiten können, war wichtig, um die Arbeitsabläufe zu optimieren und einen Teamgeist, ein Gefühl von Zusammenhalt entstehen zu lassen", unterstreicht Teamchef Luis Perez-Sala. "Wenn die Anpassung der Einrichtungen abgeschlossen ist und alle Abteilungen in ein paar Monaten unter einem Dach arbeiten, bleibt nur noch ein Schritt übrig, nämlich auch das Designbüro nach Madrid zu holen."

Das befindet sich nämlich unverändert in München, wo Ex-Teamchef Colin Kolles die komplette Infrastruktur für HRT aufgebaut hatte. Allerdings kann es gut sein, dass HRT bald nichts mehr übersiedeln muss, denn die wichtigsten Köpfe des Münchner Büros haben in den vergangenen Wochen gekündigt: Technikberater Jacky Eeckelaert, Teammanager Boris Bermes und Produktionsleiter Simon Shinkins, um nur einige zu nennen.


Fotos: HRT, Testfahrten in Jerez


HRT behauptet, dass das neue Hauptquartier mit insgesamt mehr als 100 Arbeitsplätzen ab Mai voll einsatzfähig sein wird. Das bedeutet, dass die technischen und operativen Abteilungen die ersten Saisonrennen in Übersee weiterhin ohne festen Teamsitz abwickeln müssen - sofern HRT überhaupt am Start sein wird, worauf nicht mehr allzu viele Insider ihr Geld setzen würden. Derzeit besitzt das Team noch nicht einmal die nötigen LKWs, um zu den Europarennen anzureisen.

Crashtests noch nicht bestanden

Geschweige denn ein Auto, mit dem man am 18. März am Grand Prix von Australien teilnehmen könnte. Das 2011er-Chassis, eine Weiterentwicklung des 2010 hastig bei Dallara entwickelten Notlösungs-Designs, entspricht nicht mehr den aktuellen Sicherheitsvorschriften und gilt zudem als gefährlich, weil verschiedene Komponenten schon weit über die eigentlich vorgesehene Lebensdauer hinaus eingesetzt wurden.

Das neue Chassis, das noch unter Kolles-Regie designt wurde, ist freilich noch weit von der Fertigstellung entfernt. Während Kolles mit der österreichischen Zulieferfirma Carbo Tech den 16. Januar als Auslieferdatum ausgehandelt hatte, verzögerte sich die tatsächliche Auslieferung bis diese Woche. Also konnten auch die für Test- und Rennteilnahmen erforderlichen FIA-Crashtests mit dem Monocoque erst heute in Angriff genommen werden.

HRT-Niederlassung in Valencia

Bisher hausierte HRT in diesem ehemaligen Modegeschäft in Valencia Zoom

Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' ist das HRT-Monocoque beim Überrollbügel-Crashtest prompt durchgerasselt, ebenso wie zuvor schon beim Crashtest der Nase. Morgen folgt der nächste Nasen-Crashtest. Sollte dieser wieder nicht bestanden werden, erscheint der anvisierte Testauftakt ab 21. Februar in Barcelona unmöglich - und selbst Melbourne rückt dann langsam in immer weitere Ferne...