• 09.06.2009 13:30

Hamilton: "Jenson hat mich schon immer beeindruckt"

Weltmeister Lewis Hamilton im Interview über das Fahren im Mittelfeld, WM-Leader Jenson Button und über die Vorfreude auf das Rennen in Silverstone

(Motorsport-Total.com) - Ein britischer Fahrer reist in dieser Saison als Tabellenführer in der Formel 1 zu seinem Heimrennen nach Silverstone - es ist aber nicht Titelverteidiger Lewis Hamilton. Während der amtierende Weltmeister nach wie vor mit dem Speed seines McLaren-Mercedes-Autos zu kämpfen hat, düst Landsmann Jenson Button im Brawn vorneweg. Im Interview für seine Homepage sprach Hamilton über schwierige Zeiten, den Erfolg von Button und die Faszination der Strecke in Silverstone.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton freut sich schon sehr auf den Vollgas-Kurs im britischen Silverstone

Frage: "Lewis, für einen amtierenden Weltmeister muss ein 13. Platz doch etwas enttäuschend sein. Du warst nach dem Großen Preis der Türkei aber recht guter Dinge. Wie kommt das?"
Lewis Hamilton: "Das Rennfahren im Mittelfeld unterscheidet sich sehr deutlich vom Fahren an der Spitze. Wenn du um den Sieg in der Meisterschaft kämpfst oder an den vorderen Positionen in einen Fight verstrickt bist, dann gehst du anders an diese Sache heran. Du musst auf deine Reifen achten, die richtige Strategie erwischen, deine Gegner vor und hinter dir im Auge behalten und deine Boxenstopps perfekt absolvieren."#w1#

"Das läuft alles äußerst diszipliniert ab. Wenn du dich an anderen Autos vorbeikämpfen und das Feld von hinten aufrollen musst, dann ist das eigentlich viel einfacher, kann aber auch sehr viel Spaß machen. Dann geht es nur um dich und den anderen Fahrer und wie du an ihm vorbeikommst, wie du vor ihm bleibst und um die Frage, ob du ihn beim Boxenstopp kassieren kannst."

Schwächeperiode als Lernphase

Frage: "Fast jeder Fahrer hat zu Beginn seiner Formel-1-Karriere einige harte Jahre zu überstehen - bei dir ist es genau andersherum - du stößt erst jetzt auf Gegenwind. Wie fühlt sich das an?"
Hamilton: "Es stimmt. Ich erlebe in dieser Saison mein erstes schwieriges Jahr in der Formel 1. Es ist aber bei Weitem nicht das erste Mal in meiner Karriere, dass ich solch knifflige Zeiten erlebe. Als ich noch im Kart und niederen Formelklassen unterwegs war, musste ich auch einige schwierige Phasen hinter mich bringen. Allerdings befand ich mich in meiner gesamten Laufbahn auch in der glücklichen Lage, in vielen Topteams unterzukommen und einige wirklich großartige Autos fahren zu können. Das hilft dir auch bei der Entwicklung deiner Persönlichkeit. Du hast gute und schlechte Jahre - aber solange du aus beiden Situationen etwas lernen kannst, wirst du daran wachsen."

"Mit jedem einzelnen Tag werde ich ein besserer Mensch und ein besserer Fahrer - gerade, weil es so hart ist. Gemeinsam mit dem Team habe ich schon einige fantastische Zeiten erlebt und ich bin mir sicher, dass wir schon bald wieder zurück sein werden. In der Zwischenzeit sind Disziplin, Entschlossenheit und harte Arbeit gefragt, um wieder an die Spitze zu kommen. Das wird uns möglicherweise nicht mehr in diesem Jahr gelingen. Wir gehen davon aus, dass Silverstone ein hartes Rennen für unser Paket sein wird. Aber wir werden wieder zurückkommen."

