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  • 19.10.2007 09:23

Voll im Bild - Es geht um Millionen

Wer die Formel 1 dem TV-Zuschauer nahe bringen will, muss tief in die Taschen greifen - ein Blick hinter das Millionen-Geschäft mit den Fernsehrechten

(Motorsport-Total.com) - Der Sport ist immer noch der beste Programmdirektor: Mit einem Showdown zur besten europäischen Prime-Time erlebt die Formel 1 am Wochenende ihr großes Fernseh-Finale. Es ist ein großes Geschäft auf Gegenseitigkeit - die Formel 1 braucht das Fernsehen, das Fernsehen braucht die Formel 1. Unsere Kollegen vom 'emagazine' der Credit Suisse blicken hinter die Kulissen des Millionen-Geschäfts.

Titel-Bild zur News: Christian Danner

Mit der Übertragung der Formel-1-Rennen werden Millionen-Umsätze erzielt

Es war vermutlich das beste Geschäft, das Bernie Ecclestone je gemacht hat: Ganze 100 Millionen Dollar musste der Vermarkter der Formel 1 zur Jahrtausendwende an den Automobilweltverband FIA entrichten, um sich die Fernsehübertragungsrechte am Grand-Prix-Sport für 99 Jahre zu sichern.#w1#

Die Wettbewerbskommission der Europäischen Union hatte eine vertragliche Regelung gefordert, so ist der symbolische Preis zustande gekommen. Was als Senderechte bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit eine Lizenz zum Gelddrucken.

Riesiges Interesse

Von der Aufmerksamkeit her konkurriert die Formel 1 mit Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, nur dass sie 17 Mal im Jahr ausgetragen wird. Als Michael Schumacher in den Neunzigern für eine Renaissance des Interesses am Motorsport sorgte, traf die Saat auf nährreichen Boden: Im letzten Jahrzehnt explodierten durch das Privat- und Bezahlfernsehen die Preise auf dem Sportrechtemarkt.

Der führende deutschsprachige Sender RTL war jedoch schon vorher auf der Pole-Position - als die ARD mit der Arroganz einer öffentlich-rechtlichen Anstalt gegen den Rat ihrer Sportexperten auf die damals noch spottbilligen Übertragungsrechte verzichtete, wurden sie ans damals noch unbedeutenden Privatfernsehen verschleudert.

Millionen von Fernsehzuschauer

Mittlerweile überträgt RTL seit 17 Jahren und hat sich als "Formel-1-Sender" profiliert - für das Image beim jungen Publikum ein unverzichtbarer Vorteil. Selbst den Rücktritt der Ikone Michael Schumacher, der gerade für sein Lebenswerk den "Deutschen Fernsehpreis" erhalten hat, wurde kompensiert.

Die populärsten Übertragungen erreichen immer noch Marktanteile von 40 bis 60 Prozent, und das letzte Rennen in Shanghai am frühen Sonntagmorgen sahen 3,63 Millionen Menschen live - 800.000 mehr als den Kinofilm "Gladiator" am Samstagabend.

Die höchsten Zuwachsraten sind aber - wen wundert es in einer so an Personen gebundenen Sportart - in Großbritannien und Spanien festzustellen, Lewis Hamilton und Fernando Alonso sei Dank.

Sparprogramm beim Schweizer Fernsehen

Im Rahmen eines umfangreichen Sparprogramms hat das staatliche Schweizer Fernsehen bereits Anfang des Jahres angekündigt, die Formel-1-Berichterstattung nicht fortzusetzen - trotz grosser Proteste, vor allem aus der Anhängerschaft von BMW Sauber F1.

Die SRG würde von diesem Entschluss nur zurücktreten, falls sich die finanziellen Rahmenbedingungen ändern würden. Sprich: Bernie Ecclestone schraubt die finanziellen Forderungen zurück - oder ein potenter Sponsor übernähme die Gebühren.

Alles kostet

Nach den Einnahmen aus dem Verkauf der Veranstaltungsrechte sind die Fernseheinnahmen der zweitgrößte Batzen im Vermarktungsbereich der Formel 1. Etwa eine halbe Milliarde Euro wird so pro Saison erzielt, die Hälfte davon wird wieder an die teilnehmenden Rennställe ausgeschüttet.

Allein der Pay-TV-Sender Premiere soll für seine gerade erfolgte Vertragsverlängerung 30 Millionen Euro bezahlt haben. RTL steht ebenfalls vor einer weiteren Neufassung der Verträge, der Preis für die Kölner wird auf etwa 70 bis 90 Millionen Euro taxiert.

Für diesen Betrag darf RTL eigene Kameras mit ins Fahrerlager bringen, ein eigenes Studio aufbauen, bekommt Akkreditierungen für Kommentatoren und Reporter.

Fernsehsender, die sich diesen Luxus nicht leisten wollen und können müssen mit Einheitsbildern ("world feed") und ohne eigene Interviews auskommen. Jedes kleine Extra muss der Ecclestone-nahen Produktionsfirma FOM TV extra honoriert werden. Selbst bei offiziellen Testfahrten darf kein Mikrofon, keine Kamera ohne den entsprechenden Genehmigungs-Sticker zum Einsatz kommen.

Unglaubliche Bilder

Als Gegenleistungen hat sich die Qualität der Rennübertragungen in den letzten Jahren gewaltig gesteigert: On-Board-Kameras, die den Fahrer bei der Arbeit im Cockpit zeigen, Kameras im Heckflügel, die den herannahenden Gegner beobachten, Kameraaugen, die in Randsteine eingelassen sind, animierte Drehzahlgrafiken, Super-Slow-Motions sind mittlerweile Standard. Der Aufwand ist gigantisch, die bis zu sieben Kilometer langen Formel-1-Pisten müssen mit Glasfiber-Kabelsträngen umrundet werden.

High-Tech-Formel

Die telegene Entsprechung einer High-Tech-Formel - gleichwohl Ecclestone selbst mit der Einführung des Digital-Fernsehens einst einen dreistelligen Millionenverlust eingefahren hatte, der sein Interesse an technischen Neuerungen auf Jahre hinaus doch stark einschränkt.

Die Formel 1 war einfach mal wieder ihrer Zeit voraus. So soll es weitergehen: An der Strecke können Zuschauer bereits kleine Monitore zum Umhängen mieten, auf der sie die Rennen aus verschiedensten Perspektiven beobachten können. Der nächste technische Schritt ist die Einführung des Handy-Fernsehens. Die Formel 1 lebt von ihrer Schnelllebigkeit, und sie lebt gut davon.