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  • 04.08.2007 20:23

Hamilton-Interview: Wie man Wut versteckt...

Ein innerlich kochender Lewis Hamilton stellte sich nach dem kontroversen Zwischenfall im Qualifying im Rahmen der FIA-PK den Medienvertretern

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton ist der perfekte Teamplayer: Ein Handshake mit Fernando Alonso, ein breites Grinsen für die Pole-Position-Fotos, kein böses Wort in den Interviews - und das alles, nachdem ihm sein Stallkollege im Qualifying zum Grand Prix von Ungarn mit einer zumindest fragwürdigen Aktion jede Chance auf den ersten Startplatz geraubt hat.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton musste sich während der Pressekonferenz gewaltig beherrschen

Doch auch wenn Hamilton das PR-Regime seines Arbeitgebers vorschiftsmäßig ein- und seine Emotionen brav im Zaum hielt, dürfte er in Wahrheit innerlich gekocht haben. Während der FIA-Pressekonferenz war er so stinksauer, dass er teilweise sogar ein wenig zitterte - und was er nicht wörtlich sagen durfte, drückte er mit Ironie aus: "Wie Fernando gesagt hat, wurde ihm gesagt, dass er warten soll. Seine Reifen waren drauf, die Reifenwärmer waren bereits herunten und ihm wurde gesagt, dass er warten soll", meinte er beispielsweise mit vielsagender Miene.#w1#

Jeder konnte sehen, was passiert ist

Frage: "Lewis, das muss ein frustrierendes Qualifying gewesen sein. Du warst sehr schnell, aber was war los, als du hinter Fernando Alonso aufgehalten wurdest?"
Lewis Hamilton: "Da gibt es nicht viel zu sagen, ihr habt ja gesehen, was passiert ist. Ich denke, ich war heute sehr schnell, was gut ist. Wir haben uns im Laufe des Wochenendes gesteigert und das Team hat wie immer einen fantastischen Job gemacht, das Auto runterzukühlen, so dass ich als Erster ins Q3 starten konnte. Wir hatten eine gute Pace."

Frage: "Ist dir der Grund bewusst, warum du da aufgehalten wurdest kurz vor Schluss?"
Hamilton: "Ähm, nein. Das solltet ihr das Team fragen."

"Das solltet ihr das Team fragen." Lewis Hamilton

Frage: "Um wie viel Zeit hast du eine weitere schnelle Runde am Ende verpasst?"
Hamilton: "Ich schätze, ungefähr um die Zeit, die ich beim Boxenstopp aufgehalten wurde."

Frage: "Du musst sehr frustriert sein..."
Hamilton: "Nein, nicht wirklich. Ich weiß, dass ich die Pace hatte, also bin ich zuversichtlich."

Frage: "Du sagst, du bist nicht frustriert, aber gerade auf dieser Strecke sind die geraden Startplätze schlechter. Nick Heidfeld ist für seine Raketenstarts bekannt. Daher muss man sagen, dass dich die Sache das Rennen kosten könnte, oder?"
Hamilton: "Ich halte das für keine gute Weise, die Sache zu betrachten. Offensichtlich ist innen die schmutzige Seite des Grids. Es ist wahrscheinlich besser, Erster oder Dritter zu sein, also ja, sie haben da einen Vorteil, aber ich werde versuchen, ein bisschen Gummi zu legen und den Platz zu reinigen und einfach den besten Job zu machen, den ich drauf habe. Der Weg bis zur ersten Kurve ist lang. Wir werden sehen, was in der ersten Kurve passiert, also..."

Frage: "Hat man dir während der Wartezeit am Funk irgendetwas gesagt und wenn nicht, dann jetzt, am Weg hierher ins Medienzentrum?"
Hamilton: "Am Funk wurde mir nichts gesagt. Sie haben mir am Weg in die Box natürlich mitgeteilt, dass Fernando seinen Stopp macht und dass ich langsam fahren soll, damit ich mich nicht anstellen muss. Das tat ich. Ich habe also in der letzten Kurve in die Boxen rein schon Zeit gespart, aber aus irgendeinem Grund stand er immer noch da."

Hamilton wird dem Team Fragen stellen

Frage: "In Monaco hast du gesagt, dass du die Nummer zwei im Team bist. Ist das ein weiteres Beispiel dafür?"
Hamilton: "Wie gesagt verstehe ich nicht wirklich, warum ich zurückgehalten wurde, also solltet ihr das Team fragen. Ich werde das sicher während des Debriefings tun. Ich kann dazu also keinen Kommentar abgeben. Ich denke, das Team war seit Monaco extrem fair, also kann ich ihnen keine Schuld geben. Sie arbeiten extrem hart und ich habe so viel Glauben an das Team, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sie so etwas tun würden."

