powered by Motorsport.com
  • 26.05.2006 12:15

  • von Adrian Meier

Pokerpartie Monaco-Qualifying

Viele Fahrer befürchten brenzlige Situationen in und viele Diskussionen nach der Qualifikation in Monaco - viel Verkehr aufgrund des neuen Formats

(Motorsport-Total.com) - Bereits in den vergangenen Tagen im Vorfeld des Grand Prix von Monaco äußerten einige Piloten Bedenken über das morgen bevorstehende Qualifying. Aufgrund des neuen Formats werden viele Autos zur gleichen Zeit auf der Strecke sein, was in den engen Straßen des Fürstentums im Gegensatz zu anderen Strecken zu einigen Problemen führen könnte.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Viel Verkehr im Fürstentum: Viele Piloten haben vor dem Qualifying Bedenken

In den vergangenen Jahren hatte jeder Fahrer im Einzelzeitfahren eine einzelne freie Runde zur Verfügung, ein Zeitverlust hinter langsameren Fahrzeugen war damit ausgeschlossen. In dieser Saison wird die Qualifikation jedoch im Ausscheidungsmodus ausgetragen. In den 15 Minuten des ersten Abschnitts werden daher alle 22 Piloten versuchen, eine möglichst schnelle Runde zu drehen, um sich für den zweiten Teil zu qualifizieren, doch auch mit den verbleibenden 16 Fahrern wird es in den Straßenschluchten eng werden.#w1#

Volle Strecke im ersten Abschnitt

"Die erste Qualifying-Session wird die Hölle sein", meint daher Honda-Pilot Rubens Barrichello. Problematisch ist dabei vor allem die enorme Enge des Straßenkurses, der überdies lediglich 3,340 Kilometer lang ist. Wenn alle Piloten gleichzeitig auf Zeitenjagd gehen, wird dies für die Zuschauer sicherlich sehr interessant werden, für die Fahrer wird es sich dann jedoch als nahezu unmöglich herausstellen, eine freie Runde zu bekommen, die nicht von Verkehr oder sonstigen Zwischenfällen beeinflusst wird.

"Die erste Qualifying-Session wird die Hölle sein." Rubens Barrichello

"Ehrlich gesagt denke ich, dass wir hier ein anderes Qualifying-System verwenden sollten, denn danach werden sich wahrscheinlich gerade einmal fünf Prozent von uns nicht über das Qualifying beschweren und sagen, dass sie eine freie Runde hatten, und der Rest wird nur über den Verkehr sprechen", befürchtet Barrichello im ersten Abschnitt des Qualifyings einen regelrechten Stau, der für eine Menge Frustration sorgen könnte. Darüber hinaus könnten sich auch einige andere Schrecksekunden zutragen, "denn wenn jemand langsam aus den Boxen fährt und über Gott und die Welt nachdenkt, dann wird das in gewisser Weise richtig gefährlich".

Daher hofft der Brasilianer, dass gerade die Fahrer in langsameren Boliden sich bereits in den Freien Trainings genau eingeprägt haben, an welchen Stellen man schnellere Fahrzeuge passieren lassen kann. In den bisherigen Rennen gab es zwar ebenfalls bereits hin und wieder Diskussionen und Beschwerden einiger Piloten, im Verkehr aufgehalten worden zu sein, jedoch hielten sich diese zumeist in Grenzen.

Freie Runde ist entscheidend

Da in Monaco jedoch nicht nur Überholmanöver schwierig sind, sondern bereits das reine Passieren lassen eines Konkurrenten nicht an allen Stellen des Kurses möglich ist, befürchten viele Piloten, dass sie auf ihren schnellen Runden aufgehalten werden könnten. Ist jedoch der Vorausfahrende seinerseits auf einer schnellen Runde, wird dieser Pilot kaum die Ideallinie verlassen und einem anderen Fahrer Platz machen, selbst wenn dieser schneller unterwegs sein sollte.

"Man würde niemals irgendjemanden vorbeilassen, wenn man selbst auf einer schnellen Runde ist", wird Mark Webber dazu von 'ESPN.com' zitiert. "Es werden sich eine Menge Leute über das Qualifying beklagen und sagen, dass es nicht fair war", meint der Australier weiter und fasst die Problematik zusammen: "Es wird nicht einfach sein, eine freie Runde zu bekommen. Das ist für beide Seiten frustrierend, denn wenn man schnell ist, dann läuft man sehr schnell auf andere Piloten auf, doch wenn man langsam ist, dann ist man von den Fahrern, die auf einen aufschließen, sehr genervt."

