• 03.08.2008 20:12

  • von Dieter Rencken

Theissen: "Rennen ist an uns vorbeigelaufen"

BMW Motorsport Direktor Mario Theissen analysiert die Schlappe von Ungarn: "Man konnte fast den Eindruck haben, wir waren gar nicht dabei"

(Motorsport-Total.com) - Robert Kubica Achter, Nick Heidfeld mit Einstoppstrategie Zehnter, schlechtestes Resultat seit Brasilien 2006: Das BMW Sauber F1 Team erlebte in Ungarn einen Sonntag zum Vergessen. Bitter auch, dass nicht unglückliche Umstände dazu beigetragen haben, sondern schlicht und einfach fehlender Speed - Kubicas schnellste Rennrunde war um 0,7 Sekunden langsamer als die Spitze, jene von Heidfeld um fast eine Sekunde. Kein Wunder, dass die Analyse von BMW Motorsport Direktor Mario Theissen eher ernüchternd ausfiel.

Titel-Bild zur News: Mario Theissen

Mario Theissen hatte heute am Hungaroring herzlich wenig zu lachen

Frage: "Herr Theissen, wie würden Sie das heutige Rennen zusammenfassen?"
Mario Theissen: "Das Rennen ist komplett an uns vorbeigelaufen. Man konnte fast den Eindruck haben, wir waren gar nicht dabei. Wir waren einfach langsam. Zu keinem Zeitpunkt konnte einer der beiden Fahrer die Rundenzeiten fahren, die wir von gestern her kennen und für normal halten und erwarten konnten - sowohl auf den harten als auch auf den weichen Reifen. Die Ursache ist für uns derzeit nicht klar. Wir werden jetzt die nächsten Tage das Thema analysieren."#w1#

Langsam, langsamer, am langsamsten

Frage: "Das heute war das schlechteste Resultat seit zwei Jahren, glaube ich. Stimmt das?"
Theissen: "Ja. Es war wirklich weit weg von der Pace. Robert ist sogar zeitweise die langsamsten Runden im Feld gefahren. Natürlich ist das völlig unerwartet und passt mit dem, was wir noch gestern gesehen haben, überhaupt nicht zusammen."

Frage: "Robert sagt, die erste Runde war schon schlimm - aber dann wurde es nur noch schlimmer..."
Theissen: "Auch für uns sah es so aus."

Frage: "Robert hat am Start eine Position verloren. Warum?"
Theissen: "Da haben wir uns gestern schon Sorgen gemacht, denn hier ist der Unterschied zwischen der sauberen und der schmutzigen Fahrbahnseite recht groß. Der fünfte Startplatz ist besser als der vierte, weil er auf der sauberen Seite ist. Wir wussten, dass es sehr schwierig werden würden, die Position gegen Timo in der ersten Kurve zu verteidigen. Ich weiß nicht, ob Robert Wheelspin hatte, aber sein Start war nicht perfekt."

"Der fünfte Startplatz ist besser als der vierte, weil er auf der sauberen Seite ist." Mario Theissen

Frage: "Ist der Hungaroring keine Rennstrecke für BMW?"
Theissen: "Das kann man nicht sagen. Wir sind hier in den letzten zwei Jahren auf dem Podium gewesen, also muss es schon etwas anderes sein. Wir gehen davon aus, dass es im Wechselspiel zwischen Reifen, Strecke und Fahrzeug liegt. Es war nicht nur so, dass wir langsam waren, sondern wir waren auch nicht konstant. Wir haben bei anderen gesehen - zum Beispiel bei Ferrari -, dass der eine viel besser vorankam als der andere. Irgendwas ist da, was wir noch nicht verstehen."

Frage: "Könnte es ein vergleichbares Problem wie in Magny-Cours gewesen sein, wo es spezielle Streckenbedingungen gegeben hat, oder war es etwas ganz anderes?"
Theissen: "Es könnte eine Verbindung zu dem geben, was wir in Magny-Cours gesehen haben, aber dafür ist es noch zu früh. Offensichtlich hatte es in beiden Fällen mit den Reifen zu tun, damit, wie wir sie zum Arbeiten bringen. Ob es das gleiche Problem war wie in Magny-Cours, kann ich jetzt aber noch nicht sagen. In Magny-Cours waren wir wenigstens konstant - da wussten wir am Samstag, was am Sonntag möglich sein würde. Das war hier anders."

Frage: "Sie haben den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM an McLaren-Mercedes verloren. Kann man den zurückerobern?"
Theissen: "Mit der heutigen Leistung und Punkteausbeute sicher nicht. Aber natürlich werden wir jetzt nicht das Gas aus der Saison rausnehmen. Wir haben noch einige Entwicklungen im Rohr - und die werden auch kommen. Aber nach einem Rennen wie dem heutigen können wir nicht sagen, dass wir die beiden Topteams herausfordern werden."

Entwicklung wird nicht eingestellt

Frage: "So wie heute kann die Situation nicht bleiben. Was planen Sie für die nächsten Wochen?"
Theissen: "Wir haben noch einige Entwicklungen in der Pipeline, sowohl auf aerodynamischer Seite wie auch bei der Mechanik. Die werden wir bringen. Wir werden nicht wegen eines solchen Ergebnisses die Weiterentwicklung des diesjährigen Autos zurückfahren."

Frage: "Vorher hatte zumindest ein Fahrer gewisse Probleme. Nun scheint es das Auto zu sein..."
Theissen: "Naja, gestern war das Qualifying bei Nick auch nicht das, was er erwartet hat. Das hat im Prinzip schon dafür gesorgt, dass er heute keine Punkte holen konnte. Was wir heute gesehen haben, hat aber definitiv nichts mit den Fahrern zu tun."

"Was wir heute gesehen haben, hat definitiv nichts mit den Fahrern zu tun." Mario Theissen

Frage: "Robert war auf zwei Stopps, Nick auf einem. Hat das in keinster Weise irgendetwas Positives bewirkt?"
Theissen: "Das würde ich so nicht sagen. Der Zweistopper war für Robert die absolut richtige Strategie, das war für mich klar. Bei Nick war es so, dass wir mit einem Zweistopper auf jeden Fall da hinten geblieben wären, aber mit dem Einstopper hatten wir die Chance, dass wir nach vorne kommen, falls ein Safety-Car kommt. Wir haben also diese Einstoppstrategie gezielt in Richtung Safety-Car aufgesetzt, weil klar war: Wenn es nicht kommt, kann er sowieso nicht in die Punkte fahren."

Frage: "Das nächste Rennen in Valencia ist für alle Neuland. Wie bereiten Sie sich darauf vor?"
Theissen: "Zunächst mal geht es darum, die Performance von heute zu analysieren. Darüber hinaus tun wir was wir können, eine unbekannte Strecke zu analysieren. Wir haben natürlich einen Streckenplan, den Verlauf, können abschätzen, wie schnell sie ist, welche Aeroeinstellungen sie erfordert. Es wird aber einige Fragezeichen mehr geben als üblich, wenn wir am Freitag dann zum ersten Mal fahren. Ich erwarte auch, dass wir im ersten Freien Training mehr Aktion sehen werden als üblich."