• 19.04.2010 12:34

  • von Dieter Rencken

Horner: "Haben wertvolle Punkte abgegriffen"

Teamchef Christian Horner über den Großen Preis von China 2010, die Strategie von Red Bull und die jüngsten Entwicklungen am RB6-Rennwagen

(Motorsport-Total.com) - Bis zur Qualifikation von Schanghai lief für Red Bull alles nach Plan: Sebastian Vettel und Mark Webber platzierten ihre beiden RB6-Autos im Zeittraining von China geschlossen in der ersten Startreihe. Das Wetter am Sonntag schmeckte Red Bull allerdings nicht so sehr, denn auf einmal gerieten die Topfavoriten etwas ins Hintertreffen. In seiner Medienrunde spricht Teamchef Christian Horner über das vierte Rennen des Jahres und anstehende Entwicklungen bei Red Bull.

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Teamchef)

Christian Horner war mit dem Auftritt von Red Bull in China nicht ganz zufrieden

Frage: "Christian, wie schon in Melbourne, so hat euch wohl auch in Schanghai das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hat euch der Regen eingebremst?"
Christian Horner: "Das Problem mit den Bedingungen war, dass sie sehr unkonstant waren. Beginnst du das Rennen zudem von den Positionen eins und zwei, dann hast du natürlich etwas mehr zu verlieren als andere. Fernando hat einen Frühstart hingelegt, doch Mark kam ebenfalls gut weg."#w1#

"Beide Fahrer bestanden anschließend darauf, Intermediates aufziehen zu lassen, weil es zu nass für Trockenreifen war. Daher entschlossen wir uns dazu, sie entsprechend umzurüsten. Leider hatte sich Mark seinen Frontflügel etwas beschädigt, weshalb wir dieses Bauteil beim ersten Boxenstopp austauschen mussten. Das hat sowohl ihn als auch Sebastian ein bisschen Zeit gekostet."

"Die Geschwindigkeit der beiden war im Anschluss an diesen Boxenstopp recht ordentlich und sie konnten sich durch das Feld wieder nach vorne durcharbeiten. Beim zweiten Stopp hatte Sebastian zu Lewis aufgeschlossen. Überrascht hat mich dabei, dass McLaren Lewis ziemlich knapp losgeschickt hat, wodurch Lewis neben Sebastian herauskam. Danach konnten beide recht schnell auf Sutil aufschließen."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von China


"Sebastian wählte die linke Seite, Sutil tauchte nach Innen und berührte ihn leicht mit dem Frontflügel. Lewis nutzte das aus und schlüpfte durch. Zu diesem Zeitpunkt verloren wir zu viel Zeit hinter Sutil. Für den Rest des Rennens war dann schließlich ohnehin klar, dass sie noch einmal in die Box kommen mussten, weil sie schon frühzeitig auf Intermediates gewechselt hatten, um aufzuholen."

"Sebastian konnte dabei einiges an Boden auf Kubica gutmachen, strapazierte seine Vorderreifen allerdings einen Tick zu sehr, sodass diese schließlich hinüber waren. Mark wurde beim Restart von Michael über den Streckenrand hinausgedrückt, wobei er sehr viel verloren hat und bis auf Rang zwölf zurückfiel. Letztendlich ist er noch bis auf Position acht nach vorne gekommen."

"Mark wurde beim Restart von Michael über den Streckenrand hinausgedrückt." Christian Horner

"Das war insgesamt also alles andere als ein einfaches Rennen. Die Bedingungen waren richtig knifflig. Mit den Plätzen sechs und acht haben wir dennoch wertvolle Punkte abgegriffen. Irgendwo ist es aber doch frustrierend, denn ich gehe nicht davon aus, dass die Konkurrenz bei trockenen Verhältnissen eine Chance gegen uns gehabt hätte."

