Ist der Sauber ein "Reifenflüsterer"?

Reifenmonopolist Bridgestone geht davon aus, dass Sauber in Sachen Konstanz sogar gegenüber den vier Topteams im Vorteil ist

(Motorsport-Total.com) - Die Reifen könnten in der kommenden Saison eine entscheidende Rolle spielen, denn die Slicks sind hinten weiterhin 325 Millimeter breit, wurden vorne aber von 270 auf 245 Millimeter verschmälert. Dadurch gehen an der Vorderachse rund 15 Prozent Grip verloren. Gleichzeitig werden die Autos wegen des Nachtankverbots zumindest zu Rennbeginn deutlich schwerer.

Titel-Bild zur News: Kamui Kobayashi

Der neue Sauber-Ferrari C29 scheint ein echter "Reifenflüsterer" zu sein

Das wiederum führt zu einem potenziell deutlich höheren Verschleiß als bisher, speziell bei hohen Temperaturen, wie sie in Bahrain erwartet werden. Doch die Teams scheinen damit ähnlich umzugehen: "Der Verschleiß bei den vier Topteams ist sehr, sehr ähnlich", erklärt Bridgestone-Entwicklungschef Hirohide Hamashima. "Mit 150 Kilogramm Startgewicht gibt es bei den Mischungen Medium und Soft kaum Unterschiede."#w1#

Hamashima traut Sauber eine Menge zu

Aber: "Sauber ist ein bisschen konstanter", traut der Japaner dem Team aus der Schweiz eine Überraschung zu. Auf die Frage von 'Autosport', ob das speziell im Qualifying mit einer möglicherweise weicheren Reifenmischung helfen könnte, entgegnet Hamashima: "Ja, das ist möglich. Und auf einer Strecke wie Barcelona wird es besonders interessant, denn Barcelona ist sehr anspruchsvoll und der Reifen könnte dort schon nach einer Runde im Rennen abbauen."

Bei Sauber weiß man anscheinend genau, dass man mit dem C29 einen "Reifenflüsterer" gebaut hat: "Unser Auto ist nicht zu hart zu den Reifen, daher kann man halbwegs lange Stints absolvieren, ohne sie gleich zu verschleißen. Dadurch sind wir im Strategiebereich flexibler, weil wir uns das Timing unserer Boxenstopps nicht durch den Reifenverschleiß aufzwingen lassen müssen", wird Technikchef Willy Rampf ebenfalls von 'Autosport' zitiert.

¿pbvin|512|2491||0|1pb¿Force-India-Pilot Adrian Sutil weiß ganz genau, wie heikel das Reifenthema anno 2010 ist: "Wenn man eine gute Abstimmung findet, halten die Reifen länger und man kann sich eventuell einen Stopp sparen. Das wird sehr interessant und auf manchen Strecken sehr schwierig, da das optimale Setup zu finden", schreibt er in seiner aktuellen Kolumne auf 'Motorsport-Total.com' und fügt an: "Generell sehe ich die Reifen als eines der entscheidenden Kriterien."

"Ganz wichtig sind die ersten ein, zwei Runden. Wenn du etwas falsch machst, ist es da schon vorbei - die Reifen beginnen zu grainen und du bekommst das nicht mehr hin. Dann musst du womöglich schon nach sechs, sieben Runden an die Box. Also musst du dich in den ersten Runden zurücknehmen und nicht zu stark pushen - einfach gesagt, wenn man den Platz verteidigen oder einen Gegner angreifen will", erläutert der Deutsche.

Erste Runden besonders entscheidend

"Wenn man am Anfang um die Positionen kämpft, gewinnt man vielleicht zwei, drei Plätze, aber man kann später viel mehr verlieren, wenn man es auf Kosten der Reifen übertrieben hat. Ein bisschen zu viel Wheelspin am Start, ein oder zwei Verbremser im Zweikampf - und schon kann ein Reifensatz im Eimer sein. Gerade am Anfang ist das problematisch, weil da die Strecke noch am rutschigsten ist und kein Gummiabrieb liegt. Später wird es dann immer besser, wenn das Gripniveau steigt", so Sutil.

Übrigens ist Reifenhersteller Bridgestone auch 2010 Monopolist in der Formel 1 - zum vorerst letzten Mal! Denn die Japaner haben entschieden, ihr Engagement in der Königsklasse am Saisonende aufzugeben. Gerüchten zufolge könnte sich Michelin unter gewissen Rahmenbedingungen vorstellen, Bridgestone abzulösen. Doch 2010 bleibt alles unverändert und Bridgestone produziert insgesamt 40.000 Reifen für die Teams, von denen "80 bis 90 Prozent" auch verwendet werden.


Fotos: Sauber, Testfahrten in Barcelona


Ein aktueller Formel-1-Reifen besteht aus "ungefähr 50" verschiedenen Zutaten, wie Hamashima im Interview mit 'auto motor und sport' verrät, doch nur die wenigsten Bridgestone-Mitarbeiter kennen die genaue Mischung, die wie das Coca-Cola-Rezept so gut wie möglich unter Verschluss gehalten wird: "Im Technikzentrum in Japan arbeiten 1.500 Techniker. Ungefähr 100 davon sind mit der Formel-1-Entwicklung beschäftigt. Die wissen auch Bescheid", erklärt Hamashima.