Das war das Formel-1-Rennen in Monte Carlo 2016: Hamiltons Sieg und Ricciardos Pech beim verrückten Auto-Roulette
Der Bann ist gebrochen: Lewis Hamilton gewinnt nach acht sieglosen Rennen wieder einen Grand Prix, seinen ersten in Monaco seit 2008. Daniel Ricciardo fühlt sich "gefickt", weil ihm Red Bull den zweiten Sieg hintereinander kostet. Und Sergio Perez strahlt: "Ich wusste, dass Monaco im Regen eine Gelegenheit ist, mein Talent zu zeigen."
Das Wochenende beginnt mit einer Schrecksekunde: Nico Rosberg wirbelt am Donnerstag einen Gullydeckel auf, der Jenson Buttons Frontflügel kaputt schlägt. Nicht auszudenken, was passieren kann, wenn das Stahlteil den Kopf eines Fahrers trifft! Die Rufe nach einem Cockpitschutz werden immer lauter.
Max Verstappen, gefeiertes "Wunderkind" von Barcelona, landet in Monaco brutal auf dem Boden der Realität: Crash im dritten Freien Training, Crash im Qualifying (Foto), Start aus der Boxengasse. "Mein Fehler", gibt er nach dem Abflug am Schwimmbad zu.
Wegen Regens startet das Rennen hinter dem Safety-Car. In den sozialen Netzwerken wird die Formel 1 als Sport für Weicheier geshitstormt. Auch Experte Marc Surer wundert sich: "Wollen sie warten, bis die Strecke trocken ist? Das ist kein Racing!"
Gleich beim "Restart" (in Runde acht) steigt Jolyon Palmer zu ambitioniert aufs Gas, noch dazu auf einer weißen Linie. Der Renault gerät außer Kontrolle (nicht zum ersten Mal an diesem Wochenende) und rutscht mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Sainte Devote, ...
... wo er in die Barrieren einschlägt. Weil Teamkollege Kevin Magnussen fast zeitgleich als Erster an die Box kommt und auf Intermediates wechselt, liegt für einen Moment ein Hauch von "Crashgate" (Singapur 2008) in der Luft. Unnötig, denn: Anstelle des echten Safety-Cars kommt nur das virtuelle.
Polesetter Ricciardo fährt auf und davon, hat nach 13 Runden mehr als zehn Sekunden Vorsprung. Nico Rosberg bringt seine Bremsen nicht auf Temperatur, hat im Nassen Grip "wie auf Eiern". Hamilton schaut sich das besonnen an und riskiert zwei Wochen nach der Barcelona-Kollision keine Dummheiten.
In der elften Runde ist für Kimi Räikkönen (an elfter Stelle liegend) Endstation. Wegen zu kalter Hinterreifen rutscht er in der Loews-Haarnadel wie ein Anfänger in die Leitplanken. Felipe Massa kann gerade noch abbremsen, Romain Grosjean wird eingekerkert und fällt weit zurück. Am Ende P13 für den Haas-Piloten.
Stallorder bei Mercedes! Rosberg sieht ein, dass er Mercedes den Sieg kostet, wenn er Hamilton weiter aufhält. Eine "Abmachung" kommt zum Tragen - und der WM-Leader ignoriert den Funkspruch nicht. Hamilton fährt bei freier Bahn prompt die schnellste Runde und bedankt sich später artig: "Nico ist ein Gentleman."
Mann des Rennens scheint zunächst Verstappen zu sein: Beeindruckend, wie er teilweise mehrere Gegner in einer Runde überholt, natürlich mit dem Vorteil eines Regen-Setups (Umbau dank Boxengassen-Start erlaubt). In Runde 34 liegt er vor Jenson Button an neunter Stelle, ...
... in Runde 35 ist sein Arbeitstag vorbei: Untersteuern bei Massenet (genau wie am Samstagmorgen), dritter Fahrfehler-Crash des Wochenendes. Sebastian Vettel zeigt wenig später vor, wie man ein Formel-1-Auto an der gleichen Stelle trotz Drift auch abfangen kann.
Hamilton entscheidet sich, von Full-Wets direkt auf Ultrasoft zu wechseln, Ricciardo holt nach Boxenstopp auf Intermediates binnen drei Runden neun Sekunden auf. Die Entscheidung bringt der Wechsel auf Slicks: Bei Red Bull liegen die falschen Reifen parat, Ricciardo fühlt sich vom Team "gefickt". Und trotzdem wird's ganz schön knapp!
Rennentscheidende Szene in Runde 37: Ricciardo ist im Tunnel schon an Hamilton dran, der unter Druck die Hafenschikane verpasst und Schwung verliert. Beim Rausbeschleunigen ist der Red Bull schneller, Hamilton schlägt die Tür zu. "No further action", sagt die Rennleitung. Viele Twitter-Fans sehen das anders.
Ricciardo folgt Hamilton wie ein Schatten, aber der Abstand variiert von Runde zu Runde, weil die Ultrasofts am Mercedes zwischendurch abkühlen müssen. Alle rätseln: Halten Hamiltons Pirellis 47 Runden aus? Sie tun es. Ironie: "Wir wussten von einem Red-Bull-Longrun am Donnerstag, dass der Reifen 40 Runden geht", grinst Toto Wolff.
Eine Kollision mit dem völlig übermotivierten Daniil Kwjat in Rascasse übersteht Magnussens Renault noch, der Crash bei Mirabeau kostet aber den Frontflügel. In der 33. Runde ist Schluss. Schwacher Trost: WM-Punkte hätte es so oder so nicht gegeben.
Pascal Wehrlein setzt auf die Hamilton-Strategie, wechselt von Full-Wets direkt auf Slicks und träumt von einem Manor-Wunder in Monaco, als er in Runde 19 an zwölfter Stelle liegt. Aber zwei Zehn-Sekunden-Strafen lassen alle Träume platzen: zu schnell unter virtuellem Safety-Car, blaue Flaggen ignoriert.
Als hätte Sauber nicht andere Sorgen: Marcus Ericsson fährt Felipe Nasr, auf P15/16 liegend, bei Rascasse in die Kiste, obwohl am Funk bereits abgesprochen war, dass ihn der Brasilianer durchlassen würde. "Warum hat Marcus das getan? Warum?", ärgert sich Nasr zurecht.
Rosbergs Mercedes läuft nach dem Regen etwas besser, einmal ist er sogar schon an Fernando Alonso vorbei, verpasst dann aber die Hafenschikane. Am Ende fährt er dem farblosen sechsten Platz hinter dem McLaren entgegen - bis er auf den letzten Metern noch das Beschleunigungsduell gegen Nico Hülkenberg verliert.
Vettel ist zeitweise der schnellste Mann auf der Strecke, aber Sergio Perez, Profiteur der Boxenstopps, managt seine harten Reifen clever und wird dafür mit dem dritten Platz belohnt. "Dieses Podium widme ich Vijay Mallya", sagt er später. Der Force-India-Boss wird in Indien immer noch strafverfolgt.
Die Regentropfen im Finish können Hamilton nichts mehr anhaben: Mit 7,3 Sekunden Vorsprung gewinnt er den Grand Prix von Monaco - und die Freude darüber ist riesengroß! Ein Wendepunkt in der WM 2016? Auf Leader Rosberg fehlen jetzt "nur" noch 24 Punkte.