"Man würde niemals irgendjemanden vorbeilassen, wenn man selbst auf einer schnellen Runde ist." Mark Webber

Wenn man sich dann noch auf einer Runde aus oder in die Box befindet, müsse man ständig in den Rückspiegel schauen, ob nicht von hinten ein Fahrer auf einer schnellen Runde ankommt. Doch dabei werden viele der schnelleren Piloten auch in ihren Runden aus der Box heraus langsameren Kollegen nur widerwillig Platz machen, da sie diese andernfalls auf ihrer eigenen schnellen Runde vor sich haben könnten.

Entscheidet der Verkehr die Startaufstellung?

Die Piloten werden jedoch mit Sicherheit keine Konkurrenten absichtlich aufhalten, dafür kann die Rennleitung Strafen verhängen, doch bei derart vielen Autos auf der engen Strecke werden unabsichtliche Blockaden kaum zu vermeiden sein: "Wenn es jemand langsam angehen lässt und einem damit die Runde vermasselt, dann kann man nichts dagegen tun", meint Webber realistisch. Ich könnte am Ende lediglich auf Rang 17 sein, weil ich einfach Pech mit dem Verkehr hatte. Aber ich werde dann nicht sagen, dass ich der Einzige war, dessen Runde durch den Verkehr zerstört wurde. Die Situation ist für alle die gleiche." Dennoch ist sich Toyota-Pilot Jarno Trulli sicher, dass "einige Piloten unglücklicherweise einen höheren Preis werden zahlen müssen, während einige andere Fahrer ein wenig mehr Glück haben werden."

In Monaco sind die Piloten erfahrungsgemäß besonders auf einen guten Startplatz aus, schließlich gilt eine gute Platzierung im Qualifying bereits als halbe Miete für ein gutes Rennergebnis. Dem will Michael Schumacher, der den Grand Prix im Fürstentum bereits fünf Mal gewinnen konnte, jedoch nur bedingt zustimmen: "Ja, das Qualifying ist schon wichtig, es ist etwas wichtiger als auf anderen Strecken, aber es ist nicht entscheidend", relativiert der Ferrari-Pilot.

"Man muss aufpassen, dass man die finale Session für die letzten zehn Fahrer erreicht." Michael Schumacher

"Wichtig ist, dass man ein konkurrenzfähiges Auto hat, dass man nach dem Qualifying in einer guten Position ist, und wenn man dann eine gute Strategie hat, die man so gut wie möglich umsetzen kann, dann kann man noch immer das Rennen gewinnen." Doch auch der siebenfache Weltmeister räumt ein, dass "die Qualifikation hier aufgrund der Verkehrssituation etwas komplizierter wird, daher muss man aufpassen, dass man die finale Session für die letzten zehn Fahrer erreicht".

Mehr Runden in den ersten beiden Abschnitten

Problematisch könnten im Qualifying unter Umständen auch Trainingsunterbrechungen werden. Sollten die Piloten beim Überholen eines Konkurrenten oder auf ihrer schnellen Runde ein zu großes Risiko eingehen und das Limit überschreiten, endet dies in Monaco meist in der Leitplanke, was aufgrund der engen Verhältnisse oftmals eine Unterbrechung mit roter Flagge zur Folge hat. Sollte dies passieren, müssten alle Fahrer die Boxen ansteuern. Wenn die Strecke anschließend wieder freigegeben wird, könnte in der dann verbleibenden Zeit noch mehr Hektik entstehen.

Streckenposten schwenken die rote Flagge

Sorgen Trainingsunterbrechungen im Qualifying für zusätzliche Hektik? Zoom

Zudem kommt in Monaco erschwerend hinzu, dass die Piloten im Fürstentum voraussichtlich bereits in den ersten beiden Abschnitten mehr Runden absolvieren werden als auf anderen Strecken: "Mit Sicherheit werden wir hier mehr Runden drehen", erklärt WM-Spitzenreiter Fernando Alonso. Gerade Renault war eines jener Teams, die in den ersten Rennen der Saison bekannt dafür waren, in den ersten beiden Qualifying-Abschnitten so lange wie möglich zu warten und dann lediglich für eine einzige schnelle Runde auf die Strecke zu gehen.

Hier gelte es jedoch, "zu versuchen, eine der Runden frei genug zu erwischen, um in die nächste Ausscheidungsphase vorstoßen zu können. Ich denke, dass da alle gleichermaßen vorgehen werden. Es ist unmöglich, in der Garage die letzte Minute abzuwarten und dann zu versuchen, lediglich eine Runde zu drehen, denn diese eine Runde könnte einfach nicht ausreichen. Daher werden alle zur gleichen Zeit auf der Strecke sein", rechnet Alonso daher abschließend mit noch mehr Verkehr.