Rampf: "Kimi war der beste Fahrer"

Saubers scheidender Technikchef Willy Rampf erinnert sich an die Geburtsstunde eines Champions: Kimi Räikkönens ersten Formel-1-Test in Mugello

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix in Schanghai war für Sauber ein denkwürdiges Rennen. Nicht, weil man die nächste bittere Nullnummer schrieb, sondern weil der langjährige Technische Direktor Willy Rampf sein Amt an Nachfolger James Key übergab und nach 14 Jahren seinen Abschied von der Formel 1 feierte.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönens Testdebüt im Oktober 2000 verblüffte Willy Rampf

Der 56-jährige Bayer arbeitete in seiner langen Karriere mit Toppiloten wie Robert Kubica, Nick Heidfeld, Heinz-Harald Frentzen, Jean Alesi, Felipe Massa oder Jacques Villeneuve. Am meisten beeindruckte ihn aber ein anderer: Kimi Räikkönen. "Er war der beste Fahrer, mit dem ich je gearbeitet habe", ist für Rampf klar. "Ich habe immer noch den größten Respekt für ihn."#w1#

Das Risiko Räikkönen

Die Erinnerungen an diesen 12. September 2000, als der damals 20-jährige Räikkönen in Mugello seinen ersten von vier Testtagen bei Sauber absolvierte, sind bei Rampf immer noch frisch. Es war der Tag, als der Finne sein unglaubliches Naturtalent zeigte, beinahe übernatürliche Fähigkeiten an den Tag legte.

"Kimi war ein großes Risiko", erklärt Rampf gegenüber 'Autosport'. "Doch wir waren begeistert von seinem Fahrstil, da er ja keine Erfahrung hatte. Wir gaben Kimi eine Rundenzeit vor, die er erreichen musste. Das gelang ihm an jedem Tag. Dann verlangten wir eine schnellere Rundenzeit, gaben ihm frische Reifen und nahmen 40 Kilogramm heraus."

"Kimi hatte keine Ahnung, wo die Bremspunkte sind, fuhr noch nie mit ohne Sprit. Dennoch deckte sich seine Runde exakt mit der Simulation." Willy Rampf

So exakt wie ein Computer

Was dann kam, verblüffte alle: Räikkönen bewies seine außergewöhnliche Gabe, sich blitzschnell und instinktiv auf neue Situationen einzustellen. "Die Simulation berechnete, dass er 1,2 Sekunden schneller sein sollte, doch er fuhr ja noch nie ohne Sprit. In seiner ersten Runde war er exakt 1,2 Sekunden schneller. Er hatte keine Ahnung, wo die Bremspunkte waren, hatte nur die Installationsrunde, um ein Gefühl zu bekommen. Dennoch deckte sich seine Runde exakt mit der Simulation - das war unglaublich!"

Doch damit war Rampfs Aha-Erlebnis noch nicht beendet: Als Räikkönen ausstieg, wurde er erstmals mit dem einzigartigen Charakter des Finnen konfrontiert. "Er war sehr selbstsicher. Ich sagte ihm, dass die Rundenzeit gut sei, dass er aber schneller fahren könne. Er fragte mich, ob er hätte schneller fahren sollen und ich antwortete: 'Das wäre gut gewesen.' Seine Antwort: 'Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich schneller gefahren.' Und das war kein Witz - er meinte es ernst."

Blutjung, aber bärenstark: Kimi Räikkönen im Jahr 2000 bei Sauber Zoom

Rampf überzeugte Sauber

Von dem Moment an war Rampf klar, dass man Räikkönen sofort verpflichten müsse - er überzeugte Teamchef Peter Sauber von seinem Eindruck: "Wenn jemand so schnell ist und dann so darüber spricht, dann muss er ein Riesentalent sein. Und so kam es dann auch."

Dennoch gab es vor allem zu Beginn von Räikkönens Karriere viele Zweifler. Wie kann man einem Mann, der gerade Mal 21 Jahre alt ist und vor der Formel 1 nicht mehr als 20 Autorennen absolvierte, eine Superlizenz geben? Aus diesem Grund erhielt er diese zunächst nur auf Bewährung.

"Wir rechneten mit Abflügen und Fehlern, doch das war nicht der Fall." Willy Rampf

Doch einmal mehr belehrte Räikkönen die Zweifler eines besseren. "Wir rechneten damit, dass er einige Abflüge und Fehler machen würde, doch das war nicht der Fall", erinnert sich Rampf. "Von Beginn an fuhr er auf einem sehr hohen Niveau."