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  • 24.05.2005 11:43

  • von Alexander Marner

Das große Interview mit Derek Warwick

Im Interview spricht Derek Warwick, der bei 146 Starts nie ein Rennen gewonnen hat, über frühere und heutige Formel-1-Verhältnisse

(Motorsport-Total.com) - Der Brite fuhr von 1981 bis 1993, mit einigen Unterbrechungen, in der Formel 1. Toleman, Renault, Brabham, Arrows, Lotus und wieder Arrows gaben dem Engländer ein Cockpit. Er fuhr 146 Grands Prix und holte dabei 71 Punkte. Ein Sieg blieb ihm verwehrt, die größten Erfolge feierte er 1984, als er im Renault RE50 je zweimal auf den zweiten (Zolder, Silverstone) und dritten Platz (Kyalami, Hockenheim) fuhr. Im Interview spricht der sympathische Nicht-Sieger über seine aktive Zeit, kritisiert die neuen Regeln und verrät uns, wer sein absoluter Lieblingsfahrer ist.

Titel-Bild zur News: Derek Warwick

Derek Warwick bestritt 1993 in Adelaide den letzten Grand Prix seiner Karriere

Frage: "Derek, wie geht es Ihnen, was machen Sie heute?"
Derek Warwick: "Ich besaß bis vor zwei Jahren sechs Autohäuser in Großbritannien mit etwa 200 Angestellten. Diese habe ich verkauft und betreibe nun nur noch ein Autohaus auf der Kanalinsel Jersey."#w1#

Warwick besitzt ein australisches Tourenwagenteam

Frage: "Sind Sie gar nicht mehr in den Motorsport involviert?"
Warwick: "Doch, ich bin Teilhaber am 888-Team, das in der australischen Tourenwagenmeisterschaft startet. Zudem berate ich James Walker (englisches Talent; Anm. d. Red.). Er ist noch unerfahren, aber er könnte sehr gut werden."

Frage: "Mit der Formel 1 haben Sie nichts mehr am Hut?"
Warwick: "Nichts mehr, außer dass ich ein- oder zweimal im Jahr zu einem Rennen gehe und ein paar Radiointerviews gebe, wenn Grands Prix stattfinden."

Frage: "2005..."
Warwick: "...werde ich mit dem aufwändigen Umbau meines Autohauses zu tun haben und ein paar Kurztrips mit meiner Harley oder meinem Aston Martin nach Frankreich oder Spanien starten. Ich habe auch noch ein paar Immobilien und schließlich 888 in Australien."

"Bin enttäuscht, keinen Grand Prix gewonnen zu haben"

Frage: "Wie oft fliegen Sie nach Australien?"
Warwick: "Viermal im Jahr."

Frage: "Sie haben 146 Rennen bestritten und 71 Punkte erzielt - keine schlechte Bilanz, doch einen Sieg konnten Sie nie einfahren. Haben Sie an dieser Bilanz noch zu knabbern?"
Warwick: "Ich bin sehr enttäuscht, keinen Grand Prix gewonnen zu haben, und es kotzt mich immer noch regelrecht an, daran erinnert zu werden."

Frage: "Woran hat es denn gelegen?"
Warwick: "Ich glaube, ich hätte mit dem passenden Auto Rennen und vielleicht auch die WM gewinnen können, aber ich war nie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Keke Rosberg sagte einmal, der einzige Grund, warum ich keinen Grand Prix gewonnen habe, ist, dass ich nie über einen Manager verfügte, der die Dinge hinter den Kulissen für mich geregelt hat."

"Ich kann mich an alles aus der Formel 1 erinnern"

Frage: "Welche Momente Ihrer Formel-1-Laufbahn werden Sie nie vergessen?"
Warwick: "Ich kann mich an alles aus der Formel 1 erinnern, es war alles in allem eine herausragende Zeit, ob es die Rennen, die Tests, das Training oder die Promotion-Termine anging. Ganz besondere Momente waren aber sicher mein erster Grand Prix (1981 in Imola; Anm. d. Red.), die ersten Punkte für Toleman (Platz vier in Zandvoort 1983; Anm. d. Red.) und der zweite Platz in Silverstone 1984. Und natürlich der Vertrag bei Renault."

Frage: "Wer war denn Ihr härtester Konkurrent auf der Rennstrecke?"
Warwick: "Meist ist es ja dein Teamkollege, also Eddie Cheever in der Formel 1."

Frage: "Haben Sie zu vielen Ex-Kollegen noch Kontakt?"
Warwick: "Nein, kaum."

Warwick ist ein großer Fan von Alonso und Räikkönen

Frage: "Zurzeit erleben wir einen spannenden Zweikampf zwischen dem jungen Fernando Alonso und dem arrivierten Michael Schumacher. Wie sehen Sie die Chancen des Spaniers?"
Warwick: "Seit langer Zeit hat die Formel 1 nicht mehr so aufregende Fahrer herausgebracht wie Alonso, aber auch Räikkönen. Den Rest kann man vergessen, sie sind alle Durchschnitt."

Frage: "In Ihrer letzten Saison fuhren Sie gegen den jungen Michael Schumacher. Ist der 23-jährige Fernando Alonso schon so weit wie 'Schumi' in seiner Anfangszeit?"
Warwick: "Niemand wird wohl jemals so gut wie Schumacher sein, aber Alonso und Kimi werden ihm sehr nahe kommen und uns ein paar fantastische Rennen bescheren."

Frage: "England wartet derweil seit 1996, als Damon Hill gewann, auf einen Champion. Welche Talente sehen Sie in Ihrer Heimat?"
Warwick: "Nun ja, Jenson Button hat schon das Zeug zum Weltmeister. Wer aber noch dazu kommt, kann niemand sagen."

Frage: "Haben Sie denn einen momentanen Lieblingsfahrer und -team?"
Warwick: "Ganz klar Michael Schumacher. Und Ferrari, denn für die wollte ich immer fahren."

Von den neuen Regeln hält Warwick nicht viel

Frage: "Die neuen Regeln..."
Warwick: "...sind verwirrend, enttäuschend und Müll. Für mich als Puristen gab es nichts Größeres als vier Runden im Qualifying, bei denen man wirklich sehen konnte, wer am schnellsten war."

Frage: "Worin besteht denn der Hauptunterschied zwischen der Formel 1 zu Ihrer Zeit und der momentanen Situation?"
Warwick: "Die Sicherheit ist sicher ein großer Unterschied, dazu fehlt heute aber das Charisma, die Charakter. Alles ist viel zu steril."

Frage: "Patron Bernie Ecclestone haben Sie ja hautnah miterlebt, als Sie für Brabham fuhren und er dort die Rolle des Teamchefs inne hatte. Was muss er tun, damit die Formel 1 wieder attraktiver wird?"
Warwick: "Bernie ist ein toller Typ und ein Enthusiast. Unglücklicherweise kann er dies nicht immer zeigen, da dich in diesem Business bei jedem Zeichen alle auf dich stürzen. Ich wundere mich, dass er noch nicht die Brocken hingeschmissen und sich den süßen Seiten des Lebens zugewandt hat. Aber er liebt das Ganze zu sehr. Der einzige Weg, die Show zu verbessern, ist, ihm die völlige Kontrolle über die Formel 1 zu überlassen und die übereifrigen Teambosse zu bremsen."