Frage: "Du sagst, du weißt nicht, warum du zurückgehalten wurdest, aber Fernando Alonso sagt, dass er vom Team zurückgehalten wurde. War das ein Freudscher Versprecher oder hast du das Gefühl, dass das Team eigentlich dich zurückgehalten hat?"
Hamilton: "Nein, wie Fernando gesagt hat, wurde ihm gesagt, dass er warten soll. Seine Reifen waren drauf, die Reifenwärmer waren bereits herunten und ihm wurde gesagt, dass er warten soll. Ich glaube, dass ich während der Inlap und beim Warten hinter Fernando etwa eine halbe Minute verloren habe, zumindest 30 Sekunden. Das bedarf einer guten Erklärung."

"Seine Reifen waren drauf, die Reifenwärmer waren bereits herunten und ihm wurde gesagt, dass er warten soll." Lewis Hamilton

Frage: "Bist du über diesen Vorfall noch wütender als über die Stallregie von Monaco?"
Hamilton: "Ihr seht, dass ich nicht wütend bin. Ich bin gespannt darauf, was da los war, und finde das sehr interessant und amüsant. Aber das Gute ist, dass wir die Pace hatten. Wir haben einen großartigen Job gemacht und wir haben ein großartiges Auto. Ich fühlte mich sehr, sehr gut und habe ein gutes Gefühl in Bezug auf die Strategie für morgen. Insofern bin ich ehrlich gesagt nicht wütend."

Frage: "Vor zwei Wochen am Nürburgring gab es Probleme beim Reifenwechsel, heute bekamen die Mechaniker die Reifenwärmer nicht ab. Dringt der politische Druck doch ein bisschen zu ihnen durch? Sie wirken wie ein Formel-Ford-Team im Moment."
Hamilton: "Ich denke nicht, dass man so hart mit ihnen umgehen sollte. Sie tun nur, was ihnen gesagt wird, und das ist das Wichtigste. Ich bezweifle sehr stark, dass es wirklich ein Problem mit der Heizdecke gab, denn die ist ganz leicht abzuziehen. Das Team macht wie gesagt immer einen fantastischen Job, meine Crew macht immer einen fantastischen Job. Während der Rennen arbeiten sie enorm hart. Ich glaube nicht, dass sie von den Leuten so respektiert werden, wie sie es verdienen würden."

Hamilton lässt sich den Spaß nicht verderben

Frage: "Wir haben jetzt seit ein paar Wochen 'Stepneygate' und nun auch noch 'Boxengassengate' seit einer halben Stunde. Kannst du all diese politischen Dinge ausblenden und dich auf deinen Job konzentrieren?"
Hamilton: "Ich schätze, das ist eine Fähigkeit, die ich über die Jahre entwickelt habe. Das habe ich vom ersten Tag an gesagt, dass ich es genieße, dass ich den Job liebe. Ich wollte das immer machen und ich genieße es noch. Ich steige ins Auto und habe jedes Mal ein Grinsen im Gesicht. Es ist sehr einfach für mich, die Probleme, die ich im Team oder außerhalb des Autos habe, zu überwinden, indem ich einfach ins Auto steige und mein Bestes gebe."

Frage: "War dir der weichere Reifen heute lieber?"
Hamilton: "Ja, anhand der Tests gestern und heute Morgen. Wir gingen mit dem härteren Reifen ins Q1 und ins Q2 mit dem weicheren. Das war die bevorzugte Wahl. Wir glauben, dass das die beste Option für uns war."

Frage: "Wie groß war der Unterschied zwischen den beiden Reifensätzen?"
Hamilton: "Gestern fanden wir heraus, dass der weichere Reifen stark graint. Wir dachten nicht, dass er eine ganze Runde halten würde, weshalb sich Fernando wahrscheinlich für die härtere Mischung entschieden hat. Aber ich dachte, dass ich den Reifen bis zum Ende der Runde funktionierend machen könnte, also habe ich mich so entschieden."

Lewis Hamilton und Fernando Alonso

Gute Miene zum bösen Spiel: Ein oscarreifer Klaps für Fernando Alonso Zoom

Frage: "Wie sieht es diesbezüglich für das Rennen aus?"
Hamilton: "Es wird hart. Von allen Reifen, die wir bisher auf den Strecken verwendet haben, graint der hier am meisten. Gestern hat man schon gesehen, dass manche unserer Reifen nach zehn oder 15 Runden komplett abgefahren waren und kein Profil mehr hatten. Es wird interessant, wer das am besten managen kann, aber ich habe ein gutes Gefühl."

Frage: "Beide McLaren-Mercedes in der ersten Reihe, das wird ein interessantes Rennen. Wie blickst du deinem ersten Ungarn-Grand-Prix entgegen?"
Hamilton: "Es ist gut, dass wir wieder vorne sind im Qualifying. Das Team hatte beim letzten Rennen ein schwieriges Wochenende und ist für diese Woche extrem motiviert. Das Team in der Fabrik hat hart gearbeitet, um das Auto zu verbessern, und die Resultate sieht man ja. Ich bin für das morgige Rennen sehr optimistisch und denke, dass wir eine großartige Strategie haben."

Frage: "Ist der zweite Startplatz hier ein Nachteil?"
Hamilton: "Ich glaube nicht. Der Weg bis zur ersten Kurve ist lang und man sieht, dass unsere Starts im Moment ziemlich gut sind, also sollten wir in einer guten Position sein."