Tilke: "Hoffe, die Hauptsachen funktionieren"

Warum Streckenarchitekt Hermann Tilke vor der Indien-Premiere nervös ist, was alles schief gehen kann und wieso er in Zukunft auch einen Formel-1-Toten befürchtet

(Motorsport-Total.com) - Hermann Tilke erlebt gerade aufregende Tage. Der Aachener Rennstrecken-Architekt weilt in Indien, wo am kommenden Wochenende die Indien-Premiere der Formel 1 über die Bühne geht - auf dem Buddh-International-Circuit, der von ihm designt wurde. Wie vor einem Jahr in Südkorea wurde der Kurs erst im letzten Moment fertiggestellt. Ein bisschen Bauchweh kann man Tilke daher nicht verdenken, obwohl er für fast alle neuen Grand-Prix-Kurse verantwortlich zeichnet und das Prozedere einer Streckenpremiere daher schon gewohnt ist.

Titel-Bild zur News: Hermann Tillke

Tilke ist auf dem neuen Indien-Kurs einer der wichtigsten Ansprechpartner

"Routine hat man nicht, man ist immer nervös", sagt er gegenüber der 'dpa'. "Ich hoffe, dass die Hauptsachen funktionieren: Die gesamte Technik - für die Teams, für die Journalisten, für die Besucher, für die Fahrer, für alle. Das ist unsere größte Sorge."

Tilkes Nervositätskurve

Das Problem ist laut Bernie Ecclestones Lieblings-Rennstrecken-Architekt, dass man vor einer Grand-Prix-Premiere aufgrund der kurzen Vorlauf-Zeiten meist keinen Spielraum mehr hat, den Kurs durchzuchecken. "Weil immer alles kurzfristig fertig wird, wird ja vorher nicht getestet", bestätigt er. "Es gehen auch immer bei einem ersten Grand Prix - das ist einfach so - Kleinigkeiten schief. Wir gehen da von Null auf Hundert."

Erst im Laufe des Wochenendes lässt Tilkes Nervosität nach. "Dabei gibt es verschiedene Stufen", beschreibt er den Verlauf eines Premierenrennens. "Wenn die ersten Teams ankommen und etwa die Steckdose nicht finden, muss man immer dafür sorgen, dass sie die finden. Wenn das erste Auto freitags gefahren ist, wird man gelassener. Dann sind ja auch die ersten Gäste schon da." Doch selbst zu diesem Zeitpunkt gab es bereits so manche unliebsame Überraschung, meint er, und erzählt, "dass zum Beispiel mal 'ne Box voll Fäkalien gelaufen ist, weil irgendwo ein Rohr nicht richtig angeschlossen war. Das muss natürlich ganz schnell geregelt werden."

"Es gehen auch immer bei einem ersten Grand Prix - das ist einfach so - Kleinigkeiten schief." Hermann Tilke

Wenn dann alles vorbei ist, "denkt man sich: Erstmal schlafen jetzt." Trotz eines gewissen Unsicherheits-Faktors rechnet Tilke nicht mit großen Schwierigkeiten. "Die Strecke ist ohne Probleme abgenommen worden", argumentiert er. "An den Hochbauten wird noch etwas gewerkelt, aber die Strecke ist soweit fertig." Er ist sich daher sicher, dass der Grand Prix "ohne Probleme durchgezogen werden" kann.

Der Architekt über sein neues Baby

Mit seinem neuesten Werk ist er jedenfalls zufrieden. "Es gibt einige Dinge, die es in sich haben", geht er ins Detail. "Eine sehr lang gezogene Rechtskurve, die wird anspruchsvoll sein. Wir werden sehen, was die Reifen sagen. Es wird kein Reifenproblem geben, aber es kann schon sein, dass die Reifen sehr belastet werden. Wir haben einige Auf und Abs, es geht also etwas hoch und runter. Wir haben einige Überholmöglichkeiten, dabei aber die Kurven nach innen geweitet. Das macht es für den Vorfahrenden schwieriger, sich zu verteidigen."

Natürlich dachte Tilke, der selbst bereits an zahlreichen Autorennen teilnahm, beim Layout des Buddh-International-Circuit auch an die Sicherheit - ein Thema, das angesichts der tödlichen Unfälle im Motorsport so aktuell ist wie schon lange nicht mehr. Er weiß aber: "Eine hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben. Da bleibt immer ein Restrisiko. Es kommt der Tag, wo wieder etwas Schlimmes passiert, so wie jetzt beim IndyCar-Rennen."

"Es kommt der Tag, wo wieder etwas Schlimmes passiert, so wie jetzt beim IndyCar-Rennen." Hermann Tilke