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  • 16.05.2009 13:18

  • von David Pergler

Hamilton über sein neues Leben im Mittelfeld

Lewis Hamilton kämpft 2009 in ungewohnter Umgebung, will aber weiterhin hart angreifen - Freude über den Erfolg von Landsmann Jenson Button

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton und Jenson Button - zwei Briten tauschen die Plätze. Vergangenes Jahr eilte der McLaren-Mercedes-Pilot von Sieg zu Sieg und der damalige Hondafahrer musste sich mit den Brotkrümeln abfinden, die vom Tisch der Topteams abfielen. Jetzt ist Button derjenige, der von Sieg zu Sieg eilt und Hamilton hadert mit dem Schicksal.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton muss sich mit seiner neuen Situation arrangieren

Für den Weltmeister ist dies eine besonders bittere Pille: Von Beginn seiner Formel-1-Karriere an sah sich der Brite stets in einem Siegauto, nun lernt er das mühselige Leben im Mittelfeld kennen. Normalerweise absolvieren Formel-1-Fahrer den umgekehrten Weg. "Das Gefühl, morgens aufzustehen und zu wissen, dass man nicht gewinnen kann, egal wie hart man fährt oder wie gut das Team arbeitet, ist nicht so toll", verriet Hamilton am Rande der Präsentation seines neuen Spezialhelms für Monaco.#w1#

"Es ist schwer zu akzeptieren, aber so ist es eben und jetzt muss man damit zurechtkommen. Man muss seine Erwartungen anpassen und neue Ziele anvisieren. Das ist schwierig, aber es geht nicht anders." Der Brite weiß aber dass er sich in einer besonderen Situation befindet: "Ich hatte einige sehr schöne Erfahrungen und will mich daher gar nicht beschweren."

Freude über Buttons Höhenflug

Darüber hinaus darf der 24-Jährige auf das beruhigende Gefühl vertrauen, am Steuer eines McLaren zu sitzen - bislang hat das Team aus Woking früher oder später jede Krise bezwungen und sich mit einer starken Antwort zurückgemeldet. Nebenbei gönnt Hamilton seinem Landmann Button dessen aktuellen Erfolg."Ich kenne Jenson schon, seit ich zehn Jahre alt war. Er war einer der Topfahrer, zu denen wir Youngster im Kart emporgeblickt haben und als er es in die Formel 1 geschafft hatte, wollte jeder an seiner Stelle sein."

Jenson Button

Bei Honda stand Jenson Button lange im Regen - nun folgt die Wachablöse Zoom

Für das Jahr 2000 mag das vielleicht noch gegolten haben, doch anschließend wechselten sich wenige Hochs mit vielen Tiefs ab und bis kurz vor dem diesjährigen Saisonstart schien die Karriere des Briten gelaufen zu sein - dass Button momentan als einer der heißesten WM-Kandidaten fungiert, ist ein modernes Formel-1-Märchen.

"Jenson hat in seiner Karriere schon viel durchgemacht und er hat sich trotzdem immer gut geschlagen", bestätigt Hamilton. "Dann zuerst zu glauben, dass er nicht fahren wird, und jetzt doch in einem Team zu sein, mit dem er Rennen gewinnen kann, ist eine großartige Story. Sie haben ein großartiges Auto und es wird sehr schwierig, sie zu schlagen. Ich wünsche ihnen jedenfalls alles Gute!"

Dem Rausch des WM-Titels folgt die Ernüchterung

Neben dem Gewinn einer Weltmeisterschaft träumt jeder Fahrer natürlich von einem Sieg im prestigeträchtigen Monaco. Hamilton war dieses Kunststück 2008 gelungen, Button könnte dieses Jahr dafür sorgen, dass der Pokal auf der Insel bleibt. Sein bestes Ergebnis in den Straßenschluchten von Monte Carlo ist ein zweiter Platz von 2004.

"Monaco hat er noch nicht gewonnen. Das wäre sicher etwas Besonderes", weiß der McLaren-Pilot. So erfreut der Star die Ambitionen seines neu belebten Landsmannes verfolgt, so ernüchtert zeigt er sich über seine eigenen. Hamilton ist realistisch: Für McLaren ist die diesjährige Meisterschaft höchstwahrscheinlich verloren.

Lewis Hamilton

Das wird sich 2009 wohl nicht wiederholen - 2008 siegte Hamilton in Monaco Zoom

"Ich möchte die Weltmeisterschaft gewinnen, aber ich habe in der Punktetabelle einen großen Rückstand - so groß wie noch nie zuvor in meiner Karriere", zuckt der Brite mit den Schultern. Gleichzeitig bedient er sich einer alten Formel-1-Weisheit: "Es sind noch viele Rennen zu fahren. Das Führungsauto könnte zehnmal hintereinander nicht ins Ziel kommen. Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist, aber wenn wir zu Saisonmitte noch immer keine guten Punkte holen, dann müssen wir die Saison wohl abschreiben."

Dem MP4/24 fehlt es an Anpressdruck

"Wir geben alles, um dieses Jahr noch Rennen zu gewinnen. Das ändert sich nie, auch wenn wir nicht dort stehen, wo wir gerne stehen würden. Aber eine erfolgreiche Titelverteidigung steht wohl außer Frage." Das Problem des Mp4/24 ist zumindest bekannt: "Sobald wir Anpressdruck finden und unser Paket damit verbessern, werden wir wieder vorne dabei sein. Das dauert eben."

Doch nicht nur die silbernen Tüftler, auch Hamilton selbst sieht sich gefordert: "Du musst als Fahrer das Beste aus dir herausholen. Das tut man eigentlich immer, aber wenn das Auto nicht so gut läuft, ist es ein bisschen schwieriger als sonst, weil man die Enttäuschungen wegstecken muss. Man ist ständig über dem Limit und will mehr herausholen, als das Auto eigentlich hergibt."

Zumindest der Motor scheint keine ausnehmende Schwachstelle zu sein, mit dem Mercedes-Aggregat dominiert das Brawn-Team fast jeden Grand Prix nahezu nach Belieben. Und McLaren muss auch erst mal am Mittelfeld vorbei, welches sich dieses Jahr kurioserweise aus Ferrari, Renault und dem BMW-Sauber-F1-Team zusammensetzt. Da ist Brawn noch weit weg.

Lewis Hamilton

Der McLaren MP4/24 generiert zu wenig Anpressdruck und damit zu wenig Grip Zoom

"Ich geben nie auf, aber das Brawn-Team hat seit dem ersten Test ein Siegerauto. Die sind weit voran und es wird sehr, sehr schwierig, sie diese Saison zu schlagen. Sie haben fantastische Arbeit geleistet." Doch Hamilton wäre nicht Hamilton, hätte er etwas von seiner kämpferischen Natur eingebüßt: "Der Abstand zwischen Brawn und uns wird viel kleiner sein als in Barcelona. Wir bekommen auch einige Upgrades. Vielleicht bringt uns das einen Schritt nach vorne."

Zudem ist Hamilton nicht der erste amtierende Weltmeister, der einen Absturz ins Mittelfeld hinnehmen musste, die Liste ist fast so lang wie die Liste der Champions. Am Schlimmsten hat es Jody Scheckter erwischt, der nach seinem Weltmeistertitel 1979 und lediglich zwei WM-Punkten 1980 frustriert die Brocken hingeschmissen und seine Karriere beendet hatte. Diese Gefahr dürfte bei Hamilton nicht drohen.