Mehr als 300 Formel-1-Rennen, aber nicht nur das: Die Karriere von Rubens Barrichello von ersten Erfolgen in Großbritannien bis zur Rückkehr nach Brasilien
Früh übt sich, wer Meister werden will: Rubens Barrichello kommt als vielversprechende Kart-Hoffnung aus Südamerika nach Europa und wird 1990 auf Anhieb Meister in der Formel Vauxhall Lotus. Die Szene ist baff.
Genannt wird er "Rubinho", weil er am gleichen Tag wie sein gleichnamiger Vater, dem 23. Mai, Geburtstag hat. Auf diesem Foto ist der junge Barrichello gerade mal 18 Jahre alt.
1991 geht es in der gleichen Tonart weiter: Das brasilianische Wunderkind, besonders talentiert im Regen, gewinnt auch die prestigeträchtige Britische Formel 3 im ersten Anlauf und seztt sich dabei gegen einen gewissen David Coulthard durch.
Auf Coulthard trifft Barrichello auch 1992 in der Formel 3000, in der er mit Platz drei der Gesamtwertung vorliebnehmen muss. Trotzdem erhält er bei Eddie Jordan einen Formel-1-Vertrag für 1993 ...
... und dort lernt er endlich sein großes Idol Ayrton Senna kennen.
In seinem erst dritten Grand Prix - in Donington bei einer von Sennas größten Sternstunden - zeigt Barrichello erstmals sein Riesentalent. Als Zwölfter gestartet, kommt er aus der vielleicht legendärsten ersten Formel-1-Runde überhaupt sensationell als Vierter zurück.
1994 steht Barrichello vor dem Durchbruch: Vierter beim Saisonauftakt in Sao Paulo, dann als Dritter im zweiten Rennen in Aida erstmals auf dem Podium.
Doch dann kommt Imola: Barrichello verunglückt im Freitagstraining schwer, kommt mit einem gebrochenen Arm davon. Roland Ratzenberger und Ayrton Senna haben weniger Glück. Rubens' großes Idol, inzwischen ein Freund geworden, ist tot.
Jahrelang droht Barrichello am Druck einer ganzen Nation, die in ihm den neuen Senna sieht, zu zerbrechen. Beim Heim-Grand-Prix 1996 ist der große Wurf im goldenen Jordan-Peugeot mit dem Start aus der ersten Reihe ganz nah. Aber Interlagos soll "Rubinho" in all den Jahren kein Glück bringen.
Erst mit dem Wechsel zu Stewart im Jahr 1997 gelingt es Barrichello, Sennas langen Schatten zu überwinden und eine eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln. Das wird prompt belohnt: Zweiter Platz im Regen von Monaco, ausgerechnet in Sennas Wohnzimmer - und das als frischgebackener Ehemann!
1999 feiert Barrichello auf dem Nürburgring Jackie Stewarts größten Triumph als Teamchef. Den Sieg im verrückten Regenrennen sichert sich Teamkollege Johnny Herbert. Barrichello wird Dritter, muss auf seinen ersten Sieg aber weiter warten.
Winter 1999/2000: Rubens Barrichello wird Ferrari-Fahrer!
Und beim Grand Prix von Deutschland 2000 in Hockenheim, dem 124. Rennen seiner Formel-1-Karriere, gewinnt Barrichello erstmals - im Regen und unter Tränen. Noch nie zuvor musste jemand länger auf den Premierensieg warten.
Doch die goldenen Ferrari-Jahre haben auch ihre Schattenseiten. Etwa in Spielberg, wo er 2001 und auch 2002 (Foto) gleich zweimal angewiesen wird, für Teamkollege Michael Schumacher vom Gas zu gehen.
Nicht einmal der so sehr herbeigesehnte Heimsieg in Interlagos ist Barrichello vergönnt: Nicht 2002 ...
... und auch nicht 2003, trotz einer der besten Leistungen seiner Karriere: Barrichello führt den Brasilien-Grand-Prix überlegen an, doch dann lässt ihn die Benzinpumpe im Stich. Wieder nichts.
Ende 2005 hat Barrichello genug davon, Schumachers Wasserträger zu sein. Als immerhin zweimaliger Vizeweltmeister (2002 und 2004) wechselt er zu Honda. In Monaco 2006 fährt er mit dem Helm von Landsmann Tony Kanaan als Vierter sein bestes Saisonergebnis ein. Kanaan führt am selben Tag mit Barrichellos Helmdesign das Indy 500 an, wird aber nur Fünfter.
Aus dem "Earthdream" von Honda wird nichts: 2007 bleibt Barrichello zum ersten und einzigen Mal in seiner Formel-1-Karriere eine komplette Saison hindurch ohne WM-Punkt.
Ein Meilenstein: Beim Grand Prix der Türkei 2008 fährt Barrichello den 257. Grand Prix seiner Karriere und überholt damit Riccardo Patrese als längstdienenden Formel-1-Piloten aller Zeiten.
2009 lernt Barrichello das Lächeln wieder: Mit Ehefrau Silvana und den beiden Söhnen Eduardo und Fernando.
Der letzte von Barrichellos insgesamt elf Grand-Prix-Siegen: Monza 2009 im Brawn-Mercedes. Mit dem WM-Titel wird es aber nichts. Den reißt sich Teamkollege Jenson Button unter den Nagel.
In den beiden Williams-Jahren 2010 und 2011 kann Barrichello keine Glanzlichter mehr setzen. In memoriam Ayrton Senna tritt er eher unfreiwillig von der F1-Bühne ab, weil er für 2012 kein Cockpit mehr findet. Mit 326 Grands Prix ist er der dienstälteste Fahrer aller Zeiten - und verliert diesen Rekord erst viele Jahre später an Kimi Räikkönen.
Statt in der Formel 1 fährt "Rubinho" im Jahr 2012 in der IndyCar-Serie - und bricht dabei das Versprechen an seine Ehefrau Silvana, nie im Leben an einem Ovalrennen teilzunehmen. Sein bestes Ergebnis aber kommt auf einem Rundkurs: Platz vier in Sonoma. Nach nur einem Jahr ist aber auch schon wieder Schluss.
2013 hält sich Barrichello unter anderem mit Starts bei den Langstrecken-Rennen der Grand-Am-Serie in Daytona und Indianapolis bei Laune. Aber ...
... "Rubens kann nicht ohne Formel 1", weiß Felipe Massa - und behält Recht. Zumindest als TV-Reporter kehrt er ins Fahrerlager zurück. Zwischenzeitlich gibt es Gerüchte über ein Comeback als Fahrer, aber daraus wird nichts. Außerhalb der Formel 1 ...
... fährt Barrichello aber weiter Rennen. Seit Ende 2012 tritt er regelmäßig in der Stockcar-Meisterschaft seines Heimatlands Brasilien an. 2014 erringt er in der bulligen Tourenwagen-Serie sogar den Titel.