Red Bull sieht den Saisonauftakt positiv

Frage: "Red Bull hatte während der vier Auftaktrennen das schnellste Auto, doch an der Spitze der Gesamtwertung steht nur das dritt- oder viertschnellste Team - McLaren. Welche Lektionen habt ihr in Übersee gelernt, die ihr nun in der Europasaison anwenden könnt?"
Horner: "Wir wissen, dass wir ein schnelles Auto haben. Bei solchen Bedingungen, wie wir sie in China erlebt haben, da kommt es nun eben aber nicht nur auf die Strategie an, sondern du brauchst auch eine gewisse Portion Glück."

"Wenn du nur von den Positionen sieben und acht ins Rennen gehst, hast du natürlich auch viel zu gewinnen und weniger zu verlieren. Jetzt beginnt für uns die Europasaison, nachdem wir es bereits mit vier unterschiedlichen Strecken zu tun hatten."

"Zweimal hatten wir beide Fahrzeuge in der ersten Startreihe. Es gibt also viele positive Elemente. Ferrari hat in Schanghai ebenfalls nicht gerade viele Punkte geholt. Offensichtlich gibt es in dieser Meisterschaft einige Aufs und Abs."

"Ferrari hat in Schanghai ebenfalls nicht gerade viele Punkte geholt." Christian Horner

Frage: "Würdest du sagen, dass sich Red Bull im Vergleich zum vergangenen Jahr verbessert hat?"
Horner: "Zweifelsohne. Der Grand Prix in China hatte nichts mit Strategie oder der Arbeitsweise des Teams zu tun. Die Kommunikation zwischen den Ingenieuren und den Fahrern war in Ordnung. Unterm Strich haben sie genau die gleichen Entscheidungen getroffen wie Lewis. Ich sehe da also überhaupt keine Probleme."

Kommt das F-Schacht-System in Barcelona?

Frage: "Bist du überrascht vom Auftreten von Jenson Button? Vor der Saison hieß es überall, dass er bei McLaren einen schweren Stand gegen Lewis haben würde..."
Horner: "Bei McLaren steht es derzeit 2:0 nach Siegen für Jenson."

"Er ist ein unterschätzter Fahrer und hat die Bedingungen am Sonntag einmal mehr perfekt erfasst. Er ist fehlerfrei gefahren. Jenson ist der amtierende Weltmeister und ist sicherlich ein Titelanwärter, den man ernst nehmen muss. Er führt schließlich nicht umsonst die Gesamtwertung an."

"Jenson ist der amtierende Weltmeister und ist sicherlich ein Titelanwärter." Christian Horner

Frage: "Während der ersten vier Rennen hatte Red Bull gelegentlich Probleme beim Auf- und Abziehen der Reifen. Gibt es da ein grundlegendes Designproblem bei eurem System?"
Horner: "Ich denke, das Problem war beim ersten Boxenstopp, dass Mark zu weit nach vorne gefahren ist und dabei den vorderen Wagenheber getroffen hat. Damit bist du automatisch etwas im Hintertreffen."

"Wir hatten am Sonntag insgesamt acht Boxenstopps und fünfmal ging alles glatt. Bei drei Aufenthalten in der Boxengasse gab es Schwierigkeiten. Was das Problem bei Lewis war, weiß ich nicht, denn er kam ja vor uns herein. Wir waren neben ihm und vorne, als sie ihn losschickten."

Frage: "An diesem Wochenende waren drei weitere Teams mit einem F-Schacht-System unterwegs. Wird man das Red-Bull-Pendant in Barcelona sehen?"
Horner: "Abwarten. Wir werden es nicht unbedingt schon in Barcelona am Auto haben."

"Wir werden es nicht unbedingt schon in Barcelona am Auto haben." Christian Horner

"Solche Komponenten werden für gewöhnlich erst eingeführt, wenn sie wirklich rennbereit sind und wenn sie einen Zeitvorteil mit sich bringen. Unsere Jungs arbeiten mit Hochdruck an unserem eigenen System, doch wir wollen da nicht vorschnell agieren. Es ist in der Entwicklungsphase."

Frage: "Können wir die Bodenhöhen-Thematik nach diesem Wochenende als abgeschlossen betrachten?"
Horner: "Das würde ich schon sagen. Wir hatten niemals ein Problem damit. Das war eigentlich nur für die Medien ein großes Thema. Für uns hat sich rein gar nichts verändert."