"Mit jedem einzelnen Tag werde ich ein besserer Mensch und ein besserer Fahrer." Lewis Hamilton

Frage: "Du kannst also sicherlich nachvollziehen, wie sich Jenson fühlen muss. Er hatte einige schwierige Zeiten zu überstehen, ehe er in diesem Jahr von Erfolg zu Erfolg jagen konnte..."
Hamilton: "Ich kenne Jenson schon seit einigen Jahren. Er ist ein fantastischer Fahrer und hat diese Chance nun wirklich sehr verdient. Er hat lange auf die Möglichkeit gewartet, in einem konkurrenzfähigen Auto zu sitzen. Im Augenblick zeigt er uns eben, was er in einem solchen Wagen alles leisten kann. Jenson hat mich schon immer beeindruckt. Bevor ich in die Formel 1 gekommen bin, hatte ich immer den Eindruck, dass er mit schlechten Zeiten sehr gut klarkommt und niemals vergisst, warum er überhaupt da ist."

"Er lässt auch das Team niemals im Stich. Deshalb verdient er diesen Erfolg so sehr. Er führt die Weltmeisterschaft aus dem Grund an, weil er seit der ersten Runde bei den Testfahrten im Winter keinen einzigen Fehler gemacht hat. Eine solche Vorbereitung hilft dir dabei, die Meisterschaft zu gewinnen. Er hat es wirklich verdient, in einer solchen Position zu sein. Das ist eine großartige Geschichte für das Brawn-Team und auch für Mercedes-Benz - und auch für die britischen Fans, die nun zwei Fahrer haben, die sie in Silverstone unterstützen können."


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis der Türkei


Hamilton nachhaltig von Silverstone beeindruckt

Frage: "Die Leistung deines Wagens lässt darauf schließen, dass Silverstone nicht gerade einfach werden wird..."
Hamilton: "Wir gehen fest davon aus, dass uns ein schwieriges Wochenende ins Haus steht. Silverstone ist einer der schnellsten Kurse im Kalender und es ist offensichtlich, dass sich unser Auto in schnellen Kurven einfach nicht besonders gut verhält. Außerdem wird es nicht gerade einfach sein, dort von KERS zu profitieren, weil es nur wenige harte Bremszonen gibt."

"Um das einmal zu veranschaulichen: Vom Kurvenausgang von Luffield bis Stowe benutzen wir die Bremse überhaupt nicht - und das ist die halbe Strecke. Es gibt im Prinzip keine langsamen Ecken, denen lange Geraden folgen, auf denen man KERS für einen kleinen Schub nutzen könnte. Es wird also schwierig für uns, nichtsdestotrotz freue ich mich auf mein Heimrennen, auf meine Fans, auf das Essen zuhause und auf die vielen Eindrücke."

Frage: "Was macht Silverstone so speziell?"
Hamilton: "Der Kurs an sich ist einfach nur unglaublich toll! Die Strecke beschert dir als Fahrer einen der größten Kicks überhaupt. Du kommst im siebten Gang über die Ziellinie und bretterst an einem guten Tag in der Qualifikation fast mit Vollgas durch Copse, baust nur über die Reifen etwas Speed ab, wenn du in Maggotts und Becketts eintauchst. Das ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, wenn du den Wagen in diese Kurven wirfst. Dein ganzer Körper fühlt die g-Kräfte, wenn der Wagen immer langsamer wird und du nach einigen Gangwechseln und einem weichen Ausgang auf die lange Hangar Straight kommst."

"Die Strecke beschert dir als Fahrer einen der größten Kicks überhaupt." Lewis Hamilton

"Erst vor der Stowe-Kurve benutzt man zum ersten Mal so richtig die Bremse. Nirgendwo sonst kommt die Bremse für so lange Zeit nicht zum Einsatz wie hier in Silverstone. Jede Runde fühlt sich einfach unglaublich an. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass die britischen Fans für eine ganz besondere Atmosphäre sorgen. Ihre Unterstützung ist einfach phänomenal und ich freue mich schon sehr darauf, sie in diesem Jahr wiederzusehen."